Der Investor und das liebe Vieh
Wir haben ein Herz für Tiere. 2021 lebte in fast jedem zweiten Haushalt mindestens ein Tier. Insgesamt halten die Deutschen 34,7 Millionen Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Ziervögel. Hinzu kommen zahlreiche Zierfische und Terrarientiere, wie aus einer Studie des Marktforschungsinstituts Skopos im Auftrag des Industrieverbands Heimtierbedarf (IVH) und des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands (ZZF) aus April 2022 hervorgeht.
Die Untersuchung bestätigt dem deutschen Heimtiermarkt ein großes Wachstumspotenzial: „Mit einem Gesamtumsatz von 4,786 Milliarden Euro verzeichnete der stationäre Fach- und Lebensmitteleinzelhandel im Jahr 2021 ein Umsatzplus von sechs Prozent. Hinzu kamen 1,055 Milliarden Euro über den Online-Handel sowie 162 Millionen Euro für Wildvogelfutter. Der Gesamtumsatz der deutschen Heimtierbranche liegt somit bei rund sechs Milliarden Euro.“ Zum Vergleich: 2016 waren es noch 31,6 Millionen Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Ziervögel, für die die Deutschen 4,15 Milliarden Euro für Futter und Zubehör ausgaben. Zu der Dynamik trägt sicherlich bei, dass während der Pandemie die Zahl der Haustiere kräftig gewachsen ist. Dieser Trend hat sich auch auf den Umsatz der tierärztlichen Praxen und Kliniken in Deutschland 2021 ausgewirkt: Er ist im dem Jahr um zehn Prozent gestiegen.
Tiermedizin als Investment
Nicht nur hierzulande lassen sich die Menschen ihr Haustier etwas kosten, auch in vielen anderen Ländern ist diese Bereitschaft groß. Das hat Haustiere und im Zuge dessen die Tiermedizin zu einem interessanten Markt für große Konzerne und Kapitalinvestoren gemacht. Sie treten mittlerweile auch in Deutschland verstärkt als Betreiber von tierärztlichen Praxen und Kliniken auf.
Aktuell gehören in Deutschland rund 70 tierärztliche Praxen und Kliniken (Stand November 2022) zum Betreiber AniCura. Das Unternehmen wurde 2011 von Fidelio Capital und „The Animal Hospital Foundation“ in Schweden gegründet. Im Jahr 2014 stieg die Private-Equity-Gesellschaft Nordic Capital als Mehrheitseigner in die Klinikkette ein. Vier Jahre später, im Juni 2018, wurde AniCura an Mars Petcare, das zum Lebensmittelkonzern Mars gehört, verkauft. AniCura ist in zahlreichen europäischen Ländern aktiv, darunter Schweden, Norwegen, Dänemark, Deutschland, Österreich, die Schweiz, Italien, Frankreich, Spanien, Belgien und die Niederlande. Das Unternehmen betreibt nach eigenen Angaben 400 Kliniken und Praxen in Europa mit 3.500 Tierärzten und einem jährlichen Patientenaufkommen von 3,3 Millionen Patienten. Für Mars Petcare arbeiten in 130 Ländern 100.000 Fachkräfte in Tierkliniken und der Konzern verfügt über viele Jahrzehnte Erfahrung im Bereich Tiernahrung.
Größter Wettbewerber von AniCura auf dem deutschen Markt ist die Tiermedizin-Gruppe IVC Evidensia mit aktuell über 70 Standorten in Deutschland, darunter die größte deutsche Tierklinik in Hofheim. Der internationale Konzern mit Sitz in Großbritannien betreibt nach eigenen Angaben in 17 europäischen Ländern über 1.740 Tierkliniken und Praxen. Dort behandelten im vergangenen Jahr über 8.000 Tierärzte etwa 6,5 Millionen Tiere. Die Klinikkette ist 2017 aus einem Zusammenschluss des in Großbritannien gegründeten Unternehmens „Independent Vetcare“ (IVC) und der schwedischen Klinikgruppe „Evidensia“ hervorgegangen. IVC war Ende 2016 von der Investorengruppe EQT Partners AB erworben worden, die 2014 die schwedische Gruppe Evidensia gekauft hatte. EQT Partners AB ist nach wie vor Mehrheitseigner. Minderheitsbeteiligungen halten Nestlé und die Kapitalbeteiligungsgesellschaft Silver Lake. Neben AniCura und IVC Evidensia gibt es weitere Unternehmen, die Interesse am lukrativen Heimtiermarkt haben.
„Die JAB Holding Company, die das Vermögen der deutschen Unternehmerfamilie Reimann verwaltet, hat kürzlich die US-Klinikkette ‚Compassion-First Pet Hospitals‘ erworben“, berichtet Heiko Färber. Er ist seit mehr als 20 Jahren Geschäftsführer des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte (bpt), der rund 7.900 Berufsträger und -trägerinnen vertritt. Von den USA aus könnte JAB Holding nun in den deutschen Markt eintreten. Auch der britische Anbieter VetPartners, hinter dem der britische Private-Equity-Fonds BC Partners steht, hat laut Färber ein Auge auf Deutschland geworfen. „Diese Akteure sehen die Tiermedizin natürlich als Investment. Besonders interessant ist dieser Bereich für sie auch unter strategischen Gesichtspunkten: Sie kommen so an die Datensätze behandelter Tiere. Darauf basierend kann man zum Beispiel Produkte im Bereich Künstliche Intelligenz entwickeln, die die Tiermedizin optimieren. Dadurch werden die Tiere älter – und je älter ein Tier wird, desto mehr Tiermedizin und spezifischeres Futter braucht es.“
Investoren denken in der Regel groẞ
Im Vergleich zu den USA und vielen europäischen Ländern wie den Niederlanden, Schweden und vor allem Großbritannien betreiben Konzerne und Kapitalinvestoren in Deutschland deutlich weniger Tierpraxen und -kliniken. „Zurzeit befinden sich nicht mehr als 200 Praxen und Kliniken in Investoren- beziehungsweise Konzernhand. Insgesamt gibt es bundesweit etwa 10.000 tierärztliche Praxen in Deutschland, darunter zahlreiche Kleinstpraxen. Also kein Einkauf in großem Stil“, fasst Färber zusammen.
„Betrachtet man hingegen die Anzahl der Tierärzte und Tierärztinnen, die für diese Kliniken arbeiten, ergibt sich schon ein etwas anderes Bild. Wir beobachten, dass die Investoren es auf die größeren Einheiten abgesehen haben und ungefähr 2.000 bis 2.500 Tierärzte und Tierärztinnen von insgesamt etwa 23.000 in Deutschland für sie arbeiten – also circa zehn Prozent.“ Auffällig ist dabei, dass fast ausschließlich Kleintierpraxen erworben werden. Am Nutztierbereich haben die Kapitalinvestoren bislang wenig Interesse.
Dazu sagte IVC Evidensia auf unsere Anfrage: „Der überwiegende Anteil der Tierarztpraxen und Tierkliniken in Deutschland ist auf die Behandlung von Kleintieren fokussiert. Dementsprechend sind die Standorte, welche Teil von IVC Evidensia sind, vornehmlich im Kleintierbereich tätig. Einige unserer Standorte bieten aber auch tiermedizinische Leistungen für Pferde und den Nutztierbereich an.“ AniCura versteht sich ausschließlich als Anbieter von medizinischen Leistungen für Haustiere. „Wir bieten keine tierärztlichen Dienstleistungen für Großtiere oder Nutztiere an“, heißt es aus dem Unternehmen.
Das Fremdbesitzverbot erschwert Aufkäufe
Dass in Deutschland nicht wie beispielsweise in Skandinavien innerhalb von fünf Jahren fast 50 Prozent der Praxen von Investoren aufgekauft worden sind, liegt nach Färbers Einschätzung an den rechtlichen Regelungen, die in Deutschland für den Berufsstand gelten. In circa einem Drittel der Bundesländer verhindert beispielsweise ein Fremdbesitzverbot, dass Kapitalinvestoren Praxen und Kliniken betreiben dürfen. Auch der strenge Mutterschutz, laut dem angestellte Tierärztinnen mit Feststellung einer Schwangerschaft bis zur Geburt nicht mehr praktisch arbeiten dürfen, unterscheidet Deutschland von anderen, insbesondere Nicht-EU-Ländern. Da hierzulande zwischen 80 und 90 Prozent Frauen Tiermedizin an der Uni abschließen, ist auch das eine wichtige Variable für Betreiber.
Eine Rolle spielt darüber hinaus die jüngste Novellierung der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), nach der auch Praxen und Kliniken, die von juristischen Personen wie Kapitalinvestoren oder Konzernen betrieben werden, ab November 2022 an die GOT gebunden sind. Zudem gibt es in Deutschland eine Arzneimittelpreisverordnung, die verhindert, dass rabattiert eingekaufte Medikamente ohne Aufschlag an die Tierhalter und -halterinnen abgeben werden dürfen. Deshalb sind zum Beispiel Impftage zu Sonderpreisen – eine beliebte Aktion in anderen Ländern – hier nicht möglich. Ein weiterer zentraler Grund, der die Entwicklung verlangsamt, sind laut Färber – bisher noch – Vorbehalte innerhalb des Berufsstands gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der sogenannten Corporates.
In der deutschen Tierärzteschaft scheiden sich die Geister an der Frage, wie es zu bewerten ist, dass Kapitalinvestoren und Konzerne deutsche Praxen und Kliniken übernehmen. Färber sieht im Wesentlichen drei Meinungslager.
„Der Großteil der Tierärztinnen und Tierärzte betrachtet die Entwicklung eher passiv, ohne eine bestimmte Seite einzunehmen“, sagt er. Dann gebe es die Befürworter. „Der Hintergrund hier ist, dass es in der Tiermedizin ein nachlassendes Interesse an der Selbstständigkeit gibt. Wir stellen fest, dass die junge Generation sich fast komplett anstellen lassen möchte“, erläutert Färber. „Dabei spielt auch der Umstand eine Rolle, dass Tierärzte und Tierärztinnen das unternehmerische Risiko sowie die durch Notdienste in der Nacht und am Wochenende teils langen Arbeitszeiten scheuen. Die Corporates bieten geregelte Arbeitszeiten, gute Bezahlung und Fortbildungen, um Fachkräfte zu binden.“ Das dritte Meinungslager sehe die Entwicklung sehr kritisch und befürchte eine zunehmende Monopolbildung durch die Investoren. „Hier gibt es vor allen Dingen die Sorge, dass die Unabhängigkeit des Berufsstands gefährdet ist. Man geht davon aus, dass nicht mehr medizinische, sondern wirtschaftliche Interessen bei Behandlungsentscheidungen im Vordergrund stehen werden.“ Die Bundestierärztekammer äußerte sich dazu auch auf wiederholte Anfrage nicht.
Färber selbst sieht in der Entwicklung sowohl Chancen als auch Risiken. Dank des Interesses der Investoren bestehe für viele Niedergelassene vor dem Ruhestand die Möglichkeit, ihre Praxis doch noch zu verkaufen – das sei gut, weil einerseits die Standorte dann nicht verloren gingen und andererseits die Altersversorgung der ausscheidenden Niedergelassenen gesichert werde.
Klar will ein Investor Rendite
Eine Tierärztin, die diesen Weg gegangen ist, ist Dr. Gudrun Hagmeyer aus Nürnberg. Sie hat ihre 1981 gegründete Kleintierklinik 2017 an IVC Evidensia verkauft und bis März 2022 als Geschäftsführerin geleitet. Es ist üblich, dass die Inhaber der Praxen und Kliniken für eine Übergangszeit im Betrieb bleiben – auch weil es dem Patientenstamm Kontinuität bietet. Hagmeyers Entscheidung, an IVC Evidensia zu verkaufen, stieß auf ein zwiespältiges Echo. „Einige sahen darin einen Schaden für die Freiberuflichkeit und fanden, ich habe meine Seele ans Kapital verkauft“, berichtet sie. „Fakt ist aber, dass die Klinik mit 16 bis 17 angestellten Tierärztinnen und Tierärzten sowie rund 55 Mitarbeitenden eine Dimension hatte, die die Aufnahme hoher Kredite erfordert hätte – und meine Geschäftspartnerin und ich haben leider keine Kolleginnen und Kollegen gefunden, die dazu bereit gewesen wären.“
Also verkaufte sie an IVC Evidensia. In der fünfjährigen Übergangszeit habe sie ihre Behandlungen wie zuvor durchgeführt und keine Einflussnahme durch den Eigentümer erlebt. „Klar will ein Investor Rendite. Aber ich hatte Entscheidungsfreiheit, mit der Ausnahme, dass ich Rücksprache bei größeren Anschaffungen und Personalentscheidungen halten musste. Dabei ging es wohlgemerkt um den Punkt, wie viele Angestellte dazukommen, aber nicht wer. Das lag in meiner Hand.“
Auf unsere Anfrage äußerte sich IVC Evidensia so zu den Bedenken: „Grundsätzlich möchten wir anführen, dass unsere Praxen und Kliniken immer durch Tierärzte und Tierärztinnen geführt werden. Denn nur diese können mit ihrem Fachwissen und ihrer Erfahrung entscheiden, was in der jeweiligen Situation beziehungsweise welche Behandlung das Beste für ein Tier ist. [...] Die finale Entscheidung über eine Behandlung oder Empfehlung treffen bei IVC Evidensia immer die Tierärzte und Tierärztinnen vor Ort in Rücksprache mit dem Tierbesitzer.“
Die Rückmeldung von AniCura lautet: „AniCura macht keine konzernweit verbindlichen Vorgaben zur Preisgestaltung. Jede Praxis und Klinik legt ihre eigenen Gebühren im Rahmen der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) fest. Die Preise variieren je nach Art und Form der Betreuung, Spezialwissen, Zugang zu speziellen medizinisch-technischen Geräten, Personal, Erreichbarkeit und Bereitschaftsdienst.“
Die Bedenken, dass Tierärzte als Angestellte einer Kette nicht mehr frei entscheiden können, nimmt Färber ernst: „Mir ist zwar noch nicht berichtet worden, dass in Deutschland betriebswirtschaftliche Erwägungen medizinische Entscheidungen dominieren, aber aus England hört man das durchaus. Hierzulande haben die Investoren noch nicht diese Marktmacht – und im Prozess des Aufbaus werden die Dinge ja immer liberaler gehandhabt. Aber das Risiko, dass es zu Interessenkonflikten kommen könnte, will ich nicht ausschließen.“
Die BWL-denke ist den meisten Tierärzten fremd
Lässt sich bereits erkennen, dass die tiermedizinische Behandlung durch Corporates teurer ist? In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk im Juni 2022 berichtete der Tierärztliche Bezirksverband Mittelfranken, dass die Klinikketten die GOT eher nach oben auslegen würden. „Die kettengeführten tierärztlichen Kliniken nutzen die Spielräume der GOT“, sagte Dr. Peter Schieber, der bis 2022 eine Nutztierpraxis betrieben hat und immer noch Vorsitzender des Tierärztlichen Bezirksverbands Mittelfranken ist.
„Das liegt aus meiner Sicht daran, dass Ketten sich nicht davor scheuen, Tiermedizin unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betreiben. Betriebswirtschaftlich zu denken – auch entgegen allen idealistischen Impulsen – ist den meisten Tierärztinnen und Tierärzten fremd. Das müssen sie in der Praxis erst lernen. Für viele ist das aus Empathie zum Tier und den Tierhaltenden schwierig, für eine Kette hingegen Alltag.“ Eine Statistik, wie viel die von Investoren geführten Kliniken im Vergleich zu freien Niedergelassenen abrechnen, lag dem Tierärztlichen Bezirksverband Mittelfranken nicht vor und auch die Bundestierärztekammer beantwortete diese Frage nicht.
Werden die Verbände von den Ketten infiltriert?
Für Niedergelassene sieht der bpt nach wie vor gute Chancen, sich am Markt zu behaupten. „Freie Tierärzte und -ärztinnen können sich auch zu Einkaufs- und Werbegemeinschaften zusammenschließen – gemeinsam ist man stärker“, sagt Färber. Die große strategische Herausforderung für Klinik- und Praxisbetreibende ist aus seiner Sicht aber eine andere: die Konkurrenz ums Personal. Beim professionellen Personalmanagement seien die Corporates schon weiter. Hier müssten die Niedergelassenen aufholen, attraktivere Arbeitsbedingungen schaffen und sich auf neue Beschäftigungsmodelle einlassen. „Das ist sicher nicht einfach, aber möglich, denn im Gegensatz zu den Corporates mit ihren teilweise konzernartigen Abstimmungsprozessen können sich unabhängige Praxen und Kliniken hier viel schneller auf den Markt einstellen“, betont Färber.
Der bpt selbst versucht, die bei den Corporates angestellten Tierärzte und -ärztinnen einzubinden und hat im Jahr 2021 einen Korporativvertrag mit AniCura geschlossen. Das bedeutet: AniCura ermutigt seine Angestellten, in den bpt einzutreten und übernimmt deren Verbandsbeiträge. Dafür wurde der bpt von vielen Tierärzten und -ärztinnen scharf kritisiert. Die Kolleginnen und Kollegen bei AniCura würden den Verband infiltrieren, wichtige Positionen besetzen und nach und nach ihre Agenda durchdrücken. Färber verteidigt den Korporativvertrag: „Aktuell arbeiten circa 200 unserer 7.900 Mitglieder bei einer Kette, also bei Weitem keine kritische Masse. Aber natürlich wird diese Gruppe in Zukunft wachsen. Die einzige Chance, das zu verhindern, ist, dass wieder mehr freie Tierärzte und -ärztinnen Kliniken und Praxen gründen beziehungsweise übernehmen. Wenn sie das nicht tun, tun es eben die Corporates.“ Für den bpt ist der Korporativvertrag mit AniCura ein wichtiger Schritt: „Wir wollen die Corporates bei uns integrieren, damit sie nicht ihre eigenen Verbände gründen – ein Problem, das unsere Schwesterverbände in anderen europäischen Ländern beklagen.“
Die entscheidende Frage, vor der die deutsche Tierärzteschaft steht, lautet: Wie kann man mehr Tierärzten und -ärztinnen Lust auf eine eigene Praxis machen? Eine wesentliche Ursache der Nachfolgeproblematik dürfte in der kaufmännisch-betriebswirtschaftlich defizitären Ausbildung von Tierärzten liegen, heißt es im Jahresbericht 2021 des bpt. Mit dem Trend zu größeren, komplexeren und kapitalintensiveren Behandlungseinheiten und gleichzeitig dem Konkurrenzkampf um Arbeitskräfte stiegen aber eben jene unternehmerischen Anforderungen an die Praxisführung.
Die Tierärzteschaft steht an einem Scheideweg
„So befinden wir uns in einem Dilemma: Kleinere, betriebswirtschaftlich noch handhabbare Praxen bieten im Hinblick auf eine Vollexistenz häufig nur eine begrenzte wirtschaftliche Grundlage, und bei den großen, komplexen und rentablen Einheiten scheitert die Nachfolgebereitschaft häufig an den erhöhten Managementanforderungen“, bilanziert der Bericht.
Der Verband sieht die Tierärzteschaft am Scheideweg. „Beschreiten wir den gleichen Weg, den andere Branchen bereits gegangen sind, oder gestalten wir unseren Marktplatz aktiv mit?“, fragt Heiko Färber. „Die betriebswirtschaftliche Praxisführung kann man lernen. Der bpt macht dafür eine Reihe von Angeboten. Praxen und Kliniken in tierärztlicher Hand könnten wirtschaftlich sehr gut laufen, das belegen interne Umfragen immer wieder. Man muss es ‚nur‘ tun!“
Tiermedizin in Deutschland
Ende 2021 gab es in Deutschland 44.049 Tierärzte, davon waren 32.930 auch tierärztlich tätig. 6.611 Tierärztinnen und 5.278 Tierärzte waren in eigener Praxis niedergelassen.
Im Corona-Jahr 2020 erzielte das Veterinärwesen gut 4,4 Milliarden Euro Umsatz und damit ein Plus von 10,6 Prozent gegenüber 2019. Schon 2019 waren die Umsätze um 5,9 Prozent gegenüber 2018 gestiegen. Damit gehörten Tierarztpraxen und das sonstige Veterinärwesen zu den wenigen Branchen, die 2020 ein deutliches Umsatzplus verzeichneten.
Die Zahl der Rechtlichen Einheiten im Veterinärwesen lag 2020 nahezu unverändert bei rund 11.000.
2020 erlangten 1.534 Studierende – 83 Prozent Frauen – hierzulande einen Hochschulabschluss einschließlich Promotion, 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Mehr Hochschulabschlüsse in der Tiermedizin hatte es nur 2005 gegeben (1.551).