Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

Chondroides Syringom – ein seltener Tumor der Gesichtshaut

Aydın Gülses
,
Jan-Tobias Weitkamp
,
Henning Wieker
,
Christoph Röcken
,
Jörg Wiltfang
Das sehr seltene chondroide Syringom tritt bevorzugt im Gesicht auf, meist im Bereich der Augenlider, und weist eine glatte, erhabene Oberfläche auf. Der gutartige und meist asymptomatische Tumor ähnelt dem Neuro- und Dermatofibrom, weshalb es schnell fehldiagnostiziert werden kann.

Im Januar 2023 wurde eine 62-jährige Patientin mit einem unklaren Tumor lateral des Mundwinkels rechtsseitig bei uns in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel vorstellig. Anamnestisch war der Befund bereits im August 2020 bemerkt worden und hatte im Verlauf eine langsame Größenprogredienz über drei Jahre gezeigt. Beschwerden, besonders im Sinne einer B-Symptomatik, hatte die Patientin in den Jahren nicht. Aufgrund der Pandemie hatte sie auf eine frühzeitigere Vorstellung verzichtet.

Klinisch zeigte sich eine circa 2,5 cm x 2 cm große, verschiebliche noduläre Läsion mit teilweise ausgeprägter Gefäßzeichnung (Abbildung 1). Differenzialdiagnostisch kamen ein Neurofibrom und ein Dermatofibrom in Betracht. Es folge die Exzisionsbiopsie des Fundes (Abbildungen 2 und 3). Die histopathologische Untersuchung ergab ein chondroides Syringom (Abbildung 5). Innerhalb des ersten Jahres trat kein Rezidiv auf (Abbildung 4).

Diskussion

Chondroide Syringome manifestieren sich typischerweise als kleine, gutartige, langsam wachsende, dermale Tumoren, die häufig im Gesichtsbereich, insbesondere um die Augenlider, auftreten. Sie können auch an anderen Körperstellen wie dem Rumpf, den Extremitäten und den Genitalien vorkommen und werden vermehrt im mittleren Alter beobachtet.

Die Erstbeschreibung chondroider Syringome geht auf Hirsch und Helwig 1961 zurück [Hirsch und Helwig, 1961]. Diese Tumoren sind normalerweise asymptomatisch und imponieren klinisch mit einer glatten, leicht erhabenen Oberfläche. Die Farbe variiert von hautfarben bis zu rötlich-bläulich wie im vorliegenden Fall. Differenzialdiagnostisch kommen Implantationsdermoid, eine Talgzyste, Compound Naevus, ein klarzelliges Hidradenom, ein zystisches Basalzellkarzinom, ein Neurofibrom und ein Dermatofibrom in Betracht [Gottschalk-Sabag und Glick, 1994].

Die genaue Pathogenese der Tumore ist nicht vollständig verstanden [Paik und Liess, 2011]. Angenommen wird, dass sie aus pluripotenten Zellen der ekkrinen Schweißdrüsen und der dermalen Kollagenscheide entstehen. Dementsprechend sind sie den Adnextumoren zugehörig. Eine Assoziation mit bestimmten genetischen Syndromen wie dem Brooke-Spiegler-Syndrom und dem Schöpf-Schulz-Passarge-Syndrom wird diskutiert.

Die Diagnosestellung basiert in erster Linie auf der klinischen Untersuchung und der histopathologischen Analyse. Histologisch sind chondroide Syringome typischerweise durch lobuläre Strukturen gekennzeichnet, die aus mehreren kleinen Zysten bestehen, die von myxoidem Stroma umgeben sind [Paraskevopoulos et al., 2014]. Diese Zysten enthalten eosinophiles Material und gelegentlich Knorpelgewebe.

Therapie der Wahl, vor allem bei ästhetisch störenden Läsionen, ist die chirurgische Resektion. Insgesamt ist eine seltene Rezidivrate des benignen Tumors beschrieben. Wichtig ist die Abgrenzung zur malignen Variante des chondroiden Syringoms. In der Literatur sind die Extremitäten als häufigste Tumorlokalisation beschrieben. Sie machen circa 0,01 Prozent aller primären Hauttumore aus und zeichnen sich durch eine aggressive Metastasierung in lokoregionäre Lymphknoten und die Lunge aus [Nel et al., 2019].

Zusammenfassung

Zusammenfassend sind chondroide Syringome seltene Mischtumore der Haut, die meist im Gesichtsbereich auftreten und schnell fehldiagnostiziert werden können. Aufgrund der Lokalisation sollten diese von Zahnmedizinern und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurginnen bei jedem unklaren, langsam wachsenden, knotigen Tumor der Gesichtshaut differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Die Behandlung der Wahl ist die lokale Exzision im Gesunden. Ein Rezidiv wird auf eine unvollständige Exzision oder eine bösartige Transformation zurückgeführt, die beide sehr selten vorkommen.

Literaturliste

  • Hirsch P, Helwig EB. Chondroid syringoma. Mixed tumor of skin, salivary gland type. Arch Dermatol. 1961;84:835-47.

  • Gottschalk-Sabag S, Glick T. Chondroid syringoma diagnosed by fine-needle aspiration: a case report. Diagn Cytopathol. 1994;10(2):152-5.

  • Paik YS, Liess BD. Chondroid syringoma of the scalp: case report and discussion of clinical features, histopathology, and treatment. Ear Nose Throat J. 2011;90(4):190-1.

  • Paraskevopoulos K, Cheva A, Koloutsos G, Matzarakis I, Vahtsevanos K. Chondroid syringoma of the medial canthus. Case Rep Otolaryngol. 2014;2014:158527.

  • Nel CE, van der Byl D, Grayson W. Malignant Chondroid Syringoma: A Report of Two Cases with a Sarcomatous Mesenchymal Component. Dermatopathology (Basel). 2019;6(2):77-84.

PD Dr. Aydın Gülses

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel

Dr. Jan-Tobias Weitkamp

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel

Dr. Dr. Henning Wieker

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel

Prof. Dr. Christoph Röcken

Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel

Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel

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