„Meine Gründer-Geschichte“

Von der Ordensschwester zur Praxischefin

Ihr Lebenslauf beginnt gradlinig: Zahnmedizinstudium, Promotion, die ersten Berufserfahrungen als angestellte Zahnärztin – und dann: der Eintritt ins Kloster. Heute kann Ordensfrau Sr. Dr. Ida-Maria Kastner beide Berufungen miteinander verbinden. Die 37-Jährige führt eine Zahnarztpraxis in Auerbach, einer kleinen Stadt in der Oberpfalz, in direkter Nähe zum Kloster.

Mit ihrem weißen Schleier und dem weißen Kleid ist die Praxisinhaberin auf den ersten Blick als Ordensschwester erkennbar. Aus diesem Grund stellt sich Dr. Kastner ihren Patientinnen und Patienten auch lieber als „Schwester Ida-Maria“ vor, da es bei Ordensschwestern üblich ist, mit dem Ordensnamen genannt zu werden.

Und auch auf den zweiten Blick unterscheidet sich die Praxis „Schulschwestern von Unserer Lieben Frau“ von anderen Zahnarztpraxen: So liegen im Wartezimmer christliche geprägte Zeitschriften, in den Behandlungszimmern finden sich Kreuze an den Wänden und dezente Lobpreis-Musik – oder Stille – klingt durch die Flure. „Wie viele andere Praxen bemühen wir uns, die Patienten mit fachlicher Kompetenz und gleichzeitig mit herzlicher Nähe gut zu betreuen“, erklärt Sr. Ida-Maria. „Mir ist es zudem ein großes Anliegen, dass die Belange der Praxis und die Behandlungen im Gebet mitgetragen sind.“ Das biblische Wort Jesu „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Matthäus 25,40) stelle einen hohen Anspruch dar. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dieser Blickwinkel lebensverändernd ist“, betont die 37-Jährige.

Erst nach ihrem Examen spürte Ida-Maria Kastner ihre geistliche Berufung und trat ins Kloster der bayerischen Schulschwestern „Von Unserer Lieben Frau“ ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits mehrere Jahre als angestellte Zahnärztin gearbeitet. Doch vor dem Eintritt in den Orden war zunächst nicht klar, ob sie weiter ihrem erlernten Beruf nachgehen würde. Doch schnell zeigte sich die Möglichkeit der Vereinbarkeit im Angestelltenverhältnis. Und nach und nach haben sich mehrere Dinge glücklich gefügt: „Kurz nach mir ist eine weitere junge Zahnärztin in den Orden eingetreten. Zudem hatte ich seit meinem Examen schon einiges an Berufserfahrung sammeln können, sodass ich bereit war, beruflich mehr Verantwortung zu übernehmen. Dabei sei dankbar erwähnt, dass ich in jeder Praxis, in der ich angestellt war, viel gelernt habe und die Erfahrungen aus der Assistenz- und Angestelltentätigkeit für mich sehr wertvoll sind“, erläutert Sr. Ida-Maria. „Letztlich war jedoch ausschlaggebend, dass eine Auerbacher Praxis 2021 aus Altersgründen abzugeben war.“ So kam es, dass sie sich im September 2021 in eigener Praxis niederließ.

Ihr Tag beginnt um 04:45 Uhr

Bald darauf fiel der Entschluss für einen Neubau in der Nähe des Klosters, der Umzug erfolgte im April 2023. Zwei Mitschwestern arbeiten nun ebenfalls in der Praxis mit: „Wir sind ein wunderbar gemischtes Team, das geprägt ist von bodenständiger Aufrichtigkeit und authentischer Fröhlichkeit“, erzählt die Praxisinhaberin. „Bei allem Bemühen um Fortbildung, Effizienz und Fortschritt, dürfen der Humor und das Persönliche nicht zu kurz kommen. Es ist wichtig, 'selber sein zu dürfen' und auch den anderen so anzunehmen. Ich erfahre die Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeiterinnen mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten und Stärken als große Bereicherung.“

Aber wie lässt sich das Ordensleben mit der Tätigkeit als Praxischefin vereinbaren? „Durch die auf den Klosteralltag abgestimmten Öffnungszeiten lässt es sich organisatorisch gut einrichten. Dennoch stehen wir früh auf“, lacht Sr. Ida-Maria. Um 04:45 Uhr beginnt der Tag. Nach Morgengebet (Laudes) folgen Stille, die Heilige Messe und das Frühstück. Gegen 07:30 Uhr geht es dann „nach nebenan“ in die Praxis. Es folgt die Behandlungszeit am Vormittag, „Mittags gibt es ein leckeres Essen aus der Klosterküche und in der Mittagspause mache ich oft einen kurzen Spaziergang zur Grotte im kleinen Klosterpark“, berichtet Sr. Ida-Maria weiter. Nachmittags folgt noch einmal eine Behandlungszeit, bevor es am Abend mit Gebetszeit (Vesper), Abendessen, Anbetung und Komplet ins klassische Abendprogramm des Klosters übergeht. Ab 20.30 Uhr beginnt dann das „große Schweigen“ und es herrscht Stille im Haus, bis am nächsten Morgen der Wecker klingelt. „Inhaltlich sehe ich es als eine Form der ausgeübten Nächstenliebe. Unser Ordensgründer, der Heilige Pierre Fourier, hat aufgefordert, 'unermüdlich Gutes zu tun' – ein starker Ansporn."

So unterschiedlich kann Praxis sein – Wir erzählen Ihre Gründer-Geschichte!

Welche Umstände bieten optimale Entfaltungsmöglichkeiten, eine gute Work-Life-Balance und Zufriedenheit mit dem Beruf? Die Antworten auf diese Fragen fallen so unterschiedlich aus, wie die Lebensentwürfe individuell verschieden sind.

Die zm-Redaktion möchte von Ihnen wissen: Warum haben Sie sich für die Niederlassung entschieden? Durch welche Höhen und Tiefen mussten Sie seitdem schon gehen? Schreiben Sie uns! Wir möchten die Geschichte Ihrer Praxis erzählen – mit Anekdoten, die Sie zum Lachen bringen und die Sie auch schon verzweifeln ließen.

  • Was zeichnet Ihre Praxis , Ihren Standort, Ihr Team aus?

  • Aus welchen Gründen haben Sie sich für die Niederlassung entschieden? Was würden Sie heute anders machen?

  • Verraten Sie uns eine Anekdote: Was war das Beste/Schlimmste, das Ihnen als Praxischef bisher passiert ist?

  • Welchen Tipp haben Sie für andere Gründer?


Gerne möchten wir auch Ihre Praxis in unserer neuen zm-Serie „Meine Gründer-Geschichte“ vorstellen. Schreiben Sie uns eine E-Mail an: zm@zm-online.de; Stichwort: Gründer-Geschichte.

Die brave Tante behandelt auch Böhse Onkelz

Ob die Patienten zu Sr. Ida-Maria kommen, weil sie auch Ordensfrau ist, oder obwohl sie es ist, weiß die Zahnärztin im Einzelnen oft nicht. „Viele kommen gerne zu uns und haben großes Vertrauen.“ Wie zum Beispiel der ängstliche Rocker mit dem 'Böhse Onkelz'-Shirt“, erinnert sich Sr. Ida-Maria und lacht. „Wir konnten bei ihm das Eis brechen, indem wir ihm versicherten, dass wir die 'braven Tanten' sind.“

Welchen Tipp hat die Ordensfrau für andere Praxisgründer? „Groß träumen, fleißig anpacken und demütig bleiben“, betont Sr. Ida-Maria und zitiert abschließend Dr. Johannes Hartl: „Gebet ist nicht alles, aber ohne Gebet ist alles nichts!“

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