Oberlandesgericht Hamburg

Wer Arbeitgeber schlecht bewertet, bleibt nicht anonym

Arbeitgeber-Bewertungsportale erfreuen sich großer Beliebtheit. Ohne Namensnennung kann man sich dort über den aktuellen oder ehemaligen Arbeitgeber äußern. Jetzt stärkt ein Urteil die Rechte von Unternehmen.

Bewertungsportale können verpflichtet sein, dem bewerteten Unternehmen den Klarnamen des Verfassers der Bewertung mitzuteilen, urteilte das Oberlandesgericht Hamburg. Die aktuelle Entscheidung ordnet der Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott vom Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA) ein. „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels will sich der Bewerber seinen möglichen zukünftigen Arbeitgeber genau anschauen. Wenn man dort keinen kennt, den man aus erster Hand befragen kann, liegt der Blick in Bewertungsportale im Internet nahe“, schreibt er. Doch auch wenn der Gesamteindruck der Bewertungen auf Portalen Kununu, Meinchef, Jobvoting & Co. hilfreich sein mag, kämpften Unternehmen regelmäßig mit vereinzelten nicht repräsentativen Bewertungen und unwahren Aussagen.

„Ein häufiger Fall aus Sicht von Unternehmen: Ein Mitarbeiter verlässt unzufrieden das Unternehmen oder wird in der Probezeit gekündigt, daraufhin folgt postwendend eine schlechte Bewertung als Retourkutsche“, beschreibt Fuhlrott eine typische Situation.

Wenn es heißt: „Empathie ist ein Fremdwort“ ...

Ähnlich war der Fall, den das Oberlandesgericht Hamburg (Beschl. v. 8.2.2024, Az.: 7 W 11/24) kürzlich zu beurteilen hatte. Im Bewertungsportal trugen verschiedene Personen negative Bewertungen über ihren vormaligen Arbeitgeber ein. Unter anderem erfolgten Äußerungen wie „Empathie ist ein Fremdwort“, „Vorgesetztenverhalten: Setzen Sechs! Man ist nur eine Nummer“ oder „Veraltete Technik. Gebrauchte Computer statt modernem Arbeitsgerät. Freeware und selbst programmierte Software auf Hobby-Niveau statt lizenzierter Software“.

Der Arbeitgeber war darüber verstimmt. Er forderte die Internetplattform zur Entfernung der aus seiner Sicht unwahren Behauptungen auf. Die negativen Bewertungen seien ausgedacht, jedenfalls passten die Daten zu keinem aktuellen oder ehemaligen Mitarbeiter, argumentierte er. Die Bewertungsplattform wies dies zurück. Sie habe nach dem Hinweis des Unternehmens Unterlagen von den Verfassern der Kommentare angefordert und erhalten, so dass deren Aussage plausibel wirkten und man davon ausginge, dass ein tatsächliches Arbeitsverhältnis bestanden habe.

... ist Schluss mit der Anonymität

Vor dem Oberlandesgericht Hamburg war der Arbeitgeber im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erfolgreich, berichtet der VDAA. „Moniert ein Unternehmen konkrete Punkte am Eintrag, muss das Bewertungsportal nachforschen. Das Bewertungsportal muss prüfen, ob die bewertende Person Arbeitnehmer oder Bewerber bei dem Unternehmen gewesen ist. Im Zweifel muss das Bewertungsportal dazu die Namen der Ersteller der Bewertungen dem Arbeitgeber mitteilen. Denn nur so kann dieser prüfen, ob diese aktuell oder vormals dort Mitarbeiter sind beziehungsweise waren.

Auch der Umstand, dass negative Bewertungen zu Repressalien führen könnten, rechtfertigt nach dem Gericht keine andere Sicht: Ein Arbeitgeber, der im Internet öffentliche Kritik hinnehmen müsse, müsse die Möglichkeit einer Nachprüfung erhalten, da er nur so sich in der Sache positionieren könne.

Erlaubt sind nur eigene Wertungen

Arbeitsrechtler Fuhlrott warnt Arbeitnehmer daher vor unüberlegten Äußerungen: „Auch im laufenden Arbeitsverhältnis dürfen Mitarbeiter Kritik am Arbeitgeber äußern. Dies muss aber sachlich und konstruktiv geschehen. Verstöße dagegen können – je nach Intensität – eine Abmahnung bis hin zu einer Kündigung nach sich ziehen.“

Daneben bestehe kein Recht, Unwahrheiten zu äußern. „Während Werturteile wie ,Mir hat es überhaupt nicht gefallen' oder ,Die Arbeitsatmosphäre empfand ich als miserabel' oftmals als eigene Wertung möglich sind, sind unwahre Aussagen wie ,Der Arbeitgeber steht kurz vor der Insolvenz' oder ,Das Gehalt wurde nie pünktlich gezahlt' besonders gefährlich“, erklärt der Arbeitsrechtler.

Bei Unwahrheiten drohen jetzt rechtliche Konsequenzen

Ergibt sich, dass diese nachprüfbaren Aussagen unwahr sind, drohen auch vormaligen Arbeitnehmern rechtliche Konsequenzen. „Es drohen Anwaltsschreiben des Unternehmens, das Unterlassung der Äußerungen verlangt und die Geltendmachung von Schadensersatz“. Für Letzteres müsse das Unternehmen allerdings einen konkreten Schaden darlegen, der oftmals schwer nachweisbar sein wird.

Kostenpflichtige anwaltliche Abmahnungen sollten Arbeitnehmer hingegen regelmäßig nicht akzeptieren: „Im Arbeitsrecht besteht die Besonderheit, dass jede Partei ihre eigenen Kosten im Grundsatz selbst tragen muss. Dies gilt auch für anwaltliche Aufforderungsschreiben“, so Fuhlrott. Auch seien Rechtsstreitigkeiten ehemaliger Arbeitnehmer über Äußerungen auf Bewertungsportalen vor den Arbeitsgerichten auszutragen.

Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss vom 08.02.2024
Az.: 7 W 11/24

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