Leitartikel

Nachhaltig in der Praxis

Konstantin von Laffert

Die Bundeszahnärztekammer hat vor wenigen Tagen eine Broschüre zum Thema Nachhaltigkeit in der Zahnarztpraxis herausgegeben. Nun werden Sie wahrscheinlich erst einmal denken: Bitte nicht noch mehr Papier mit Checklisten, die ich abhaken muss und womöglich neuen bürokratischen Vorschriften!
All das werden Sie in der Broschüre vergeblich suchen, denn es handelt sich weder um eine „Pflicht“ für die Praxen noch um ein neues Bürokratiemonster, von denen ja bekanntlich ausreichend viele in unseren Praxen wohnen.

Bei der Broschüre handelt es sich ausnahmslos um ein Angebot, eine Art „Bauchladen“ aus dem Sie und Ihr Team sich Dinge nehmen und diese zum Schutz unserer Umwelt umsetzen können. Ob es nun die Solarpanels auf dem Dach, die Innen- und Außenbegrünung der Praxis, die modernen Thermostate an der Heizung oder die Anreise des Praxisteams mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist – immer steht der Gedanke der Schonung unseres Planeten im Vordergrund.

Wussten Sie beispielsweise, dass trotz all unserer Einmalprodukte aus Kunststoff der Anfahrtsweg des Praxisteams und der Patienten mit dem Auto immer noch den weitaus größten Anteil des CO2-Fußabdrucks unserer Praxen ausmacht? Insofern trägt die Mitarbeiterin, die sich vielleicht mit einem Zuschuss zur Monatskarte (bei gleichzeitig astronomischen Spritpreisen) mit dem öffentlichen Nahverkehr – so er denn in ihrer Region verfügbar ist – anfreundet, deutlich mehr zur Nachhaltigkeit bei, als der fast schon zum Symbol der Nachhaltigkeit erkorene Pappbecher.

In vielen Fällen ist es auch gar nicht so leicht, die umweltverträglichste Lösung zu finden. Ist der Ersatz des analogen OPG, das zwar ordentlich Entwickler und Fixierer verbraucht, aber ansonsten treu und ohne Reparaturen läuft, wirklich umweltschädlicher als das neu produzierte digitale Gerät, für dessen Produktion auch erst einmal Beryllium gewonnen werden muss? Auch die schon angesprochene Becherfrage ist gar nicht so leicht zu beantworten, tendenziell hat der Pappbecher aus Recyclingpapier wohl die Nase knapp vorn beim Thema Ressourcenschonung. Und wie wir spätestens von Elon Musk bei seinem Rückzug aus dem Bitcoin gelernt haben, verbraucht auch das Speichern von Informationen auf Servern erstaunlich viel Energie.

Eines aber möchte die Broschüre auf keinen Fall: mit erhobenem Zeigefinger moralinsauer die Praxen drangsalieren. Ganz im Gegenteil ist der Impuls zur Erstellung dieser Broschüre von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ausgegangen. Viele Praxisteams nutzen dieses Thema schon heute als gemeinsames Projekt, mit dem sich alle in der Praxis voll identifizieren können. Vielleicht ist es ja ein Argument für eine junge ZFA aus vielen Stellenangeboten gerade Ihre Praxis auszuwählen, um nicht nur in einem guten Praxisteam, sondern auch bei einem so zukunftsfähigen Projekt mitzuarbeiten.

Wichtig ist uns aber auch, dass wir selbstverständlich keinerlei Anspruch von Vollständigkeit an die Broschüre haben. Sie soll ein „lebendes System“ sein, dass von Ihrem Feedback, Ihren Ergänzungen und Ihren Korrekturen lebt. Wo manch andere „Greenwashing“ betreiben, möchten wir konkret werden.

Schon jetzt möchte ich mich für Ihre Rückmeldungen an die Bundeszahnärztekammer bedanken (E-mail). So werden wir immer neue Ideen von Ihnen aufnehmen, die dann weitere Praxen übernehmen können.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre – die Broschüre ist seit dem 21. September online auf der Website der BZÄK zu finden: Eine Druckversion wird es der Umwelt zuliebe natürlich nicht geben.

Alles Wissenswerte zur neuen Broschüre finden Sie zusammen mit weiteren Tipps in diesem Heft.

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Konstantin von Laffert

Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer

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