Die Sinusbodenelevation
In solchen Fällen sehen sich Zahnärztinnen und Zahnärzte häufig mit Situationen konfrontiert, in denen nicht alle Gewindeanteile eines Standardlängen-Implantats von Knochen umgeben werden können. In den vergangenen Jahrzehnten wurde eine Vielzahl technischer und chirurgischer Lösungsmöglichkeiten erforscht, wobei sich die Sinusbodenelevation – auch Sinuslift genannt – in besonderer Weise bewährt hat. Dementsprechend zeigen Implantate in augmentiertem Knochen hervorragende Langzeitergebnisse [Papaspyridakos et al., 2018].
INDIKATION
Eine Sinusbodenelevation dient dazu, das Knochenvolumen im entsprechenden Bereich zu erhöhen sowie die Knochenqualität zu verbessern. Zum Einsatz kommen dabei alle zur Verfügung stehenden Knochenersatzmaterialien – autogener Knochen, autogene modifizierte, serologische Transplantate, synthetische und xenogene Knochenersatzmaterialien [Al-Nawas et al., 2020]. Je nach Höhe des residualen Knochens wird eine entsprechende Operationstechnik angewendet. Eine Restknochenhöhe von mehr als 8 mm kann in der Regel konventionell implantiert werden, so dass keine Sinusbodenelevation notwendig wird. Bei einer Restknochenhöhe von 5 – 8 mm kann ein interner Sinuslift mit simultaner Implantation erfolgen. Unterschreitet der Restknochen eine Höhe von 5 mm, sollte über einen externen Sinuslift nachgedacht werden, der bei einer Restknochenhöhe von 3 – 5 mm simultan mit der Implantation durchgeführt werden kann. Stark reduzierte Restknochenhöhen von 1 – 2 mm werden in der Regel mit einem externen, zweizeitigen Sinuslift therapiert. Hierbei wird nach ausreichender Regenerationszeit die Implantation in einem zweiten Schritt durchgeführt. Die hier angegebenen Werte der Restknochenhöhen sind stark an die chirurgische Expertise der Chirurgin oder des Chirurgen und an weitere Faktoren wie beispielsweise die Compliance und die Allgemeingesundheit des Patienten gebunden, so dass diese Angaben je nach Einzelfall variieren können.
DIAGNOSTIK
Im Vorfeld jeder Sinusbodenelevation ist eine gezielte Diagnostik von zentraler Bedeutung. Dazu gehört die anamnestische Abklärung pathologischer Prozesse in der Kieferhöhle. Ebenso ist es essenziell, chronische sowie akute Sinusitiden abzuklären. Eine Panoramaschichtaufnahme kann einen ersten Eindruck vermitteln, inwiefern eine ausreichende Knochenhöhe vorhanden scheint oder ob die Sinusbodenelevation für eine erfolgreiche Implantation notwendig ist. Ferner kann die Aufnahme zur Beurteilung der Ausdehnung der Kieferhöhle und der anatomischen Strukturen dienen. Insbesondere bei chirurgisch anspruchsvollen Fällen kann eine digitale dentale Volumentomografie (DVT) erfolgen, um weiteren Aufschluss über die gegebenen anatomischen Verhältnisse zu gewinnen [Nitsche et al., 2012]. Hierbei spielt die Beurteilung der anatomischen Struktur des ostiomeatalen Komplexes und der damit einhergehenden Belüftung der Kieferhöhle eine essenzielle Rolle.
CHIRURGISCHE TECHNIK
Die Sinusbodenelevation ist eine Entwicklung des US-amerikanischen Zahnarztes Oscar Hilt Tatum, die erstmals 1980 von Philip Boyne in der Literatur beschrieben wurde. Dabei wurden partikelförmiger Spongiosaknochen und Knochenmark aus dem lateralen Beckenkamm gewonnen und anschließend zum Aufbau des Sinusbodens transplantiert [Boyne und James, 1980]. Lange Zeit stellte diese Technik der autogenen Knochentransplantation – trotz einer sehr großen Entnahmemorbidität – den Goldstandard der Sinusbodenelevation dar. Die Arbeitsgruppe um Wheeler et al. konnte dann in den 1990er-Jahren nachweisen, dass ähnliche Resultate mit alternativen Knochenersatzmaterialien wie Hydroxylapatit allein oder in Kombination mit autogenem Knochen erzielt werden konnten [Wheeler et al., 1996]. Diese Evolution der chirurgischen Techniken der Sinusbodenelevation führte zu zwei bahnbrechenden Vorteilen: Neben der erheblichen Reduktion der Entnahmemorbidität zeichnet sich die Operation dadurch aus, dass sie aufgrund des geringeren technischen Aufwands nun im Setting einer Zahnarztpraxis durchgeführt werden konnte.
DER EXTERNE SINUSLIFT
Präparation des lateralen Fensters
Der externe Sinuslift kann sowohl simultan mit der Implantation als auch als zweizeitige Operation durchgeführt werden. In der Regel wird eine krestale Schnittführung mit einer mesialen oder distalen Entlastung angewendet (Abbildung 1a). Anschließend erfolgt die Bildung eines Mukoperiostlappens, der bis in die apikalen Bereiche der zukünftigen Implantate reicht (Abbildung 1b). Die Präparation soll dazu dienen, einen optimalen Zugang zur Kieferhöhle zu erreichen sowie eine gute Übersicht zu ermöglichen. Das Fenster in der lateralen Kieferhöhlenwand sollte auf Höhe des apikalen Bereichs der zukünftigen Implantate, jedoch leicht nach anterior versetzt angelegt werden. Um das knöcherne Regenerationspotenzial größtmöglich zu erhalten, ist darauf zu achten, das Fenster nur so groß wie nötig zu machen. Bei Bedarf kann es jedoch erweitert werden. Das knöcherne Fenster kann unter Zuhilfenahme von Fräsen, Sägen oder auch Ultraschall-Mikrovibrationsgeräten (Piezochirurgie) präpariert werden (Abbildung 1c).
Fräsen
Bei der Präparation des Knochenfensters mithilfe einer Fräse wird in der Regel mit einem etwas gröberen Rosenbohrer begonnen. Dabei wird die Fräse in leichten Kreisen bewegt, wodurch ein ausgedünnter Knochenbezirk entsteht. Um diesen residualen Knochen zu entfernen und möglichst die Schneider´sche Membran zu schonen, wird die weitere Osteotomie mit einer diamantierten Kugel fortgeführt. Der Vorteil dieser Präparationstechnik liegt im geringen zeitlichen Aufwand [Rickert et al., 2013].Da es sich bei der Fräse um einen rotierenden, knochenabtragenden Schleifkörper handelt, kann der entfernte Knochen nicht repositioniert oder gar transplantiert werden. Daher wird dieser operative Zugang, der durch die Osteotomie mit Fräsen erreicht wird, auch als osteoklastischer Zugang bezeichnet. Durch das Abtragen des Knochens kann es zur Traumatisierung der Schneider´schen Membran kommen, insbesondere bei inadäquater Wasserkühlung des Schleifkörpers.
Sägen
Chirurgische, oszillierende Sägen eignen sich nur bedingt zur Präparation eines lateralen Knochenfensters für den externen Sinuslift, da aufgrund der großen Sägeblätter und der oszillierenden Bewegung eine präzise und atraumatische Präparation erschwert wird. Es kann sowohl zu Perforationen der Schneider´schen Membran als auch zu Riss-Quetschwunden der oralen Schleimhaut kommen. Ein Vorteil dieser Operationstechnik ist, dass der Großteil des osteotomierten Knochens zur Reposition oder Transplantation zur Verfügung steht – allerdings ist dieser Vorteil im Verhältnis zu den Nachteilen eher zu vernachlässigen.
Piezochirurgie
Innerhalb der vergangenen Jahre hat sich die Piezochirurgie zunehmend für die Präparation des lateralen Kieferhöhlenfensters etabliert. Das Handstück führt eine Ultraschall-Mikrovibrationsbewegung aus, die dazu führt, dass starre Anteile wie beispielsweise Knochen, Knorpel und Zähne, die das Instrument berühren, durchtrennt beziehungsweise abgetragen werden. Flexible Anteile wie beispielsweise die Mukosa, das Bindegewebe und die Schneider´sche Membran werden dabei lediglich in Schwingung versetzt. Damit bietet dieses Verfahren die Möglichkeit einer Durchtrennung der lateralen Kieferhöhlenwand, ohne die Schneider´sche Membran zu perforieren. Klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass durch die Anwendung der Piezochirurgie Perforationen der Schneider´schen Membran reduziert werden konnten [Wallace et al., 2007].Da bei der Präparation des Knochens nur ein geringer Anteil entfernt wird und der größte Teil repositioniert oder transplantiert werden kann, gilt diese Operationstechnik als osteoblastisch und grenzt sich somit von der Präparation mittels Fräsen ab. Die Piezochirurgie wurde in klinischen Studien im Vergleich zur konventionellen Osteotomie mit rotierenden Instrumenten von Patientinnen und Patienten als weniger unangenehm empfunden. Auch die Operateure berichteten von einem erhöhten Komfort im Rahmen der Piezochirurgie [Baldi et al., 2011].
Präparation der Schneider‘schen Membran
Im Anschluss an die Osteotomie des Kieferhöhlenfensters erfolgt die Ablösung der Schneider´schen Membran von der lateralen knöchernen Kieferhöhlenwand (Abbildung 1d). Dazu dienen insbesondere gebogene Instrumente, die stets unter Knochenkontakt zu führen sind und in kreisenden Bewegungen angewendet werden, um eine Perforation der Schneider´schen Membran zu vermeiden. Hierbei ist ein vorsichtiges und sorgfältiges Vorgehen entscheidend für den Erfolg, da die Schneider´sche Membran die Barriere zur Kieferhöhle bildet. Neben dem Ablösen an der lateralen Wand, zirkulär des geplanten Implantats, ist eine Ablösung am Boden der Kieferhöhle sowie an der der lateralen Wand gegenüberliegenden medialen Wand ebenfalls wichtig. Somit ist mit einem ausreichenden Volumen zu rechnen, um eine erfolgreiche Sinusbodenaugmentation durchführen zu können. Nach erfolgreicher Präparation sollte zu beobachten sein, dass sich die Membran synchron mit dem Ein- und Ausatmen bewegt.
Das Knochenersatzmaterial
Als Knochenersatzmaterial für den externen Sinuslift steht heutzutage neben dem ursprünglich verwendeten lateralen Beckenkammtransplantat eine Vielfalt an Biomaterialien zur Verfügung [Lee et al., 2012; Nkenke und Stelzle, 2009; Rickert et al., 2012; Stumbras et al., 2019]. Systematische Literaturrecherchen, die sich mit Überlebensraten von Implantaten beschäftigten, bei denen zuvor eine Sinusbodenelevation durchgeführt wurde, konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen autogenen Knochentransplantaten und Knochenersatzmaterialien feststellen [Al-Nawas und Schiegnitz, 2014; Danesh-Sani et al., 2017; Starch-Jensen et al., 2018a, 2018b]. Eine Kombination von autogenem Knochen und xenogenem Knochenersatzmaterial führte in Vergleichsstudien nicht zu einer verbesserten Implantat-Überlebensrate. Hierbei ist jedoch zu erwähnen, dass bei alleiniger Sinusbodenelevation mit xenogenem Knochenersatzmaterial in Tierversuchsstudien ein geringerer Knochen-Implantat-Kontakt auftrat als bei einer Kombination aus xenogenem Knochenersatzmaterial und autogenem Knochen [Jensen et al., 2012, 2013]. Zudem gibt es Untersuchungen, bei denen ein Sinuslift ohne Knochenersatzmaterial durchgeführt wurde, eine sogenannte „graftless sinus floor elevation“ [Pinchasov und Juodzbalys, 2014]. Da dieser Ansatz erst seit wenigen Jahren untersucht wird, sind derzeit keine Langzeitdaten über dieses Verfahren verfügbar. Um die Membran nach dem Sinuslift in der elevierten Position zu halten, wurde von den Autoren zur Wahl von längeren Implantaten geraten [Dongo et al., 2018]. Die Positionierung einer Membran über der lateralen Zugangskavität führte nicht zu verbesserten klinischen Resultaten [Esposito et al., 2014].Die S2k-Leitlinie „Implantologische Indikationen für die Anwendung von Knochenersatzmaterialien“ empfiehlt, dass bei einem Sinuslift ein Knochenersatzmaterial verwendet werden kann. Dabei dürfen Zahnärztinnen und Zahnärzte auf alle vorhandenen Materialien (autogener Knochen, allogenes, xenogenes oder synthetisches Knochenersatzmaterial) und Methoden zurückgreifen, da diese eine vergleichbare Erfolgsrate aufweisen. Bei einem zweizeitigen Verfahren wird jedoch erwähnt, dass ein Knochenersatzmaterial mit Resorptionsstabilität von Vorteil sein kann [Al-Nawas et al., 2020].
Applikation des Knochenersatzmaterials
Zu den Knochenersatzmaterialien mit Resorptionsstabilität zählen vornehmlich Materialien xenogenen und synthetischen Ursprungs. Die einzubringende Menge an Knochenersatzmaterial ist sowohl von der Restknochenhöhe als auch von der Länge der Implantate abhängig. Sie sollte so gewählt werden, dass der komplette knöcherne Bereich, der zuvor von der Schneider´schen Membran ausgekleidet war, mit dem Augmentat bedeckt wird und dem gewünschten Volumen entspricht (Abbildung 1e). Bei einer zu geringen Menge an Knochenersatzmaterial beziehungsweise autogenem Knochen kann es dazu kommen, dass die Sinusbodenaugmentation zu klein bleibt und die Implantate über den augmentierten Bereich hinausragen würden – mit der Konsequenz, dass eine kürzere Implantatlänge gewählt werden muss. Im schlimmsten Fall muss die Sinusbodenelevation wiederholt oder eine alternative prothetische Versorgung gewählt werden.
Eine zu starke Befüllung des Bereichs zwischen der Kieferhöhlenwand und der Schneider´schen Membran ist ebenfalls als ungünstig zu werten, da zunehmender Druck die Perforation der Schneider´schen Membran begünstigt. Zudem erschwert ein zu dichtes Augmentat die Bildung des Blutkoagels sowie die Angioneogenese, die den knöchernen Umbauprozessen zwingendermaßen vorausgehen muss.
DER INTERNE SINUSLIFT
Aufbereitung des Implantatbetts
Nach der Fallplanung (Abbildungen 2a bis 2c) können die Schnittführung und anschließend die Präparation des Implantatbetts beginnen. In der Regel wird eine krestale Schnittführung angewendet. Die Aufbereitung des Implantatbetts erfolgt entsprechend den Herstellerangaben (Abbildung 2d). Um eine Perforation der Membran während der Aufbereitung des Implantatbetts zu verhindern, wird eine Aufbereitung bis zur begrenzenden Kortikalis der Kieferhöhle empfohlen. Um die knöcherne Lamelle zwischen Bohrstollen und Kieferhöhlenboden möglichst vorsichtig zu entfernen, bieten sich unterschiedliche Methoden an. Von klinischer Relevanz sind insbesondere die Techniken mittels Osteotom und Piezochirurgie.Osteotom: Das Osteotom gleicht einem schmalen, langen Zylinder, der häufig im mittleren Bereich einen abgeschrägten Anteil aufweist, der dem Instrument sein Z-förmiges Erscheinungsbild verleiht (Abbildung 2e). Zum Einsatz kommt das Instrument meist in Kombination mit einem chirurgischen Hammer. Das Osteotom steht in unterschiedlichen Durchmessern zur Verfügung und wird entsprechend dem aufbereiteten Implantatbett ausgewählt. Der schmalere Anteil des zylindrischen Meißels wird dabei ins aufbereitete Implantatbett eingebracht und mit vorsichtigem Klopfen in Richtung Kieferhöhle gestoßen. Dadurch wird die knöcherne Lamelle zwischen dem Boden des Implantatbetts und dem Kieferhöhlenboden vom umgebenden Knochen gelöst. Vorteil dieser Methode: Sie ist schnell und simpel. Nachteilig ist zu erwähnen, dass es bei dieser Technik leicht zu Perforationen der Schneider´schen Membran kommen kann.
Piezochirurgie: Als Alternative zum Osteotom gibt es die Möglichkeit, die knöcherne Lamelle am Boden des Implantatbetts mit einem piezoelektrisch-schwingenden Instrument zu entfernen. Dazu wird das wassergekühlte, zylinderförmige Instrument auf dem Aufsatz des Handstücks befestigt. Durch das in Schwingung versetzte Handstück wird der Knochen am Boden des Bohrstollens sanft abgetragen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Abtrag gleichmäßig erfolgt. Diese Methode zur Entfernung der Knochenlamelle ist zeitlich aufwendiger als die Mobilisierung mittels Osteotom, jedoch ist die Gefahr einer Perforation der Schneider´schen Membran geringer. In einer Tierversuchsstudie, bei der der interne Sinuslift an Schweinekiefern durchgeführt wurde, zeigten sich deutliche Unterschiede in den Komplikationsraten: Während die Präparation mittels Piezochirurgie nicht zur Perforation der Schneider´schen Membran führte (0/9) kam es bei der Präparation mittels Osteotom in allen neun Fällen (9/9) zu einer Perforation [Stelzle und Benner, 2011].
Einzubringendes Material
Sowohl beim externen als auch beim internen Sinuslift können autogene Transplantate oder Knochenersatzmaterialien zum Einsatz kommen.Advanced Platelet Rich Fibrin (A-PRF): Bei der Anwendung von A-PRF werden die körpereigenen Regenerationsvorgänge genutzt und beschleunigt. Dabei wird den Patientinnen und Patienten eine geringe Menge an Blut entnommen, das anschließend zentrifugiert wird. Als Ergebnis entsteht eine Suspension, die reichhaltig an Thrombozyten ist und das umliegende Gewebe bei der Regeneration unterstützt. Mit diesem Verfahren kann eine autogene Membran gewonnen werden, die einwandfrei biokompatibel ist. Sie kann in das aufbereitete Implantatbett eingebracht werden, wo sie mit der Schneider´schen Membran in Kontakt kommen sollte.Knochenersatzmaterial: Neben autogenem A-PRF und autogenem Knochen können auch Knochenersatzmaterialien zur Unterstützung der knöchernen Regeneration beim internen Sinuslift eingesetzt werden. Hierzu können alle zur Verfügung stehenden Knochenersatzmaterialien angewendet werden. Analog zur Applikation von A-PRF sollte sich das Knochenersatzmaterial im apikalen Bereich des Implantatbetts befinden und im Kontakt zur Schneider´schen Membran stehen.Implantation: Nach erfolgreichem Mobilisieren beziehungsweise Abtragen der Knochenlamelle zwischen Bohrstollen und Schneider´scher Membran und dem Einbringen von Knochenersatzmaterial oder A-PRF kann die Implantation erfolgen. Für das sanfte Einbringen des Implantats sollte das Implantat beim maschinellen Eindrehen eine Rotationsgeschwindigkeit von 20 Rotationen pro Minute nicht überschreiten. Alternativ kann das Implantat manuell eingebracht werden (Abbildungen 2f und 2g). Je nach chirurgischem Protokoll und der Primärstabilität kann eine sub- oder eine transgingivale Einheilung gewählt werden. Der Vorteil des internen Sinuslifts ist, dass der knöcherne Defekt mit einem Implantat aufgefüllt wird und somit keine Mund-Antrum-Verbindung zustande kommen kann, da dieses Verfahren ausschließlich einzeitig durchgeführt wird.
MÖGLICHE KOMPLIKATIONEN
Da es bei der Sinusbodenelevation zu Komplikationen kommen kann, ist es wichtig, die Patientinnen und Patienten im Vorhinein ausreichend aufzuklären. Zu den häufigsten Komplikationen zählen die Perforation der Schneider´schen Membran sowie die Sinusitis. Zudem kann es zu einer Reihe unangenehmer Therapiefolgen beispielsweise Hämatomen, Schwellungen oder Schmerzen kommen.
MEMBRANPERFORATION
Die Perforation der Schneider´schen Membran ist eine der häufigsten Komplikationen im Rahmen der Sinusbodenelevation. Sie kann während der Bildung des Mukoperiostlappens (Abbildungen 3a bis 3c), während der Osteotomie des lateralen Fensters, während der Aufbereitung des Implantatbetts, bei der Präparation der Schneider´schen Membran, beim Lösen der knöchernen Lamelle zwischen Implantatbett und Schneider´scher Membran und beim Einbringen des Implantats vorkommen. Dabei kann es sowohl zu Makroperforationen kommen, die mit dem bloßen Auge zu erkennen sind, als auch zu Mikroperforationen, die nur mit Vergrößerung detektierbar sind. Sowohl beim internen wie beim externen Sinuslift haben klinische Studien gezeigt, dass die Präparation mittels Piezochirurgie mit niedrigeren Perforationsraten assoziiert war als andere Osteotomieverfahren [Stelzle und Benner, 2011; Wallace et al., 2007]. Abgesehen von der Art des Präparationsinstruments bergen die verschiedenen Präparationsarten ein vergleichbares Risiko, eine Perforation der Schneider´schen Membran zu verursachen [Garbacea et al., 2012]. Um dieses Perforationsrisiko zu minimieren, sind eine sorgfältige präoperative Diagnostik und Behandlungsplanung, die schonende und atraumatische Präparation des Knochenfensters sowie der Schneider´schen Membran unter spezieller Technik und Instrumenten als Grundvoraussetzung zu nennen. Selbst bei Anwendung und Beachtung all dieser Maßnahmen kommt es trotzdem immer wieder zu Perforationen [Fugazzotto und Vlassis, 2003].Zur Detektion einer Perforation kann sowohl die visuelle, die taktile als auch die physiologische Integrität der Schneider´schen Membran beurteilt werden. Bei der Inspektion einer Perforation ist ein dunkles Loch in der Membran zu erkennen. Instrumentell ist eine Abwesenheit der federnden Membran zu spüren. Zudem kann von einer Perforation ausgegangen werden, wenn sich die Membran nicht mehr atemsynchron bewegt, da durch ein Loch in der Membran der Unter- beziehungsweise Überdruck beim Ein- und Ausatmen durch die Perforation ausgeglichen wird.Glücklicherweise führt eine Perforation der Membran nicht ausweglos zu einer misslungenen Sinusbodenelevation. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Operation trotz Perforation sind die Detektion und eine angemessene Therapie einer Membranperforation. In weniger vorteilhaften Fällen besteht die Möglichkeit, dass im Verlauf der Heilung Komplikationen auftreten, die von der Augmentatinfektion bis hin zum Verlust des kompletten Augmentats führen können [Choi et al., 2006].Bei der Präparation der lateralen Zugangskavität für den externen Sinuslift kommt es häufig zu lateralen Perforationen, die leicht zu detektieren sind. Um den Defekt nicht zu vergrößern, ist es wichtig, nicht weiter an der Perforation zu präparieren, sondern durch vorsichtiges Abtragen des umliegenden Knochens weitere unversehrte Membran freizulegen. Durch dieses Manöver wird die einstige laterale Perforation zu einer zentralen Perforation. Zuvor sollte überprüft werden, ob die Wasserkühlung in ausreichendem Maß die Bohrerspitze erreicht, um keine erneute Perforation der Membran zu riskieren. Unter besonderer Vorsicht sollte die umliegende Membran vom darunterliegenden Knochen gelöst werden. Vor dem Einbringen des Knochenersatzmaterials ist es ratsam, eine resorbierbare Kollagenmembran an der perforierten Stelle zu platzieren, um eine Verlagerung des Augmentats in die Kieferhöhle zu vermeiden. Für eine leichtere Applikation der Membran kann diese zuvor T-förmig zurechtgeschnitten werden, wobei der horizontale, obere Anteil über die Perforation gelegt wird, während der vertikale Anteil aus der Zugangskavität ragt und unmittelbar vor dem Verschluss nach innen geklappt wird. In seltenen Fällen ist eine Augmentation des Sinusbodens nicht möglich. Dabei kann die Schneider´sche Membran mit einer resorbierbaren Membran abgedeckt werden. Autogene Membranen aus A-PRF können zusätzlich zum Einsatz kommen (Abbildungen 3d und 3e).
Bei einer Perforation im Rahmen des internen Sinuslifts ist es deutlich schwieriger, die Perforation zu erkennen, da sie weiter von der Knochenoberfläche entfernt liegt und schwieriger zu spülen ist als beim lateralen Fenster. Aus diesem Grund kommt zur Detektion der Perforation primär die taktile Überprüfung – mittels stumpfer Sonde – zum Einsatz. Vorteilhafterweise weicht das Komplikationsmanagement nur leicht von der regelrechten Therapie ab. Von der Applikation eines Knochenersatzmaterials sollte in diesem Fall abgesehen werden, wobei das Einbringen von A-PRF einen positiven Effekt auf die Perforationsheilung haben kann.Eine klinische Studie hat gezeigt, dass eine intentionelle Perforation der Schneider´schen Membran im Rahmen eines internen Sinuslifts nicht mit einer verringerten Implantatüberlebensrate (98,4 Prozent) assoziiert war. Jedoch hatte eine vergleichbar große Anzahl der Patienten (7/56) postoperativ leichtes Nasenbluten, während ein Patient eine Sinusitis aufwies [Jung et al., 2006].
Sinusitis
Im Rahmen der Sinusbodenelevation kann es reaktiv zu einer Sinusitis kommen. Diese kann durch eine Perforation der Schneider´schen Membran, durch Fremdkörper in der Kieferhöhle oder durch die Verschleppung von Bakterien begünstigt werden. Die Therapie sollte sich aus der lokalen Anwendung von abschwellenden Nasentropfen, systemischen Antiphlogistika und gegebenenfalls einer Nasenspülung zusammensetzen. Bei anhaltenden Sinusitiden sollte eine bildgebende Diagnostik erfolgen, um die Belüftung der Kieferhöhle zu beurteilen und mögliche Fremdkörper oder Pathologien zu entdecken. Je nach Befund wird dann eine entsprechende Therapie eingeleitet.
TECHNIKEN ZUM VERMEIDEN EINES SINUSLIFTS
Beim Verzicht auf eine Sinusbodenelevation werden auch die damit verbundenen Komplikationsrisiken vermieden. Um Patientinnen und Patienten trotz systemischer oder lokaler Vorerkrankungen mit Implantaten zu versorgen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine Sinusbodenelevation zu vermeiden. Hierzu zählen biologische, geometrische sowie technische Methoden.
Ridge Preservation
Die Ridge Preservation ist eine chirurgische Methode, bei der nach der Extraktion eines Zahnes die Alveole mit Knochenersatzmaterial aufgefüllt wird. Hierdurch kann die Resorption des Alveolarkamms reduziert werden [Jung et al., 2013]. Die reduzierte Resorption des Knochenkamms könnte die Wahrscheinlichkeit für die Durchführung einer Sinusbodenelevation verringern.
Implantatposition
Bei teilweise oder vollständig zahnlosem und atrophem Oberkiefer kann eine anteriore Positionierung von Implantaten mit Angulation nach distal die Therapie mit einem Sinuslift abwenden. Voraussetzungen hierfür sind ausreichend knöcherne Platzverhältnisse und die Anwendung angulierter Abutments. Ein Nachteil dieser Technik ist die geringere Distanz zwischen den Implantaten im Vergleich zu weiter posterior inserierten. Dies geht mit einem kleineren Unterstützungspolygon der Prothesen und einer geringeren posterioren Belastbarkeit einher.
Kurze Implantate
Bei moderater Verringerung der knöchernen Distanz zwischen krestalem Knochen und Kieferhöhlenboden von 4 – 6 mm können kurze Implantate zum Einsatz kommen. Bei der Aufklärung über kurze Implantate ist es wichtig, die Patientinnen und Patienten darauf aufmerksam zu machen, dass im Vergleich zu Standardlängen-Implantaten das Risiko technischer Komplikationen wie Implantat- oder Abutmentfraktur erhöht ist [Papaspyridakos et al., 2018].
Zygoma-Implantate
Zygoma-Implantate zeichnen sich durch eine besondere Länge aus und werden im Os zygomaticum verankert. Zusätzlich kann das Implantat durch den krestalen Oberkieferknochen stabilisiert werden. Der Insertion eines Zygoma-Implantats sollte eine intensive Planungsphase mithilfe digitaler dentaler Volumentomografie vorausgehen, um eine Verletzung der umliegenden Strukturen zu vermeiden. Im Rahmen der Informierten Einwilligung müssen Patientinnen und Patienten über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Konzepte umfassend aufgeklärt werden.