Schall reinigte nicht besser
Obwohl zahlreiche Patienten versichern, dass sie für ihre Dentalhygiene einen erheblichen Zeitaufwand betreiben, ist die Plaqueentfernung oft wenig erfolgreich. Um die komplizierten Bewegungsabläufe für eine gute Zahnreinigung einfacher zu gestalten, wurden unterschiedliche elektrische Zahnbürsten entwickelt. Für Schallzahnbürsten wird propagiert, dass sie die Plaquemikroorganismen nicht nur über den Kontakt der Borsten mit der Zahnoberfläche entfernen, sondern über einen Energietransfer gewissermaßen indirekt von der Zahnoberfläche ablösen. Diese Theorie wurde in mehreren In-vitro-Studien verifiziert.
In klinischen Studien sind die Ergebnisse zum Vergleich von Handzahnbürsten und elektrischen Zahnbürsten uneinheitlich. Häufig wurde darin nicht beschrieben, ob die Teilnehmer adäquat instruiert wurden und ob sie die Zahnbürsten korrekt verwendeten. Es fiel auf, dass Patienten die Zähne meist unsystematisch reinigen, wobei sie häufig zwischen den unterschiedlichen Bereichen im Zahnbogen hin- und herwechseln, den oralen Flächen wenig Aufmerksamkeit schenken und zudem die Zähne teilweise mit unkoordinierten Bewegungen versuchen zu reinigen. Gleichzeitig zeigte sich in Studien mit Videoüberwachung, dass Probanden elektrische Zahnbürsten und übliche Handzahnbürsten in gleicher Art und Weise verwendeten. Dies deutet auf ein festgelegtes Putzmuster hin, das nicht auf den Zahnbürstentyp ausgerichtet ist. Ziel der hier beschriebenen Studie war es zu untersuchen, ob die Verwendung einer Schallzahnbürste Plaque effektiver entfernt als eine Handzahnbürste und welche Rolle der korrekte Gebrauch einer solchen Zahnbürste bezüglich der Effektivität spielt.
Material und Methode
Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Nadine Schlüter (Freiburg) ging diesen Fragestellungen in einer prospektiven, explorativen, nicht-randomisierten Interventionsstudie nach, an der primär 32 gesunde Probanden mit vollständiger Bezahnung im Oberkiefer teilnahmen. Bei den Rechtshändern wurde der linke Oberkieferquadrant, bei den Linkshändern der rechte Oberkieferquadrant für die Untersuchung ausgewählt. Zu Beginn wurde bei allen Probanden eine professionelle Zahnreinigung durchgeführt und sie erhielten eine standardisierte Fluoridzahnpasta ohne Additive, die die Plaquebildungsrate beeinflussen können. Vor jedem Untersuchungszeitpunkt durften die Probanden für vier Tage ihre Zähne im entsprechenden Studienquadranten nicht reinigen. Zu Beginn jedes Untersuchungszeitpunkts wurde die Plaque mit einem Revelator angefärbt und die Plaquemenge mit dem Rustogi-modifizierten Navy-Plaque-Index (RMNPI) auf den bukkalen Oberflächen der ersten Molaren und Prämolaren bestimmt. Anschließend wurde mit standardisierten Fotografien eine planimetrische Bestimmung der Plaque vorgenommen.
Die Probanden putzten die Zähne wie folgt:
1. Termin: Verwendung der Schallzahnbürste wie eine Handzahnbürste (nicht eingeschaltet), ohne weitere Instruktion
2. Termin: Schallzahnbürste eingeschaltet, ohne weitere Instruktion
3. Termin: angewendet wie eine Handzahnbürste, nicht eingeschaltet, mit entsprechender Instruktion in die modifizierte BASS-Technik
4. Termin: Schallzahnbürste eingeschaltet, mit entsprechender Instruktion
Die Putzmuster wurden per Video festgehalten. Sowohl vor als auch nach dem Zähneputzen wurden der Plaqueindex erhoben und die Planimetrie durchgeführt.
Ergebnisse
Von den 32 primär rekrutierten Probanden beendeten 30 (23 Frauen, 7 Männer) die Studie. Das Durchschnittsalter betrug 22,9 Jahre. 29 Probanden waren Rechtshänder, ein Proband war Linkshänder.
Wurde die Schallzahnbürste als Handzahnbürste (nicht eingeschaltet) verwendet, putzten die Probanden ihre Zähne hauptsächlich über kreisende Bewegungen, die häufig von horizontalen und vertikalen Bewegungen begleitet waren. Nach einer Instruktion in die modifizierte BASS-Technik konnten fast alle Probanden diese Technik anwenden.
Wurde die Schallzahnbürste eingeschaltet verwendet, begannen die Probanden zunächst mit einer passiven Anwendung, gefolgt von kreisenden Bewegungen. Auch hier wurde die Instruktion zur speziellen Putztechnik mit Schallzahnbürsten befolgt.
Zu Beginn der Studie zeigten alle Probanden in der planimetrischen Auswertung ähnliche Ergebnisse (kein statistisch signifikanter Unterschied).
Alle Zahnputzübungen führten zu einer klaren Reduktion der Plaque von 59 bis 80 Prozent. Es gab keine signifikanten Unterschiede nach dem Putzen mit der Schallzahnbürste im An- oder im Aus-Modus. Sogar nach der Instruktion führte die Anwendung der Schallzahnbürste im angeschalteten Zustand nicht zu einer besseren Plaquereduktion als die Verwendung der Schallzahnbürste im reinen Handmodus. Das Zähneputzen nach Instruktion in der modifizierten BASS-Technik führte nicht zu einer Verbesserung der Plaquereduktion im Vergleich zum Putzen ohne Instruktion, diese Technik schnitt vielmehr am schlechtesten ab.
Diskussion
In der vorliegenden Studie wurde unter hoch-standardisierten Bedingungen untersucht, ob der Schalleffekt einer Zahnbürste beziehungsweise eine spezielle Putztechnik die Plaqueentfernung verbessert. Speziell die Videokontrolle der jeweiligen Putztechnik konnte sicherstellen, dass diese auch tatsächlich durchgeführt wurde. Die beiden Messverfahren zur Plaqueentfernung ergänzen sich idealerweise, so konnte die Reduktion der Plaque durch die unterschiedlichen Putztechniken sehr genau bestimmt werden.
Üblicherweise werden elektrische Zahnbürsten gegen Handzahnbürsten getestet, allerdings wird der zu untersuchende Effekt (elektrisch versus manuell) hier zusätzlich durch Unterschiede wie die Form der Bürstenköpfe oder die Härte der Borsten beeinflusst. In der vorliegenden Studie wurde die Schallzahnbürste in abgeschalteter Form wie eine Handzahnbürste verwendet, so dass ein direkter Vergleich tatsächlich möglich war, ohne dass diese störenden Faktoren eine Rolle spielten. Die Studie konnte zeigen, dass auch Schallzahnbürsten, ähnlich wie Handzahnbürsten, in einer individuellen Art und Weise verwendet werden und nicht in der empfohlenen, mehr passiven Form.
Zu Beginn jedes Untersuchungszeitpunkts wies der zu putzende Quadrant erhebliche Plaqueablagerungen auf, wobei je nach Teilnehmer die Plaquebedeckungsraten beziehungsweise die Plaquemengen unterschiedlich waren. Der Schalleffekt hatte keine über die übliche Zahnputztechnik hinausgehende Plaque-reduzierende Wirkung. Die Mundhygiene mit der BASS-Technik zeigte das schlechteste Ergebnis aller Gruppen. Eine vorhergehende Studie hatte bereits gezeigt, dass die modifizierte BASS-Technik im Vergleich zu einer habituellen Putztechnik zu schlechteren Ergebnissen führt, sogar dann, wenn die Probanden sich nach entsprechenden Übungen zu Hause an diese Technik adaptiert hatten.
Eine Schwäche der Studie ist, dass die Probanden nur eine einzige Instruktion erhalten hatten. Weitere Studien sollten prüfen, ob diese Ergebnisse sich bestätigen lassen, wenn es eine längere Übungszeit mit einer besseren Gewöhnung an die entsprechenden Funktionen gibt. Auch ein direkter Vergleich mit anderen elektrischen Zahnbürsten beziehungsweise anderen Schallzahnbürsten wäre interessant.
Bedeutung für die Praxis
Patienten putzen nach eigenen, individuell eingeübten Mustern, die man zwar durch entsprechende Instruktionen kurzfristig ändern kann, wobei allerdings ungeklärt bleibt, ob das zu einem dauerhaft veränderten Putzmuster führt.
Für die Praxis bedeutet das, dass nur über ein Anfärben der Plaque und über beobachtetes Zähneputzen in der Zahnarztpraxis herausgearbeitet werden kann, wie die einzelnen Probanden ihre Zähne reinigen und wie bei entsprechender Plaquebedeckung dieses Verhalten durch Training geändert werden kann.
Die Effektivität der Plaqueentfernung beim Zähneputzen wird durch eine Schallaktivierung nicht verbessert, selbst dann nicht, wenn die Schallzahnbürste korrekt nach den Instruktionen des Herstellers verwendet wird.
Schlueter N, Fiedler S, Mueller M, Walter C, Difloe-Geisert JC, Vach K, Ganss C: Efficacy of a sonic toothbrush on plaque removal – A video-controlled explorative clinical trial. PLoS One 16: e0261496, 2021