Wie die Lichtverschmutzung der Gesundheit schadet
Unter dem Begriff „Lichtverschmutzung" versteht die Wissenschaft alle negativen Folgen übermäßiger nächtlicher Lichtexposition auf Umwelt und Mensch. Ein internationales Forschungsteam der MedUni Wien hat nun in einer Studie die schädlichen Auswirkungen der Lichtverschmutzung durchleuchtet. Die Übersicht ist im Journal Science erschienen.
Belege aus kontrollierten Laborstudien zeigen, dass nächtliche Lichtexposition das visuelle System belasten, die zirkadiane Physiologie stören, die Melatoninsekretion unterdrücken und den Schlaf beeinträchtigen kann, schreiben die Forschenden. „Es gibt immer mehr Arbeiten, die auf nachteilige Auswirkungen der Außenbeleuchtung auf die menschliche Gesundheit hinweisen, einschließlich des Risikos chronischer Krankheiten, aber dieses Wissen steckt noch in den Kinderschuhen.“
Lichtverschmutzung stört die Reparaturmechanismen
Was man allerdings heute schon weiß: Die nächtliche Lichtverschmutzung kann tiefgreifende Auswirkungen auf Menschen und andere Organismen haben. Dies sei umso relevanter, als dass jüngste Forschungen darauf hindeuten, dass die nächtliche Außenbeleuchtung rapide zunimmt. Zu viel künstliches Licht in der Dunkelheit kann die zirkadiane Physiologie („Biorhythmus“) und damit jene Körperfunktionen beeinträchtigen, die durch den Wechsel zwischen Tag und Nacht getaktet werden. So werden etwa der Schlaf oder die Produktion von Hormonen beeinträchtigt, was zu einer Reihe von chronischen Erkrankungen führen kann: So werden die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs mit der Einwirkung von künstlichem Licht in der Nacht in Verbindung gebracht. Nächtliche Lichtexposition schwächt außerdem das Immunsystem und gilt als Risikofaktor für Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Adipositas und Depressionen.
Darüber hinaus bedeutet die übermäßige nächtliche Lichtexposition Stress für das visuelle System, was ebenfalls Auswirkungen auf den ganzen Körper haben kann. „Denn selbst für Schlafende unbemerkte visuelle Reize können Prozesse in Gang setzen, die lebenswichtige Erholungs- und Reparaturmechanismen stören.“
Die Studien zu den Auswirkungen von nächtlicher Lichteinwirkung zeichnen ein beunruhigendes Bild, sagt Autorin Eva Schernhammer. Allerdings stellte das Team uneinheitliche Vorgangsweisen bei den Studien fest, die zu teilweise abweichenden Ergebnissen führen. „Vor dem Hintergrund der zunehmenden Problematik plädieren wir daher dringend für weitere wissenschaftliche Untersuchungen, die zum Beispiel Überlegungen zu individueller Lichtexposition auch in Innenräumen einschließen“, so die Erstautorin. Eine eindeutige Studienlage sei nötig, um gesicherte Empfehlungen für eine gesündere nächtliche Außenbeleuchtung formulieren zu können und politisch Verantwortliche von Maßnahmen zur Reduzierung der Lichtverschmutzung zu überzeugen.
Die Studie:
K. M. Zielinska-Dabkowska, E. S. Schernhammer, J. P. Hanifin et al.: Reducing nighttime light exposure in the urban environment to benefit human health and society; doi: 10.1126/science.adg5277