Neujahrsempfang von BZÄK und KZBV

Zahnärzte nehmen Lauterbach in die Pflicht

Erstmals seit 2019 konnten Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung wieder zum traditionellen Neujahrsempfang nach Berlin einladen. Zahlreiche Gäste aus der Politik und dem Gesundheitswesen nutzten die Gelegenheit zum persönlichen Austausch.

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Prof. Dr. Christoph Benz, sprach sich in seiner Begrüßungsrede für die Rückbesinnung auf die Bedeutung der kleinen Praxen für die ambulante Versorgung aus: „Wir haben sehr lange den Wert der kleinen Praxis im besten Fall nicht wahrnehmen wollen oder im schlechteren Fall auch kleingeredet. Wir müssen erkennen, dass 80 bis 90 Prozent der Leistungen, die ein Patient erwartet oder wünscht, bei den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen erfüllt werden.“

Insbesondere die erforderliche Versorgung im ländlichen Raum werde – bei allen bestehenden Problemen – vor allem durch die Niedergelassenen abgedeckt, sagte Benz den Gästen in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft. Gleichzeitig stellten die kleinen Einheiten ein „selbstlimitierendes System“ gegen unangemessene Leistungsausweitungen dar.

Benz ging auch erneut auf das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) und seinen fatalen Einfluss auf die Parodontitis-Versorgungsstrecke ein. Als Erfolg nannte er die zusammen mit dem PKV-Verband und der Beihilfe gefundenen Regelungen zur Übertragung der Paro-Behandlung in die Private Krankenversicherung.

Benz bricht eine Lanze für die kleinen Praxen

Der BZÄK-Präsident kritisierte außerdem die nach wie vor nicht zufriedenstellende Telematik-Infrastruktur in den Praxen. Es sei wichtig, die Expertinnen und Experten aus der Praxis stärker in die Umsetzung einzubinden. Lobend hob Benz das seit dem 1. Januar verpflichtende Elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ), das die KZBV auf den Weg gebrachte hatte, hervor. „Ich höre sehr viel Lob aus der Praxis dazu“, erklärte er.

Sepp Müller (CDU), stellvertretender Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion, dankte den deutschen Zahnärztinnen und Zahnärzten und ihren Teams für ihren Einsatz während der Corona-Pandemie und griff dann das Thema zahnärztliche Versorgung im ländlichen Raum auf. Er verwies auf die in den nächsten Jahren bevorstehenden Praxisaufgaben auf dem Land. Als Gegenmaßnahme nannte er einen notwendigen Masterplan Medizinstudium für die Human- und Zahnmedizin. Gleichzeitig warf Müller Versorgungsbezirke als Lösungsansatz in den Raum.

Kappert-Gonther: Gesunde Zähne als Garant für Teilhabe

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Grüne), stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsgesundheitsausschusses, wies in ihrem Grußwort auf die Bedeutung der Mundgesundheit für die gesellschaftliche Teilhabe hin. Aus ihrer Sicht sei dies auch bei uns „zunehmend eine Frage der sozialen Möglichkeiten und des Einkommens“. Die Tätigkeit der Zahnärztinnen und Zahnärzte sei deshalb „weit mehr als die eigentliche Arbeit am Zahn, sie ist vielmehr eine Arbeit für Teilhabe, für Interaktion und Begegnungschancen“, sagte die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie.

Kappert-Gonther ging im Anschluss auf das angekündigte MVZ-Gesetz ein, das den Einfluss von Kapitalinvestoren auf die Versorgung endlich eindämmen soll. Sowohl für die Ampel als auch für die Opposition spiele eine Rolle, dass das MVZ-Gesetz „das tut, was es tun soll, nämlich sicherzustellen, dass Transparenz dazu führt, dass die notwendige medizinische Versorgung bei den Menschen ankommt“.

Eßer: Transparenz allein reicht bei iMVZ nicht aus

Diesen Punkt griff dann der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer in seiner Rede auf. Allerdings beließ er es nicht bei der Forderung nach Transparenz über die Eigentumsstrukturen von iMVZ. „Soll unser Gesundheitssystem auch in Zukunft gemeinwohlorientiert und freiberuflich geprägt bleiben, brauchen wir jetzt dringend eine räumlich-fachliche Gründungsbeschränkung für Krankenhäuser und ein Transparenzregister für MVZ“, erklärte Eßer und fügte hinzu: „Nur so kann das bislang ungehinderte Wachstum investorengeführter MVZ endlich effektiv begrenzt werden.“

Er hoffe, dass – der nicht anwesende – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seinen zu Weihnachten veröffentlichten Tweet ernst gemeint habe, als er „vom letzten schönen Weihnachtsfest für profitorientierte Ketten von Arztpraxen“ gesprochen habe.

Insgesamt stellte Eßer einen Klimawandel zwischen freiberuflich tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzten und den Körperschaften im Verhältnis zu Lauterbach fest. Die Expertise der Zahnärzteschaft zu wichtigen Reformvorhaben außen vorzulassen – wie jüngst bei der Krankenhausreformkommission geschehen – und die Akteure der Selbstverwaltung als Lobbyisten zu bezeichnen, „markiert einen Tiefpunkt einer bislang vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit“, erklärte Eßer den Gästen des Neujahrsempfangs. Man müsse die Frage stellen, ob das Subsidiaritätsprinzip aufgekündigt werden soll.

Statt die Erfolge der Zahnärzteschaft für die Verbesserung der Mundgesundheit der deutschen Bevölkerung anzuerkennen, habe die Bundesregierung den Zahnärztinnen und Zahnärzten mit dem GKV-FinStG die strenge Beschneidung des Honorarwachstums und die Wiedereinführung der strikten Budgetierung auferlegt. Die Leidtragenden dieser Politik seien die Patientinnen und Patienten, betonte Eßer mit Blick auf die Parodontitis-Versorgungsstrecke.

„Deshalb appelliere ich in aller Dringlichkeit an die Verantwortlichen und den Minister, diese versorgungspolitische Fehlentscheidung im angekündigten Folgegesetz zu korrigieren und schnellstmöglich auch die strikte Budgetierung wieder rückgängig zu machen“, warf Eßer den anwesenden Politikerinnen und Politikern der Ampel-Koalition entgegen.

Zum intensiven Austausch über Themen wie iMVZ und GKV-FinStG blieb den Gästen nach den Eröffnungsreden dann noch genug Zeit.

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