Aktuelle gesetzliche Vorhaben im Gesundheitswesen

Eine Übersicht über die laufenden Gesetze

Etliche Gesetze für das Gesundheitswesen stecken in der Pipeline. Was steht auf dem Programm und wie geht es mit den Gesetzesplänen nach der Sommerpause weiter? Hier eine Übersicht über den Stand der wichtigsten gesundheitspolitischen Vorhaben.

Kurz vor der Sommerpause hat das Bundeskabinett einige zentrale Gesetzesentwürfe beschlossen, die von Interesse für die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sind. Für sie ist jetzt das parlamentarische Verfahren eingeleitet. Nach der Sommerpause ab Mitte September soll darüber beraten werden.

Gesundheits-Digitalagentur-­Gesetz – GDAG

Ziel des vom Kabinett beschlossenen Entwurfs ist es, die gematik zur Digitalagentur auszubauen. Sie soll künftig mehr Verantwortung bekommen. So soll sie den Prozess der Erstellung von Spezifikationen begleiten – über die Ausschreibung der Entwicklung beziehungsweise des Betriebs der Komponenten, Dienste und Anwendungen bis hin zur Verpflichtung der Anbieter und Hersteller, Maßnahmen zur Störungsbeseitigung zu ergreifen. Ein Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen (KIG) soll sicherstellen, dass die Anwendungen interoperabel sind und die Versorgung verbessern. Per Durchgriffs- und Aufsichtsrechten soll die digitale Infrastruktur – wie Praxissoftware, die elektronische Patientenakte oder digitale Krankenhausakten – zuverlässig und schnell funktionieren. Wesentliche Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur (TI) sollen in Zukunft zentral per Vergabeverfahren beschafftund den Leistungserbringern bereitgestellt werden, so der Plan. Auch Komponenten und Dienste der TI sollen künftig durch die Digitalagentur entwickelt und betrieben werden. Die Digitalagentur soll weitere hoheitliche Aufgabenerhalten, heißt es weiter. Das umfasse die Zulassung, das Zertifizierungsverfahren sowie die Erteilung von Anordnungen zur Gefahrenabwehr innerhalb der TI.

Bereits zum Referentenentwurf im Juni hatten Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) gefordert, dass die Maßnahmen zu einem spürbaren Mehrwert für die Vertragszahnärzte und Patienten führen müssten. Außerdem müssten sie technisch ausgereift, hinreichend erprobt und wirtschaftlich, zeitlich wie organisatorisch in realistischer Weise umsetzbar sein. Kritik gab es auch am zunehmenden Einfluss der Agentur, der weit über die Betriebsverantwortung für die TI hinausgehe.

Gesetzesentwurf zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit

Mit den Plänen, die im Kabinett beschlossen wurden, sollen die Rahmenbedingungen für die Errichtung eines Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) geschaffen werden. Das neue Institut soll als selbstständige Bundesoberbehörde zum 1. Januar 2025 starten und die Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und in Teilen des Robert Koch-Instituts (RKI) übernehmen. Das BIPAM soll seinen Hauptsitz in Köln haben und eine Außenstelle in Berlin. Aufgabe des BIPAM soll sein, Daten zum Gesundheitszustand der Bevölkerung zu erheben und zu analysieren. Auch sollen Daten zu den gesundheitlichen Auswirkungen durch Klima und Umwelt sowie zu gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen ausgewertet werden. Die Erkenntnisse sollen als Grundlage für politische und strategische Entscheidungen dienen. Das BIPAM soll ferner einen einfachen und schnellen Zugang zu gut verständlichen Gesundheitsinformationen bieten.

Heftige Kritik an den Plänen gab es im Vorfeld – vor allem gegen die geplante Aufspaltung des RKI. Diese werde zu einer Schwächung der Öffentlichen Gesundheit führen. Auch die Trennung von übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten wird in der Fachwelt kritisch gesehen.

Gesetzesentwurf zur Reform der Notfallversorgung

Ziel der im Kabinett beschlossenen Pläne ist es, Hilfesuchende im Akut- und Notfall schneller in die passende Behandlung zu vermitteln. Als Kernstück sind sogenannte „Akutleitstellen“ geplant, in denen Ärztinnen und Ärzte telefonisch oder per Video beraten. Hinzu kommen Integrierte Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern. Sie sollen rund um die Uhr zentrale Anlaufstellen für die Erstversorgung sein. Sie bestehen an einem Krankenhausstandort und vereinigen die Notaufnahme des Krankenhauses, eine Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und eine zentrale Einschätzungsstelle. Zusätzlich sollen zu den Sprechstundenzeiten in der Nähe liegende niedergelassene Praxen angebunden werden, die als „Kooperationspraxen“ ambulant behandeln. Eine Akutversorgung soll durch die Notaufnahme des Krankenhauses erfolgen. Mit den Maßnahmen soll eine gezielte Patientensteuerung erfolgen. Akute Fälle sollen künftig unter der Rufnummer 116117 der Akutleitstellen vermittelt werden. Diese nehmen eine standardisierte Ersteinschätzung vor und leiten weiter. Die Rufnummern 112 und 116117 sollen vernetzt zusammenarbeiten.

Bereits der Referentenentwurf wurde in der Fachwelt zum Teil scharf kritisiert. Knackpunkte für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sind etwa ein Übermaß an zusätzlicher Bürokratie, eine unzureichende und zu vage gehaltene Refinanzierung sowie unrealistische Fristen. Die Hausärzteschaft warnt, es würden Versorgungsangebote versprochen, ohne zu sagen, woher das Fachpersonal dafür kommen solle.

Gesundes-Herz-Gesetz

Vor der Sommerpause hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen Referentenentwurf für ein Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) vorgelegt. Vorgesehen sind die Früherkennung und die Versorgung von Risiken, Risikoerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die medizinische Prävention soll gestärkt werden. Erwachsene sollen etwa eine verbesserte Früherkennung erhalten. Für Check-up-Untersuchungen im Alter von 25, 35 und 50 Jahren sollen dazu ergänzende Leistungen für eine strukturierte Untersuchung festgelegt werden. Die Früherkennung bei Kindern soll durch eine Untersuchung zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung verbessert werden. Die Verordnungsfähigkeit von Statinen soll gestärkt werden, um Herzinfarkten oder Schlaganfällen vorzubeugen.

Das Vorhaben ist inzwischen auf breiten Widerstand in der Fachwelt gestoßen. Ärzteverbände, medizinische Fachgesellschaften, Krankenkassen und wissenschaftliche Institute hatten einen Stopp gefordert. Es fehle die konsequente Umsetzung des Präventionsgedankens, die Medikamentenabgabe an Kinder sei nicht genug evidenzgesichert. Die Kassen monieren eine Umsetzung der Beitragsgelder. Prävention dürfe nicht auf Vorbeugemedizin reduziert werden, appellierte jüngst die Nationale Präventionskonferenz, es gehe auch um gesundheitsfördernde Lebensbedingungen. Die Pläne seien zu kurz gedacht, rügte auch die KZBV und forderte, dass die Politik die dringend benötigten Mittel im Kampf gegen Parodontitis bereitstellt.

Dem Vernehmen nach soll das Gesetz am 21. August im Kabinett beschlossen werden.

Bisher keine Regulierungsvorschläge zu iMVZ im GVSG

Auch in der Kabinettsfassung des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) ist keine Regulierung investorengetragener MVZ (iMVZ) für den vertragszahnärztlichen Versorgungsbereich aufgegriffen worden. Auf der Pressekonferenz nach dem Kabinettsbeschluss hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ausgeführt, dass man sich zur Regulierung von iMVZ im parlamentarischen Verfahren einigen werde. Bereits in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Gesetzes hatten KZBV und BZÄK ihre Forderungen dazu aufgestellt: Die Verankerung einer räumlichen und fachlichen iMVZ-Gründungsbeschränkung für Krankenhäuser im SGB V. Das von einem Krankenhaus gegründete MVZ müsse in demselben Planungsbereich wie das Krankenhaus liegen. Zahnärztliche MVZ sollten nur von Krankenhäusern mit einer zahnmedizinischen Fachabteilung gegründet werden. Der 2019 mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) für den zahnärztlichen Versorgungsbereich beschrittene Sonderwegmüsse konsequent weitergegangen und eine räumliche und fachliche Beschränkung verankert werden.

Vor dem Hintergrund des laufenden parlamentarischen Verfahrens hat die KZBV jetzt die wichtigsten gesundheitspolitischen Akteure der Koalitionsfraktionen im Bundestag adressiert, um den politischen Handlungsbedarf unter anderem zum Thema iMVZ nochmals aufzuzeigen. Unter anderem wurde der gesundheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Janosch Dahmen, kontaktiert, der sich deutlich gegen iMVZ positioniert hatte. Das Gesetzgebungsverfahren zum GVSG biete, so die KZBV, die letzte Chance in dieser Legislaturperiode, die Gefahren für die Patientenversorgung durch iMVZ im vertragszahnärztlichen Bereich noch wirksam einzudämmen.

Krankenhaus- und Apothekenreform

Eines der großen gesundheitspolitischen Vorhaben dieser Legislaturperiode ist das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). Ziel ist die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität in Kliniken, die Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung, die Steigerung der Effizienz und eine Entbürokratisierung. In der Fachwelt gibt es seit Monaten starke Kontroversen, vor allem die Länder fordern mehr Mitsprache. Nach der Verabschiedung in zweiter und in dritter Lesung im Bundestag nach der Sommerpause kommt das Gesetz noch einmal zur abschließenden Beratung in den Bundesrat.

In der Pipeline ist außerdem eine Apothekenreform, zu der ein Referentenentwurf vorliegt. Die Pläne sehen ein Bündel von Maßnahmen vor, vor allem Honoraranreize für Apothekenstandorte in ländlichen Regionen und eine gerechtere Verteilung der Honorare. Auch dieses Vorhaben steht stark in der Kritik. In der Apothekerschaft besonders kritisch gesehen werden die Pläne, den Betrieb von Apotheken auch ohne Approbierte vor Ort zu ermöglichen. Dem Vernehmen nach soll der Entwurf in der Kabinettssitzung am 21. August beraten werden.

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