Das soll(te) eigentlich noch kommen
Viele Vorhaben aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) befanden sich zum Zeitpunkt des Regierungsendes im parlamentarischen Verfahren. Den Bundestag bereits passiert hat das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, der Bundesrat kann allerdings am 22. November noch den Vermittlungsausschuss einschalten. Zum Redaktionsschluss am 20. November war ungewiss, wie es mit diesem zentralen Reformvorhaben des BMG weitergeht. Als zuständiger Minister hatte Karl Lauterbach (SPD) in den vergangenen Wochen wiederholt dafür plädiert, die Reform mit den Stimmen der Opposition durchzubringen, ansonsten drohe 2025 ein Krankenhaussterben. Die Oppositionsparteien haben jedoch keine Unterstützung signalisiert – das gilt auch für andere laufende Gesetzgebungsverfahren. Aus zahnärztlicher Perspektive sind vor allem diese Gesetze bedeutsam:
Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG)
Mit dem GVSG soll die Entbudgetierung im hausärztlichen Bereich umgesetzt werden. Um die Versorgung in den Kommunen zusätzlich zu verbessern, soll die Gründung kommunaler medizinischer Versorgungszentren (MVZ) erleichtert werden. Das GVSG wurde zuletzt am 13. November im Gesundheitsausschuss des Bundestags diskutiert.
Position der Zahnärzteschaft: Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) kritisieren, dass der Gesetzentwurf an den wesentlichen Problemen im zahnärztlichen Versorgungsbereich völlig vorbeigeht. Insbesondere dämmt er aus Sicht der Berufsorganisationen nicht die Ausbreitung von Medizinischen Versorgungszentren in der Hand versorgungsfremder Investoren (iMVZ) wirksam ein. KZBV und BZÄK fordern, dass der räumliche und fachliche Bezug eines Trägerkrankenhauses zur Voraussetzung der Gründungsbefugnis von iMVZ werden muss. Berufsrechtlich sollte über das Zahnheilkundegesetz sichergestellt sein, dass die Geschäftsführung einer solchen Gesellschaft mehrheitlich in zahnärztlichen Händen liegt. Im Sinne einer präventionsorientierten zahnmedizinischen Versorgung fordert die Zahnärzteschaft zudem, dass die Leistungen zur Behandlung von Parodontitis im Zuge des GVSG vollumfänglich vergütet werden.
Gesundes-Herz-Gesetz (GHG)
Mit einer verbesserten Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungensoll die Herzgesundheit gestärkt werden. Den dazu vorgelegten Gesetzentwurf hat der Bundestag am 6. November in erster Lesung beraten.
Position der Zahnärzteschaft: Im Entwurf fehlt aus Sicht von KZBV und BZÄK der Hinweis, dass Parodontitis ein wesentlicher Einflussfaktor bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein kann. Dementsprechend sollte die präventionsorientierte Parodontitistherapie als Baustein für die Herzgesundheit im Gesetz verankert werden. Die zahnärztlichen Teams sollten außerdem als Akteure in der Raucherberatung berücksichtigt werden, unter Einführung einer entsprechenden Abrechnungsposition. Die Zahnärzteschaft plädiert im Zusammenhang mit dem GHG-Entwurf für die verbindliche Einführung einer Ernährungsampel und einer Zuckersteuer auf zuckerhaltige Getränke sowie für verbesserte Ernährungsprogramme in Kitas und Schulen.
Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit
Mit dem Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) soll zum 1. Januar 2025 eine selbstständige Bundesoberbehörde und Forschungseinrichtung im Geschäftsbereich des BMG errichtet werden. Dem Entwurf zufolge soll die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vollständig in der neuen Behörde aufgehen, das Robert Koch-Institut (RKI) teilweise. Die zweite und die dritte Lesung im Bundestag waren für Mitte November vorgesehen, fanden jedoch nicht statt.
Position der Zahnärzteschaft: Der Bundesverband der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BZÖG) begrüßte in einer schriftlichen Stellungnahme den vorliegenden Gesetzentwurf und betonte, dass der BZÖG als einziger Berufsverband für Zahnärztinnen und Zahnärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst in die neu entstehenden Strukturen des BIPAM fest integriert werden müsse, und zwar von Anfang an.
Besondere Relevanz für die Zahnärztinnen und Zahnärzte hat darüber hinaus das geplante Digitalagenturgesetz (GDAG). Auch hierzu haben KZBV und BZÄK aus Anlass der Anhörung des GDAG im Gesundheitsausschuss am 11. November 2024 Stellung bezogen.
Das wäre schön gewesen
Bei vielen Problemen, die aus zahnärztlicher Sicht drängen, wird es in dieser Legislatur wohl keine Lösung mehr geben. Das gilt zum Beispiel für ein beschleunigtes Berufsanerkennungsverfahren für Zahnärztinnen und Zahnärzte aus Drittstaaten. Hier hatte die BZÄK für einen Wechsel von einer Akten- zur Kenntnisprüfung plädiert.
Im laufenden Verfahren ...
... befinden sich außerdem diese Gesetzesinitiativen:
Gesetz zur Reform der Notfallversorgung
Gesetz zur Stärkung der Pflegekompetenz
Gesetz über die Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegeassistenzausbildung
Gesetz für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform
In der Diskussion war ein Abgabeverbot für Lachgas über Automaten. Dazu hatte das Bundeskabinett einen BMG-Entwurf gebilligt, der ein Abgabeverbot über Automaten und Kioske vorsieht. Aktuell ist der Vorstoß in einem Änderungsantrag zum Gesundes-Herz-Gesetz enthalten. Ebenfalls offen: das Thema Bürokratieabbau im Gesundheitswesen. Dazu wollte Karl Lauterbach einen Gesetzentwurf vorlegen. Die Zahnärzteschaft hatte im Herbst 2023 und April 2024 Vorschläge vorgelegt, aber ein Referentenentwurf blieb aus.
Ebenso wenig führte der im Oktober 2023 initiierte Beratungsprozess für einen „Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“, an dem KZBV und BZÄK sich beteiligt haben, zu einem Ergebnis. Auch zu den für die Berufsausübung zentralen Themen Novellierung der GOZ und Bürokratieabbau lagen zum Zeitpunkt des Koalitionsendes keine Entwürfe vor. Ob und wann eine neue Regierung diese auf die Agenda setzt, bleibt abzuwarten.