„Wir stecken da sehr viel Herzblut rein!“
In einem neuen Format und mit viel inhaltlichem Input präsentierte sich die Koordinierungskonferenz (KoKo) Frauenförderung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Initiiert wurde die erste Konferenz ihrer Art von der BZÄK-Vizepräsidentin, Dr. Romy Ermler. Am 15. Juni reisten dazu 15 weibliche Vorstandsmitglieder der (Landes-)Zahnärztekammern aus ganz Deutschland nach Berlin – und zwar nicht nur, um sich auszutauschen, sondern auch, um andere Gedanken in die tradierte standespolitische Diskussion einzubringen. Die Diskussion wurde eingeleitet durch einen Impulsvortrag von Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin Quintessence News, die bereits einige Themen für die Diskussion lieferte.
Ein aus Sicht der Vorständinnen wichtiges Thema: die Verortung von Zahnärztinnen in den – immer noch sehr männlich dominierten – zahnärztlichen Gremien von Landeszahnärztekammern. Der Frauenanteil in der Zahnärzteschaft wachse stetig – was sich in den Standesspitzen bisher allerdings nicht widerspiegelt. Als wichtig betonten die Teilnehmerinnen der KoKo, dass Zahnärztinnen keine Sonderpositionen in den Gremien der Selbstverwaltung einnehmen wollten, sondern sich als gleichberechtigte Mitglieder dort verstehen.
Frauen wollen gefragt werden – gerne zweimal!
In der Diskussion stellte sich heraus, dass die Mehrzahl der Frauen im Raum von einem männlichen Kollegen motiviert und gefördert worden ist. Die zumeist männlichen Mentoren haben eine zentrale Rolle im Werdegang gespielt und werden von den Vorständinnen als maßgeblich unterstützende und motivierende Bezugspersonen genannt. Eine Erkenntnis auch: In den ostdeutschen Bundesländern sei die Normalität von Frauen in Führungspositionen weiter fortgeschritten als im Westen.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Frage, wie sich Frauen verstärkt in die Wahlen von Körperschaften einbringen können. Sollte es paritätisch aufgestellte Listen geben? Wie lange sollen Legislaturperioden idealerweise dauern? Würde eine Amtszeitbegrenzung Frauen den Weg in Führungspositionen erleichtern? All dies wird in den Ländern ganz unterschiedlich gehandhabt und umgesetzt. Die Mehrheit der Vertreterinnen favorisierte die Aufstellung paritätischer Wahllisten, andere sprachen sich für Amtszeiten der Vorstände mit und auch ohne Zeitbegrenzung aus. Auch bei der Frage, ob eine Frauenquote dienlich sei, um ein Amt zu übernehmen, oder nicht, gab es unterschiedliche Meinungen.
Fest stehe aber auch: Vielfach brauche es heutzutage – wegen ständig steigender Anforderungen an die standespolitische Arbeit – drei Personen für eine Aufgabe, die früher vielleicht von einer Person wahrgenommen werden konnte. Und ein weiterer Punkt war den Teilnehmerinnen in der Vorstandsarbeit wichtig: Frauen geht es oft primär um die eigentliche Sacharbeit. „Wir stecken da sehr viel Herzblut rein“, meinte eine Teilnehmerin.
„Frauen müssen sich mehr zutrauen“
Aufschlussreich war deshalb auch die Diskussion um die Anforderungen und den tatsächlichen Arbeitsaufwand in der Vorstandsarbeit. „Frauen müssen sich mehr zutrauen und mehr Selbstvertrauen an den Tag legen“, betonte die BZÄK-Vizepräsidentin Romy Ermler und machte damit allen Zahnärztinnen Mut, die sich in der Standespolitik engagieren wollen. „Ja, ein Amt bedeutet viel Arbeit. Aber: Wir sind kompetent und geeignet, weil wir Zahnmedizin studiert haben“, sagte sie. Woran es manchmal mangele, sei die Erfahrung. Dabei verwies sie auf die Möglichkeiten der Fortbildung der Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement (AS-Akademie). Hier sei eine berufspolitische Nachwuchsschulung und Qualifizierung für die Übernahme von Funktionen in der Selbstverwaltung zahnärztlicher Organisationen möglich. Sowohl Ermler als auch einige andere Teilnehmerinnen der KoKo haben die Fortbildung erfolgreich abgeschlossen.
Im Austausch der Vorständinnen wurde auch klar, dass Fragen von Doppel- und Dreifachbelastungen von Praxis, Familie und Amt im Vorfeld geregelt sein müssten, bevor sich „Frau“, aber eben auch „Mann“ mit Familie um ein standespolitisches Amt bewirbt. Gerade dieser Punkt sei wichtig, wenn es um die Gewinnung von standespolitischem Nachwuchs gehe, betonten die Teilnehmerinnen. Wie motivieren wir die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte zur Mitarbeit? Lösungen dazu würden in den Kammern immer mehr an Bedeutung gewinnen. Ein Aspekt dabei sei, dass die Sitzungskultur von Vorstands- und Ausschusssitzungen neu geordnet werden müsse. Statt Nachtsitzungen nach Praxisschluss und Wochenendtagungen sollten verstärkt Familien-kompatible Sitzungszeiten oder die Online-Teilnahme ermöglicht werden. Auch das mache die Gremienarbeit für junge Zahnärztinnen (aber auch für junge Zahnärzte) attraktiver – und damit machbarer.