Pros und Cons

Macht ein Terminserviceportal Sinn?

Mit einem Terminserviceportal gewinnt die Praxis Zeit, die sie anders nutzen kann. So weit, so gut. Aber refinanzieren sich die Kosten wirklich, steigt die Auslastung und sinkt die No-Show-Rate? Und wie ist es um die Systemsicherheit und den Datenschutz bestellt?

Wer wissen will, wie groß das Interesse der Patienten an Online-Terminbuchungen ist, hat einen schweren Stand: Es wimmelt vor unbelegten Werbeaussagen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im November 2023 hervorgeht, werden zumindest die 2016 eingerichteten Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (www.116117.de) von Millionen genutzt. Ansonsten ist die Lage unübersichtlich.

36 Prozent der Deutschen haben schon einmal einen Arzttermine online vereinbart, teilte der Bitkom als Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche im November 2023 mit, ein Drittel (32 Prozent) kann sich zumindest vorstellen, dies künftig zu tun. Faktisch haben seit 2019 rund 10 Prozent mehr Menschen in Deutschland mindestens einmal online einen Arzttermin vereinbart. Ob die Befragten dabei zwischen Arzt- und Impfterminen unterscheiden, bleibt offen.

Aber auch wenn die Nachfrage nicht genau quantifiziert werden kann, bleibt die potenzielle Zeitersparnis spätestens in Zeiten des Fachkräftemangels ein schlagendes Argument. Der Virchowbund empfiehlt, in jedem Fall vor Vertragsschluss zu klären:

  • Was muss die Praxis tun, um das Terminportal nutzen zu können?
    Welche Kosten fallen an? Braucht man ein Abo? Wie ist die Kündigungsfrist? Wie nimmt man das Arztterminportal in Betrieb?

  • Lohnt sich das Terminportal?
    Wie unkompliziert ist die Nutzung? Wie viel Zeit spart die Praxis tatsächlich dadurch? Wie viele Termine sollen über das Portal vergeben werden, damit es sich rechnet?

  • Kann das Portal Terminkonflikte erkennen?
    Falls nein, muss das Team stets ein aufmerksames Auge auf die gesamte Terminplanung haben und die Konflikte selbst zeitnah bereinigen.

  • Muss die Praxis den Termin bestätigen?
    Auch hier gilt: Mitdenken und -beobachten ist angesagt – sowie eine zügige Reaktion auf jede Buchung über das Portal.

  • Welche Daten verlangt das Portal von den Patienten?
    Sind die Informationen, die das Portal von den Patienten verlangt, sinnvoll für eine bloße Terminbuchung? Oder werden Daten verlangt, die nicht notwendig sind? Dies sollte man den Patienten und Patientinnen zuliebe beachten.

Tatsächlich ist Datenschutz ein Dauerthema bei den Terminmanagement-Portalen. 2021 erhielten nur drei von sieben Anbietern von Stiftung Warentest dafür die Schulnoten „sehr gut“ bis „gut“. Doctolib, nach eigenen Aussagen Marktführer, wurde damals mit der Note 3,6 abgestraft. Seitdem sei viel passiert, beteuert das Unternehmen. Einen neuerlichen Test der Stiftung gab es aber bisher nicht.

Nichtsdestotrotz ist Doctolib der einzige der damals getesteten Dienstleister, der immer noch von der Berliner Datenschutzbehörde (BlnBDI) überprüft wird. Das Verfahren verzögert sich, da juristisch strittig ist, ob es sich bei der Tätigkeit der deutschen GmbH um grenzüberschreitende Datenverarbeitungen des französischen Mutterkonzerns Doctolib SAS handelt, teilt die Behörde mit. In diesem Fall wäre die französische Datenschutzbehörde CNIL zuständig für die Beschwerden deutscher Patienten.

Wer war beim Datenschutz zu lax – Anbieter oder Praxis?

Abseits von Schutzstandards und IT-Siegeln für Server-Sicherheit sollte für Praxisinhaber eine Frage in Zentrum stehen: Werden Daten, die Patienten in dem Portal angeben, mit jenen Daten verknüpft, die sie nur ihnen und dem Praxisteam preisgegeben haben? Dies sei wichtig für den Fall, dass die Praxis oder der Terminbuchungsanbieter Opfer von Cyberkriminalität wird, erläutert der Virchowbund,

„Werden bei solchen Angriffen sensible Daten auf Seite des Arztterminportals gestohlen oder öffentlich, sind bei Datenverknüpfung auch schnell Patientendaten aus Ihrer Praxis mitbetroffen“, teilt der Ärzteverband mit. Datenfreigiebigkeit ohne explizite Zustimmung könne die Praxis völlig unnötig in ein schlechtes Licht rücken – etwa weil der Eindruck entsteht, dass die Praxis den Datenschutz lax handhabt oder die Vertraulichkeit von Patientendaten nicht ausreichend beachtet.

Mittlerweile bieten viele Anbieter Daten-sparsame Lösungen an, so dass keineswegs der komplette Patientenstammdatensatz in die Software des Dienstleisters importiert werden muss. Letztlich trägt die Zahnärztin beziehungsweise der Zahnarzt die rechtliche Verantwortung für die Entscheidung, welche Daten an den Auftragsverarbeiter weitergegeben werden. Sie müssen nicht nur Neu-, sondern auch Bestandspatienten nach Vertragsschluss über die Nutzung des gewählten Dienstleisters informieren. Eine Einwilligung ist nicht nötig.

Wer über die Praxishomepage bucht, der kommt meist auch

Abschließend gibt der Virchowbund noch einen ganz praktischen Tipp, wie sich die No-Show-Rate in den Griff bekommen lässt. Er empfiehlt, den Terminbuchungsservice auf der Praxishomepage einzubinden. Dies sei für Patienten nicht nur der schnellste Weg, sondern vermittle auch ein zusätzliches Gefühl der Verbindlichkeit. „Wenn der Patient von einem anderen Portal aus den Termin bei Ihnen bucht, ist die Ausfallrate erfahrungsgemäß höher."

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