Vorbereitungszeit ist Bindungszeit

Das schätzen Ihre Assistenzzahnärzte!

Maike Baumann
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Annika Łonak
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Anke Handrock
Die systematische Begleitung von Assistenzzahnärzten rentiert sich für beide Seiten: Die Praxis kann den Nachwuchs mit einer guten Ausbildungsmentalität- und -qualität an sich binden und am Ende wirklich effizienter arbeiten. Und der Assistenzzahnarzt hat eine attraktive Stelle. Kurz: Wer investiert, bekommt starke, junge Kollegen.

In den nächsten Jahren gehen bekanntlich auch viele Zahnärzte in den Ruhestand. Es ist nicht einfach, Ersatz für diese Kolleginnen und Kollegen zu finden und somit eine flächendeckende zahnmedizinische Versorgung sicherzustellen. Nachwuchsförderung heißt also das Gebot der Stunde! Bis vor einigen Jahren wollten sich die meisten Zahnärzte nach der Assistenzzeit und gegebenenfalls einer gewissen Zeit der Weiterbildung niederlassen. Heute ist das für einen wachsenden Teil nicht mehr das Ziel. Viele wollen angestellt arbeiten, oft bevorzugt in Teilzeit.

Gerade kleine Praxen finden daher kaum mehr einen Nachfolger und müssen schließen. Die verbleibenden Praxen werden zwangsläufig größer und brauchen dringend routinierte Kollegen. Insgesamt wird es jedoch – insbesondere außerhalb der Großstädte – immer schwieriger, geeignete Kollegen zu finden und diese für ein langfristigere Engagement in einer Praxis zu gewinnen. 

 „Man zahlt am Anfang drauf, aber es rechnet sich!“

Ein Beispiel: Eine größere Praxis im ländlichen Raum wurde vor neun Jahren von zwei Kolleginnen gemeinsam übernommen. Im direkten Einzugsgebiet gab es sechs weitere Praxen. Die Region war dann über Jahre zahnmedizinisch gut versorgt. In den letzten fünf Jahren haben allerdings fünf der umliegenden Praxen geschlossen, ohne Nachfolgerinnen zu finden. Die Praxis der beiden Kolleginnen sucht seitdem regelmäßig nach neuen Zahnärztinnen. Die Wartezeit auf eine Bewerbung ist kontinuierlich gestiegen und beträgt dort inzwischen mehrere Monate. Als die Zahl der Patientinnen durch die Schließungen der umliegenden Praxen zunahm, hatte die Praxis erst versucht, das immens gesteigerte Patientenaufkommen durch „fertige“ angestellte Zahnärztinnen zu bewältigen. Derartige Bewerbungen wurden jedoch in den letzten Jahren zur Ausnahme, während Studienabgänger sich durchaus auch in der ländlichen Region bewerben.

Letztlich wechselten die Inhaberinnen ihren Weg hin zu einer Ausbildungspraxis. Eine der leitenden Kolleginnen berichtet: „Unsere Strategie, im ersten Halben- bis Dreivierteljahr ganz bewusst viel Zeit in unsere Vorbereitungsassistentinnen zu investieren, ist im Ganzen aufgegangen. Zwar sind einige inzwischen wieder gegangen oder sind in Elternzeit. Aber zwei der Kolleginnen, die gute Erfahrungen bei uns gemacht haben, sind dauerhaft bei uns beschäftigt und arbeiten ganz in unserem Sinne. Man zahlt am Anfang wirklich drauf, aber auf Dauer rechnet es sich.“

Generell lassen sich die jungen Zahnärztinnen in drei große Gruppen unterteilen: Zum einen gibt es diejenigen, die schon früh die Entscheidung treffen, sich (irgendwann) niederlassen zu wollen. Sie arbeiten meist sehr engagiert und fortbildungsaffin, werden sich jedoch nur in Ausnahmefällen an die Praxis binden.

Dann gibt es die Gruppe, die (zumindest vorerst) dauerhaft angestellt arbeiten will. Hier gibt es zwei weitere Untergruppen: Diejenigen, die sich fachlich verwirklichen wollen, ohne die organisatorische und zeitliche Last einer Niederlassung tragen zu müssen. Und zum anderen jene, die Zahnmedizin als Beruf betrachten, der vornehmlich ihre Bedürfnisse befriedigen soll und der ihnen hinreichend Freude macht. Viele dieser Kollegen legen eher weniger Wert auf komplexe fachliche Fortbildungen. Anders als die beiden anderen Gruppen sind sie auch bereit in Bereichen zu arbeiten, in denen sie nicht das gesamte Spektrum der Zahnmedizin anbieten, sofern die anderen Rahmenbedingungen für sie passen.  

Nahezu alle Kolleginnen, die als Anfängerinnen neu in Praxen kommen, wollen dort viel lernen können und fachlich (aktiv) gefördert werden. Dabei besteht in der Regel die Erwartung, dass (jederzeit) eine fachlich geeignete Kollegin als Ansprechpartnerin beziehungsweise als Mentorin zur Verfügung steht, mit der die typischerweise auftretenden Anfangsprobleme besprochen werden können. Oft wird die Möglichkeit einer geplanten Ausbildung geschätzt. Das beinhaltet, eine gewisse erkennbare Strukturierung der Ausbildungsthemen. Oft gehört auch dazu, dass bei komplexen Arbeiten bei erfahrenen Kolleginnen hospitiert werden kann. Das erfordert allerdings einen erhöhten zeitlichen und organisatorischen Aufwand in der Praxis. Es gibt aber auch die Gelegenheit, nicht nur die fachliche Qualifikation, sondern auch die Bindung an den Betrieb zu fördern.

„Super: Ich stelle ihm meine Fälle vor und er mir seine!“

Viele Vorbereitungsassistentinnen wünschen sich, für Versorgungen, die sie erstmals selbstständig durchführen, ein erhöhtes Zeitbudget. Zitat einer Vorbereitungsassistentin: „Da mache ich etwas, was ich noch nie gemacht habe, und von der Rezeption kommt die Ansage, ich soll mich gefälligst beeilen, es warten schon drei Patienten. Dann komme ich total unter Druck und mache auch noch Fehler. Dabei habe ich denen doch gesagt, dass es das erste Mal ist, aber das interessiert hier niemanden!"

Sehr geschätzt wird ein kollegialer Austausch mit einer erfahrenen Kollegin auf Augenhöhe. In Gesprächen werden insbesondere fest eingeplante Zeiten, in denen systematisch kollegiale Fallbesprechungen durchgeführt werden, lobend erwähnt. Dabei wird häufig besonders wertgeschätzt, wenn die erfahrenen Kolleginnen nicht nur ihr Wissen weitergeben, sondern auch Interesse an den neueren Ansätzen und Methoden zeigt, die die Neuen in der Universität oder in Fortbildungen vermittelt bekommen haben.

Zitat einer Vorbereitungsassistentin, die aus Unzufriedenheit die Praxis gewechselt hatte: „Gut, dass ich gewechselt habe. Mein neuer Chef setzt sich jede Woche eine Stunde mit mir zur Fallvorstellung hin. Ich stelle ihm meine komplizierten Fälle vor und er mir seine. Das ist super für mich und er sagt, dass ihm das auch Spaß macht. Er erklärt mir auch seine wirtschaftlichen Überlegungen bei den Fällen. Davon habe ich ja in der Uni ja nie etwas mitbekommen.“

Achtung:
Er ist kein Azubi-Ausbilder!

Fast alle jungen Kollegen wollen dann (wenigstens relativ bald) selbstständig am Patienten arbeiten. Je früher das gefördert wird, desto schneller stellen sich das erforderliche fachliche Selbstbewusstsein und die notwendige Routine und Geschwindigkeit ein. Viele Kolleginnen wollen die Zahnmedizin dann auch in vollem Umfang durchführen. Abwechslungsreiche und herausfordernde Tätigkeiten bewerten sie positiv. Dabei schätzen es junge Kolleginnen, wenn ihnen routinierte und erfahrene, freundliche ZFAs zur Seite gestellt werden.

Zitat einer Vorbereitungsassistentin: „Ich wollte neulich eine festsitzende Arbeit abnehmen und brauchte einen Kronenabnehmer. Ich sagte das meiner Assistenz und sie antwortete: ‚Woher soll ich denn wissen, wo das ist, was ist das überhaupt?‘ Der Patient reagierte richtig verärgert und wollte sich danach nicht mehr von mir behandeln lassen. Solche Situationen gab es jetzt öfter. Ich verstehe ja auch, warum der Chef nicht mit der Auszubildenden arbeiten will. Aber ich mache das doch hier selber zum ersten Mal, da kann ich nicht auch noch nebenbei ausbilden. Wenn das nochmal passiert, suche ich mir was anderes“.

Eine gute Praxisorganisation und eine angenehme Team-Atmosphäre werden als selbstverständlich vorausgesetzt. Fehlen sie, führt das nicht selten zu schlechten Bewertungen, zum Beispiel auf Arbeitsplatzbewertungsplattformen wie kununu, was weitere Bewerber abschreckt.

Natürlich finden junge Kolleginnen eine gute Bezahlung und großzügige Urlaubsregelungen wichtig. Gewünscht werden oft Tätigkeiten in Teilzeit und Arbeitszeiten, die sich mit ihren anderen Bedürfnissen in Einklang bringen lassen. Falls es zu Überstunden kommt – was die Ausnahme sein sollte – wird selbstverständlich dafür eine angemessene Vergütung erwartet. Insgesamt wird dabei meist großen Wert auf die Einhaltung der Arbeitszeiten gelegt.

Bei der Gruppe, die langfristig eine Niederlassung anstrebt beziehungsweise sich gerne angestellt fachlich verwirklichen will, stehen fachliche Fort- und Weiterbildungen hoch im Kurs. Gewünscht wird dabei mindestens die finanzielle Unterstützung. Teilweise wird auch mit einer zeitlichen Freistellung gerechnet, wenn die Praxis im Gegenzug dafür eine langfristige vertragliche Bindung erwartet.

Ist die Praxis heute ein
Wunscherfüllungautomat?

Natürlich stellt sich dann die Frage, ob eine Praxis der Wunscherfüllungautomat für junge Mitarbeitende sein sollte. Zahlreiche Diskussion in Ärztenetzwerken, wie etwa bei coliquio, zeigen, wie hier die Meinungen der Generationen emotional aufeinanderprallen. Schließlich haben viele ältere Kollegen das Motto „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ intensiv am eigenen Leib erfahren müssen und verinnerlicht. Es macht aber Sinn, sich anzuschauen, was die entsprechenden Erwartungen und Wünsche für die Praxis wirklich bedeuten. 

Eine schnelle, wirksame, nachhaltige Einarbeitung und Schulung junger Kollegen fördert in der Praxis das Entstehen einer homogenen Behandlerstruktur. Gleichzeitig ermöglicht eine intensivere Begleitung – durch erfahrene Kollegen, aber auch durch die Berichte erfahrener assistierender ZFAs – dass man die realen Fähigkeiten der neuen Kollegen sehr schnell realistisch einschätzen kann. Dadurch wird es auch möglich, rechtzeitig die Spreu vom Weizen zu trennen und auf diese Weise Belastungen der Patienten und des Teams zu minimieren.

Außerdem sprechen sich gute Rahmenbedingungen in Praxen in den sozialen Netzwerken unter jungen Kolleginnen herum und führen dann in der Regel dort zu deutlich mehr Bewerbern. Und damit wächst dort die Freiheit ein leistungsorientiertes Wunschteam formen zu können. Je schneller die Jungen ihre Effizienz in den Behandlungen erhöhen können, desto wirtschaftlicher wird auch ihre Arbeit. Hier rentiert sich dann der Einsatz der eigenen Behandlungszeit.

Auch bietet eine systematische Begleitung der Vorbereitungsassistenten die Möglichkeit, von Beginn an die Wirtschaftlichkeit des Handelns als notwendige Selbstverständlichkeit in die Denkweise der jungen Kollegen zu implementieren. Ebenso kann von Beginn an eine Einführung in die zahlreichen Verwaltungstätigkeiten und in die Mitarbeiterführung erfolgen. So entsteht gar nicht erst der Eindruck, dass angestellte Zahnärzte von diesen Tätigkeiten nicht betroffen sein könnten. Tägliche Leistungskontrollen, Grundkenntnisse der Abrechnung etc. werden dann von Anfang an zum Selbstverständnis des jungen Kollegen. Dadurch relativieren sich dann auch die Gehaltserwartungen. Bei einer längerfristigen Zusammenarbeit ergeben sich dann später diverse entlastende Delegationsmöglichkeiten.

Wenn man sich dafür entscheidet, hilft es, sich als Chefin für die Vorbereitungszeit, eine Art kleines Curriculum zusammenzustellen. Auf der Basis kann man dann auch am Anfang die verschiedenen Phasen mit der neuen Vorbereitungsassistentin besprechen.

  • Anfangs geht es um das Ankommen in der Realität des Berufs und der Praxis. In dieser Phase hilft es, vornehmlich die Behandlungsabläufe und die Besonderheiten der Praxis anzusprechen.

  • Sobald ein gewisses Vertrauen da ist, steht die Besprechung der Fragen, die im Zusammenhang mit den eigenverantwortlich durchgeführten Behandlungen auftreten, im Vordergrund. Ermutigung und positives Feedback führen dann schnell zu erhöhter Sicherheit und Eigenverantwortlichkeit.

  • Danach stehen dann neben den fachlichen Fragen verstärkt die wirtschaftlichen Aspekte (zeitliche Effizienz, Methoden der Patientenberatung, Abrechnungsfragen, Organisation und Durchführung der täglichen Leistungskontrollen etc.) im Fokus.

  • Gegen Ende der Vorbereitungszeit können darüber hinaus auch fachliche Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegsmöglichkeiten im Praxissystem thematisiert werden.

Fazit

Je mehr die Vorbereitungsassistentin das echte Interesse an ihrer fachlichen und ihrer persönlichen Entwicklung spürt, desto stärker wächst die Bindung an die Praxis und die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zusammenarbeit.

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Dipl.-Psych. Maike Baumann

Psychotherapeutin und Mediatorin, Coach, Autorin und Dozentin
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Annika Łonak

Fachärztin für Radiologie und Neuroradiologie, Oberärztin Universitätsspital Basel
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Dr. med. dent. Anke Handrock

Praxiscoach, Lehrtrainerin für Hypnose (DGZH), NLP, Positive Psychologie,
Coaching und Mediation,
Speakerin und Autorin

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