Fortbildungstage der DAJ

Volles Haus in Bonn

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Doppelter Anlass zur Freude: Zum ersten Mal seit der Corona-Pandemie fanden die Fortbildungstage der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ) wieder in Präsenz statt. Und: Das 75-jährige Bestehen der Arbeitsgemeinschaft gab der zweitägigen Veranstaltung einen besonders festlichen Rahmen.

In unserem Job ist es so: Man kennt sich, aber man sieht sich leider nicht sehr oft“, sagt Dr. Steffi Beckmann, Geschäftsführerin der DAJ. Dementsprechend schnell seien die ersten Fortbildungstage in Präsenz seit viereinhalb Jahren ausgebucht gewesen. Die Stimmung der über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Bonn – zum Großteil Prophylaxefachkräfte – beschreibt Beckmann als positiv und ausgelassen: „Alle haben das Wiedersehen und die Möglichkeit genossen, sich persönlich fachlich auszutauschen.“

Den ersten Tag bestimmten thematisch breit gestreute Vorträge. Bei der Zusammenstellung des Programms hatte das Organisationsteam der DAJ Empfehlungen und Wünsche aus den Landesarbeitsgemeinschaften Jugendzahnpflege (LAGen) berücksichtigt. Im Vortrag von Sibylle Wilczek, Mitarbeiterin der regionalen Arbeitsgemeinschaft für die Stadt Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis, ging es um die Mund- und Zahngesundheit von Kindern unter drei Jahren. Wilczek betrachtete diesen Aspekt beispielhaft anhand der „Aktion Mäusezähnchen“. Laut DAJ seien fast 14 Prozent der dreijährigen Kinder in deutschen Kindertagesstätten von Karies betroffen. Prophylaxemaßnahmen müssten daher deutlich früher beginnen und so konzipiert sein, dass sie für Gemeinschaftseinrichtungen im Alltag leicht umsetzbar seien.

Aktion Mäusezähnchen und die Zahnputzperlen

„Hier setzt das Prophylaxeprogramm 'Aktion Mäusezähnchen' an“, erläuterte Wilcek. Es passe genau zu den entwicklungsbedingten Besonderheiten der unter Dreijährigen und beziehe die Betreuungspersonen mit ein. Ein weiterer Vorteil des Programms sei, dass es sich durch ein modulares System von Basis- und Wahlbausteinen an die Gegebenheiten in der jeweiligen Einrichtung anpassen lasse. Das mache „Aktion Mäusezähnchen“ zu einem Programm, das deutschlandweit ohne größeren Aufwand auf andere Arbeitsgemeinschaften oder Arbeitskreise für Zahngesundheit übertragen werden könne. 

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fortbildungstage hatten außerdem die Gelegenheit, im Vortrag von Dr. Kerstin Aurin, Gründerin des Vereins Zahnputzfuchs, das ehrenamtliche Projekt „Zahnputzperle“ kennenzulernen. Es soll chronisch kranke Kinder und Jugendliche, die sich auf Stationen von Kinderkliniken befinden, zur Mundhygiene motivieren. Vor allem auf Kindern mit schwerwiegenden Diagnosen, die längere stationäre Aufenthalte in der Klinik bedingen, liegt der Fokus. Dentale Infektionen infolge unbehandelter kariöser Läsionen stellten für diese vulnerable Patientengruppe ein erhebliches Risiko dar, erklärte Aurin. Mit den im Rahmen eines Kunst- und Lernprojekts an weiterführenden Schulen hergestellten Zahnputzperlen, die betroffene Kinder für gute Mundhygiene erhalten können, soll dem begegnet werden. „Die von Schülerinnen und Schülern gestalteten Perlen dienen somit als kreatives Konzept, um Patientinnen und Patienten in Kinderkliniken zur Zahnpflege zu motivieren und ihnen eine besondere Freude im belastenden Klinikalltag zu bereiten“, so Aurin. „Zugleich werden Schülerinnen und Schüler über die Bedeutung einer guten Mundhygiene informiert und für soziales Engagement sensibilisiert.“

Gruppenprophylaxe muss manchmal zauberhaft sein

In seinem Festvortrag ging BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz auf „Das Gestern, Heute und Morgen der Prävention“ ein und würdigte die Bedeutung der Gruppenprophylaxe für die Mundgesundheit. Die Synergie der Fachkräfte in den zahnärztlichen Praxen und der Akteurinnen und Akteure der Gruppenprophylaxe in den Gemeinschaftseinrichtungen bezeichnete Benz als „ein absolutes Erfolgsrezept“, das sich in den vergangenen Jahrzehnten vielfach bewährt habe.

Vor diesem Hintergrund warnte der BZÄK-Präsident davor, in Zeiten finanziell überlasteter Sozialversicherungssysteme bei der Gruppenprophylaxe zu sparen. Bei der Prävention zu kürzen, würde erhebliche Folgekosten in der zahnmedizinischen Versorgung nach sich ziehen. Die Investition in die Gruppenprophylaxe sei im Vergleich dazu extrem klein.

Tag zwei stand unter dem Motto: Mitmachen! In zwei Workshops wurden das Puppenspiel und das Zaubern in der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe behandelt. „Diese beiden Fertigkeiten sind für Fachkräfte, die in Kitas und Schulen gehen, sehr wichtig“, erklärt DAJ-Geschäftsführerin Beckmann. „Sie müssen die Kinder begeistern können, um deren Aufmerksamkeit zu gewinnen. Voraussetzung dafür ist, dass sie im Umgang mit den Puppen oder den Zauberutensilien routiniert sind.“ Ein absolutes No-Go beim Puppenspiel sei zum Beispiel, die Puppe achtlos in die Ecke zu legen, wenn sie gerade nicht gebraucht werde. Denn, so Beckmann: „Für die Kinder ist sie eine reale Person.“

Ein weiterer Workshop thematisierte die Vielfalt der für Kindertageseinrichtungen verpflichtenden Kinderschutzkonzepte, die die Arbeit der Akteurinnen und Akteure der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe unmittelbar beeinflussen und manchmal auch einschränken können. In diesem Zusammenhang beschäftigten sich die Teilnehmenden mit den Kinderrechten, die 1989 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden.

Kleine Tyrannen und ihre großen Untertanen

Diplompädagoge und Erziehungsberater Matthias Bartscher bot einen Workshop mit dem Titel „Sind unsere Kinder Tyrannen – oder wir Eltern Untertanen?“ an. Seine These: Die Zahnpflege und die gesamte Mundgesundheit einschließlich einer gesunden Ernährung und Körperpflege sind paradigmatische Themen, bei denen Eltern meist beste Absichten haben, in der Praxis jedoch häufig frustriert sind. Im Laufe des Workshops gingen Bartscher und die Teilnehmenden der Frage auf den Grund, wie Eltern Kinder ernst nehmen, ihre Resilienz fördern und gleichzeitig notwendige Verhaltensweisen – wie zum Beispiel das Zähneputzen – durchsetzen können. Es wurden konsensorientierte Modelle vorgestellt, die diese Widersprüche auflösen. Die Brücke zur Gruppenprophylaxe: Aus Sicht des Pädagogen können Kindertageseinrichtungen Eltern dabei begleiten und anregen. Die Zusammenarbeit von Kita, Gruppenprophylaxe und Eltern bei der Mundgesundheit sei durchaus geeignet, zum Musterbeispiel elterlicher Kompetenzentwicklung zu werden.

Gute Nachrichten für Prophylaxefachkräfte, die nicht in Bonn dabei waren: Die Vorträge und Workshops der DAJ-Fortbildungstage werden im März 2025 in Magdeburg wiederholt.

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