„Wer budgetiert, rationiert!“
Mit einer engagierten Rede eröffnete Jost Rieckesmann, Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, den wissenschaftlichen Kongress des 68. Zahnärztetages. Das Thema des Kongresses „Parodontologische Behandlungskonzepte – wichtiger denn je!“ ordne sich ein in einen Paradigmenwechsel, der sich in den vergangenen 20 Jahren langsam, aber stetig vollzogen habe: „Weg von der reparativen, hin zur restaurativen und darüber hinaus zur präventiven Zahnheilkunde.“ Diese Entwicklung habe Deutschland weltweit auf einen Spitzenplatz in der Zahngesundheit geführt. „Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Ihre Erfolge, die Erfolge in unseren Praxen. Darauf können wir alle mit Recht stolz sein. Und das ganz ohne Investor-finanzierte MVZs. Aber das nur nebenbei“, sagte Rieckesmann.
Ignoranz und abgrundtiefes Misstrauen beim Minister
Angesichts dieser Erfolge sei es deshalb umso unverständlicher, wenn nun die Leistungsfokussierung auf die Parodontitis, Zahnvolkskrankheit Nr. 1 im Erwachsenenalter – mit vielen allgemeinmedizinischen Implikationen, ausgebremst werde. Rieckesmann beklagte „das in jeder Weise ignorante, ja gefährliche gesundheitspolitische Verhalten des Bundesgesundheitsministers, der wissend (!) die von der Wissenschaft und der verfassten Zahnärzteschaft im Verein mit den Patientenvertretern, dem gemeinsamen Bundesausschuss und dem vormaligen Gesundheitsministerium auf den Weg gebrachte Neustrukturierung der PAR-Behandlung durch Einführung eines strikten Budgets zu großen Teilen verunmöglicht hat“ und ergänzte: „Wer budgetiert, rationiert!“. Damit stünden jetzt beinahe alle GKV-Patienten, die eine behandlungsbedürftige Parodontalerkrankung haben, im Regen. Ein solches Verhalten sei „nur mit einem nachgerade abgrundtiefen Misstrauen und notorischer, politisch-ideologisch intendierter Gegnerschaft zur ambulant und freiberuflich tätigen Zahnärzteschaft zu erklären“, so Rieckesmann.
Apollonia-Stiftung unterstützt Mundhygiene-Projekt
Seitdem die Bundeszahnärztekammer vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege zur Mitarbeit am „Expertenstandard Förderung der Mundgesundheit in der Pflege“ eingeladen wurde, hat sich der Berufsstand vielfältig für dieses Thema eingesetzt. Auf dem Zahnärztetag stellten Dr. Elmar Ludwig, Ulm, und Prof. Dr. Annett Horn, Münster, nun das von der Apollonia-Stiftung unterstützte Projekt „Förderung der Mundhygiene in der Pflege“ vor. Gefördert wurden ein interprofessioneller Workshop von Vertretern aus Zahnmedizin und Pflege und die Internetplattform www.mund-pflege.net. Die Plattform adressiert in erster Linie Pflegefachkräfte, kann aber mit ihren umfangreichen Informationen auch als Wissensquelle für das Praxispersonal dienen. Ein Gewinn für die Nutzer dürften vor allem das reichhaltige Bildmaterial und die praxisnahen Videosequenzen zu speziellen Pflegesituationen sein.