Personalmangel in Zahnarztpraxen spitzt sich weiter zu
Die Bundesagentur für Arbeit bewertet in ihrer Engpassanalyse jährlich die Fachkräftesituation in Berufen für Fachkräfte, Spezialisten und Experten. Idee der Analyse ist es, verschiedene Kennzahlen zu kombinieren, die jeweils Hinweise auf Engpässe geben können. Zu diesem Zweck werden von der Arbeitsagentur sechs Indikatoren herangezogen und mit Punkten von 0 bis 3 bewertet. Wenn der daraus gebildete durchschnittliche Gesamtwert zwischen 2 und 3 Punkten liegt, handelt es sich um einen Engpassberuf. Zwischen 1,5 und 2 Punkten gibt es erste Anzeichen für einen zukünftigen Engpass und unter dem Schwellenwert von 1,5 Punkten handelt es sich um keinen Engpassberuf. Der Beruf der Zahnmedizinischen Fachangestellten war in der Engpassanalyse bereits in den Vorjahren stets einer der Fachberufe mit dem höchsten Gesamtwert. Nun hat sich die Situation nochmals verschlechtert: In der aktuellen Analyse 2022 erreicht er einen Gesamtwert von 2,8 und liegt damit – zusammen mit fünf anderen Berufen – auf dem ersten Platz der Fachberufe mit dem höchsten Fachkräftemangel.
Nach den Pflegeberufen ist der ZFA-Beruf der beschäftigungsstärkste Beruf mit einem derart hohen Engpasswert. Ein Mangel in diesem Bereich hat also erhebliche Auswirkungen, weil besonders viele Betriebe betroffen sind – hier also eine Vielzahl von Zahnarztpraxen in Deutschland. Und die Knappheit ist flächendeckend: Es gab zwar keine regionale Auswertung für die ZFAs, aber in der übergeordneten Kategorie der Arzt- und Praxishilfe zeigt sich in nahezu allen Bundesländern ein Engpass. Generell sind Gesundheitsberufe stark betroffen: Pflegeberufe, ZFA und MFA sind in den Top Ten der beschäftigungsstärksten Fachberufe, bei denen ein Engpass vorliegt.
Und wie sieht die Personalsituation in den Arztpraxen aus?
Obwohl die Arztpraxen in der Engpassanalyse nicht so dramatisch abschneiden wie die Zahnarztpraxen, zeichnet eine Befragung des Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) ebenfalls ein von zunehmender Personalknappheit geprägtes Bild. In einer Sonderbefragung – analog zum Sonderfragebogen in der ZäPP-Erhebung 2023 bei den Zahnarztpraxen – gaben 30 Prozent der befragten Arztpraxen an, dass sie aufgrund von Personalmangel Einschränkungen in der Delegationsfähigkeit an nicht-ärztliches Personal sehen. In 13 Prozent der Praxen führt dies bereits zu einer Leistungsreduktion für die Patienten.
Ein weiteres Alarmsignal ist, dass nur 33 Prozent des nicht-ärztlichen Personals beim Verlassen einer Praxis im Gesundheitssystem bleiben (etwa in eine andere Praxis, ein MVZ oder den stationären Bereich wechseln). Die allgemeine Betroffenheit der Gesundheitsberufe durch den Fachkräftemangel erschwert die Situation in den Zahnarztpraxen zusätzlich: Der Wettbewerb um qualifiziertes nicht-ärztliches Personal wird sich zuspitzen. Für die Zahnarztpraxen wird es dabei angesichts der Lohnsituation zunehmend schwieriger, Personal langfristig zu binden.
Die Lohnsituation für ZFA ist prekär. Der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit weist ein mittleres monatliches Bruttogehalt von 2.382 € aus. Bei der Entgeltsituation liegt damit der ZFA-Beruf weit abgeschlagen auf den hintersten Rängen der beliebtesten dreijährigen Ausbildungsberufe. Auch im Vergleich zu anderen Gesundheitsberufen schneiden ZFA schlecht ab: So beträgt der Lohnabstand zu Sozialversicherungsfachangestellten 30 Prozent! Die drohenden Folgen: Zahnarztpraxen werden zunehmend Fachkräfte an andere Bereiche verlieren und Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen.
Die GKV-FinStG-Sparzwänge diktieren weiter die Lohnsituation bei den ZFA
Der Begriff des Pflegenotstands ist seit Jahren im öffentlichen Bewusstsein präsent. Die Politik reagierte in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Gesetzen zur Stärkung der Pflege – auch mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte zu verbessern. Entsprechende Bemühungen fehlen für den zahnärztlichen Bereich: Im Gegenteil wird hier durch den Sparzwang des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes eine höhere Entlohnung der Beschäftigten unmöglich gemacht. Hannelore König, Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe, fand dafür auf dem Protesttag am 8.9. in Berlin unmissverständliche Worte: „Die permanente Verweigerung der Bundesregierung, die ärztliche und zahnärztliche Vergütung zu erhöhen, ist mit ein Grund dafür, dass ZFA und MFA den Praxen den Rücken kehren.“
Eine Hauptbedingung zur Beseitigung des Fachkräftemangels ist die Beseitigung der Lohnungerechtigkeit in den Gesundheitsfachberufen. Aus eigenen Mitteln können die Zahnarztpraxen diese Herkulesaufgabe nicht stemmen: Erforderlich sind höhere Honorare, also eine angemessene Finanzierung der personalintensiven Leistungen, die von Zahnärzten und Fachangestellten in den Praxen erbracht werden. Nur so haben die Zahnärzte als Arbeitgeber den nötigen Spielraum, um wettbewerbsfähige Gehälter zu zahlen.
Beantworten Sie den ZäPP-Sonderfragebogen zum Fachkräftemangel!
Die sechste Runde des ZäPP hat im September begonnen.In der neuen Erhebungswelle 2023 wird zusätzlich zum bekannten Fragebogen mit einem Sonderfragebogen das wachsende Problem des Fachkräftemangels in Zahnarztpraxen fokussiert. Welches Ausmaß der Fachkräftemangel in Zahnarztpraxen jetzt schon einnimmt, belegt nicht nur die Höchstplatzierung des ZFA-Berufs in der Engpassanalyse.
Der Sonderfragebogen soll nun die Personalsituation in den Zahnarztpraxen differenziert erheben und handfeste Fakten schaffen. Gibt es Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden? Welche Maßnahmen treffen die Zahnärzte gegen einen Personalengpass? Wie ist die Situation bei den Auszubildenden? All dies sind Fragen, deren Beantwortung für ein vollständiges Bild der Lage wichtig ist. Darüber hinaus werden mögliche Konsequenzen des Personalmangels eruiert. Eine Teilnahme am ZäPP unterstützt die gesamte Zahnärzteschaft sowie eine flächendeckende, wohnortnahe und qualitativ hochwertige Versorgung!
Weitere Informationen unter www.zäpp.de oder auf der Homepage der KZBV.