Die GOZ und der notwendige Gang nach Karlsruhe
Über die Gebührenordnung für Zahnärzte ist bereits so viel gesprochen und geschrieben worden, dass man ganze Bücher füllen könnte. Denn wenn es einen Daueraufreger gibt, dann ist es die ausstehende GOZ-Reform. Gerne wird dann der Vorwurf an die Selbstverwaltungsorgane gerichtet, sie würden nicht genug dafür tun oder hätten gar versagt. Dabei wird dann gerne vergessen, dass es Aufgabe der Politik ist, Gebührenordnungen zu erlassen. Der Verordnungsgeber kommt seiner Pflicht jedoch seit Jahren nicht nach! Das Nicht-Agieren von SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach in Sachen GOÄ und GOZ lässt nicht darauf schließen, dass dies in naher Zukunft anders wird. Vielmehr wird deutlich, dass der Minister eine Weiterentwicklung der ambulanten Versorgung auf freiberuflicher Basis nicht auf der Agenda hat. Seine Vorstellungen vom deutschen Gesundheitswesen gehen bekanntlich in eine ganz andere Richtung.
Dabei wurde der GOZ-Punktwert seit 1988 nicht erhöht. Es gibt inzwischen Zahnärztinnen und Zahnärzte, die waren noch nicht einmal geboren, als der Punktwert das letzte Mal angepasst wurde. Die Zahnärzteschaft ist damit die Gruppe unter den Freiberuflern, bei der eine Anpassung am längsten zurückliegt.
Also was tun, wenn das Vorbringen sachlicher Argumente seitens der Standespolitik in Dauerschleife keinen Erfolg hat? Es lohnt sich auf jeden Fall, die Möglichkeiten der geltenden GOZ stärker ins Auge zu fassen. Der Ihnen hinlänglich bekannte § 5 ermöglicht im Einzelfall zwar Steigerungen. Allerdings nur, wenn die Steigerung mit den in der GOZ genannten Umständen begründet werden kann. Eine allgemeine Teuerung ist keine medizinische Begründung, § 5 also dafür nicht einschlägig.
§ 6 Abs. 1 spielt in den Fällen eine Rolle, die entweder nicht in der GOZ oder in dem für die Zahnärzte geöffneten Teil der GOÄ beschrieben sind, zum Beispiel weil sie sich in ihrer wissenschaftlich-fachlichen Weiterentwicklung so weit von der ursprünglichen Leistungsbeschreibung entfernt haben, dass sie seinerzeit gar nicht erfasst sein konnten. Aktuelles Beispiel: die Empfehlungen des Beratungsforums zur Analogberechnung im Bereich der neuen PAR-Behandlungsstrecke.
Ein Ausgleich der Teuerung kann letztlich rechtswirksam nur mittels einer Vereinbarung mit dem Patienten nach § 2 Abs.1 und 2 erfolgen. Aus Bequemlichkeit oder Angst vor Nachfragen auf Honorar zu verzichten, ist mit Blick auf die verweigerte Weiterentwicklung der GOZ nicht mehr zeitgemäß und im Sinne einer qualitätsgesicherten Versorgung auch gar nicht mehr vertretbar.
Denn eins ist auch klar: Je mehr Kolleginnen und Kollegen auf die Vergütungsvereinbarung zurückgreifen, umso stärker wächst der politische Druck. Jede einzelne Vereinbarung ist ein Beleg dafür, dass die GOZ nicht mehr auskömmlich ist.
Und doch: Es ist und bleibt eine Zumutung für den Berufsstand und alle Patientinnen und Patienten, ein auskömmliches zahnärztliches Honorar angesichts einer Entwertung von inzwischen 78 % seit 1988 nur auf dem Wege von Formularen und Vereinbarungen erzielen zu können. Insbesondere, wenn anderen Freien Berufen mit staatlich geregelten Gebührenordnungen regelmäßig Anpassungen vom Verordnungsgeber als Teuerungsausgleich zugesprochen werden. Es ist also erneut an der Zeit, diesen offensichtlichen Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes auf den Prüfstand zu stellen. Die Bundeszahnärztekammer hat deshalb beschlossen, eine Verfassungsbeschwerde anzustoßen und zu begleiten. Wir haben einen namhaften Verfassungsrechtler mit der Vorbereitung beauftragt. Nach einer gründlichen Ausarbeitung werden wir den Weg nach Karlsruhe beschreiten.
Der Weg kann lange dauern, so richtig er ist. Bis dahin bleibt uns nichts anderes, als die betriebswirtschaftlichen Zwänge und Realitäten in unseren Praxen mittels der dafür vorgesehene Paragrafen in der GOZ realistisch abzubilden. Die Zahnärztekammern landauf, landab unterstützen Sie und Ihr Team darin. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Dr. Romy Ermler
Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer