KZBV-Vertreterversammlung in Bonn

„Wir sind keine Angestellten des Staates!“

„... und werden es auch niemals werden!“ Die Delegierten der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) stellten auf ihrer Vertreterversammlung vom 5. bis zum 7. November in Bonn klar, dass sie sich als Zahnärztinnen und Zahnärzte dem Wert Freiberuflichkeit verschrieben haben – und dass sie es nicht zulassen, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Selbstverwaltung demontiert.

Für 2025 rechnen die gesetzlichen Krankenkassen mit einem Zusatzbeitrag von 2,3 Prozent – 0,6 Prozent mehr als im Vorjahr", startete der KZBV-Vorsitzende Martin Hendges seine Rede. „Für uns bedeutet das die latente Gefahr weiterer Kostendämpfungsmaßnahmen, obwohl wir mit unserem Leistungsbereich und der überaus präventionsorientierten Ausrichtung seit Jahren erfolgreich zur Stabilität der GKV-Finanzen beitragen.“

Nach seiner Einschätzung sei es aber gelungen, den Ampelparteien klarzumachen, dass eine strikte Budgetierung über 2024 hinaus für die Zahnärzteschaft nicht hinnehmbar ist. „Wir dürfen derzeit vorsichtig davon ausgehen, dass 2025 wieder normale Verhältnisse vorherrschen und die KZVen angemessene Gesamtvergütungen § 85 Abs. 3 SGB V verhandeln können“, berichtete Hendges. „Das wäre ein riesengroßer Erfolg sowohl für die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten als auch für unsere Zahnarztpraxen.“

Ganz anders die Lage bei investorenbetriebenen MVZ: Bekanntlich könne man nicht auf die Ankündigungen des Bundesgesundheitsministers setzen – schließlich hatte Karl Lauterbach schon vor zwei Jahren das „letzte schöne Weihnachten“ für die Investoren eingeläutet. Die besondere Problematik im zahnärztlichen Bereich sei für die Politik jedoch inzwischen parteiübergreifend nachvollziehbar und auch die zahlreichen persönlichen Gespräche mit Gesundheitspolitikern hinterließen bei Hendges den Eindruck, dass man hier endlich handeln will. Aber: „Dieses Mal ist es die FDP, die unter dem Vorwand, die Trägervielfalt erhalten zu wollen, wirkungsvolle gesetzliche Regelungen mehrheitlich blockiert. Ein Verschieben auf Sankt Nimmerlein ist absehbar, auch wenn der Bundesrat eine eindeutige Empfehlung ausgesprochen hat.“

Wer Staatsmedizin will, kriegt Dienst nach Vorschrift

Zurück zum Ministerium und seinen Gesetzesvorhaben, die Hendges zufolge ein erkennbares Ziel haben: „Der Bundesgesundheitsminister will unser anerkanntes Gesundheitswesen in ein staatszentriertes Versorgungssystem umbauen, in dem die Werte von Freiberuflichkeit, inhabergeführter Praxen und einer Selbstverwaltung keine Rolle mehr spielen, in dem die Politik bestimmen will, was gut für die Patientenversorgung ist, und in dem Weisungsungebundenheit und Therapiefreiheit geradezu störend sind. Und genau diesen Weg werden wir nicht mitgehen“, stellte Hendges klar: „Wir sind keine Angestellten des Staates und werden es auch niemals. Wer Staatsmedizin will, bekommt auch Staatsmedizin, mit Dienst nach Vorschrift, gerne mit einer Viertagewoche, direktem Beschäftigungsverbot bei Schwangerschaft, geregelten Arbeitszeiten und allen Annehmlichkeiten eines Arbeitnehmerverhältnisses.“

„Das, was unseren Beruf so wertvoll macht, nämlich täglich Menschen zu helfen und zu heilen, tritt mehr und mehr in den Hintergrund. Damit das wieder in die richtige Spur kommt, müssen wir als Berufsstand geschlossen und mit allen Kräften für einen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik kämpfen.“

Martin Hendges, KZBV-Vorsitzender

Dennoch seien gerade in so schwierigen Zeiten Frustration, Resignation und Mutlosigkeit der falsche Weg, betonte Hendges: „Wir sind hier und heute mehr denn je gefordert, uns der Schlagkraft des Berufsstands und der Selbstverwaltung bewusst zu werden, mit Fakten und guten Argumenten zu überzeugen, die zahnärztliche Basis auf dem Weg mitzunehmen und letztendlich der Politik zu zeigen, dass eine effiziente, flächendeckende und wohnortnahe Gesundheitsversorgung nur mit uns und nicht ohne uns funktionieren kann.“

Das BMG will einfach die Selbstverwaltung schwächen

Man müsse zugestehen, dass Deutschland, was die Digitalisierung anbelangt, im Vergleich zu anderen Ländern in Europa am unteren Ende der Liste stehe, betonte die stellvertretende Vorsitzende des KZBV-Vorstands, Dr. Ute Maier. „Die Motivation hierzulande ist oft sehr gering, einfach, weil die Umsetzung zu aufwendig ist.“ Ein topaktuelles Beispiel aus der Zahnmedizin sei der Regierungsentwurf für das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG). „Es wird in den Zahnarztpraxen zu mehr statt zu weniger Bürokratie führen, doch es kommt noch dicker“, prophezeite Maier. „Diesem Gesetz zufolge soll das bei der gematik angesiedelte Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen, kurz KIG, ab 2025 zusätzliche Aufgaben erhalten und könnte somit noch mehr Einfluss auf die Ausgestaltung der Praxisverwaltungssysteme (PVS) nehmen.“

Die Zertifizierung durch das KIG sei bereits ab dem kommenden Jahr notwendig für die Marktzulassung des PVS, erklärte Maier. Dieses Verfahren könnte sich durch die im GDAG angedachten neuen Aufgaben allerdings nicht nur auf Fragen der Interoperabilität beschränken, vielmehr wäre durchaus denkbar, dass auch die Abrechnungsfunktionalität der PVS unter die Regelung fällt. Das Konformitätsbewertungsverfahren würde sich dann nicht nur auf die Prüfung der Interoperabilitätsanforderungen, sondern auch auf die Prüfung der korrekten Implementierung der KZBV-Abrechnungsmodule erstrecken. „Das GDAG zielt darauf ab, dass das KIG noch mehr Einfluss auf die Ausgestaltung der PVS bekommt und ist damit ein erneuter Versuch des BMG, die Selbstverwaltung zu schwächen und Aufgaben in die gematik herüberzuziehen. Das ist ein inakzeptabler Eingriff!"

„Wie man Prozesse im Sinne der Anwender erfolgreich digitalisieren kann, hat die Zahnärzteschaft mit dem GKV-Spitzenverband mit dem elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren – Zahnärzte (EBZ) gezeigt, das aus der Praxis nicht mehr wegzudenken ist.“

Dr. Ute Maier, Stellvertretende KZBV-Vorsitzende

Inzwischen sehe der Regierungsentwurf zum GDAG zwar eine Karenzzeit von acht Monaten bei einen Wechsel des PVS vor, allerdings nur für den eher seltenen Fall, dass eine bereits erfolgte Zertifizierung widerrufen oder zurückgenommen wird. Maier: „Wir halten diese Regelungen nicht annähernd für ausreichend, da die Leistungserbringer selbst überhaupt keinen Einfluss auf die Umsetzung durch die PVS-Hersteller haben und die Problematik einer Fristversäumnis bei der Erstzertifizierung nicht berücksichtigt wird, obwohl dieser Fall weitaus häufiger zu erwarten ist als Rücknahmen oder Widerrufe bereits erfolgter Zertifizierungen. Das völlig unverhältnismäßige Abrechnungsverbot und die damit einhergehende Sanktionierung der Leistungserbringer sind deshalb ersatzlos zu streichen!“

Auch die aktuelle Version der ePA ist ein Flop

„Das einzige, was im BMG verlässlich funktioniert, sind Ankündigungen und die Bürokratie“, bilanzierte der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Karl-Georg Pochhammer. „Elan blitzt immer nur dann auf, wenn es darum geht, die Zukunft blumig auszumalen oder die Praxen mit Sanktionen und Fristen zu überziehen.“ Gerade könne man das wieder „sehr schön“ am Beispiel der „elektronischen Patientenakte für alle“ (ePA 3.0) sehen: „Die aktuelle Version der ePA ist ein Flop!“ Denn auch dieses Mal verzichte das BMG natürlich auf einen seriösen Roll-out.

Weitere Beschlüsse

  • Die Delegierten appellieren an die Regierung, die Vorschläge der KZBV zur Regulierung von iMVZ aufzugreifen, um die mit der Ausbreitung der Zentren einhergehenden Gefahren endlich einzudämmen.

  • Die VV fordert den Gesetzgeber auf, die Behandlungen der präventionsorientierten Parodontitistherapie gesetzlich als Früherkennungs- und Vorsorgeleistungen anzuerkennen und vollumfänglich zu vergüten.

  • Die Umsetzung des „Aktionsplans für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“ dürfe nicht zulasten der Zahnärzteschaft erfolgen.

Alle Beschlüsse finden Sie hier: https://www.kzbv.de/beschluesse-der-5-vertreterversammlung-am-6-und-7.1881.de.html.

Das Großprojekt und damit alleine über 100 Software-Module sollen demnach in nur vier Wochen in zwei Regionen (in Hamburg und Franken) getestet werden. „Im Moment sind nur fünf bis 15 Zahnarztpraxen  – und eine(!) zahnärztliche Praxissoftware – in die Erprobung involviert“, bemängelte Pochhammer. Im Pilotierungskonzept stehe folgender Satz: „Sollte sich ab Dezember 2024 abzeichnen, dass die Mindestanzahl nicht erreicht werden kann, [...] kann die Mindestanzahl nach Rücksprache mit der gematik angepasst werden.“ Pochhammer: „Im Fall der zahnärztlichen PVS wäre die Zahl dann Null!“

„Manchmal sind die Dinge auch in der TI ganz einfach: Die Einführung der neuen ePA wird nur dann gelingen, wenn das BMG seine Ansprüche an die Wirklichkeit anpasst.“

Dr. Karl-Georg Pochhammer, Stellvertretender KZBV-Vorsitzender

Im BMG drehe sich alles um den Termin und nichts um Qualität. Die ePA müsse aber schnell und ohne zusätzlichen Aufwand in der Praxissoftware funktionieren und damit vorher durch entsprechende Tests und Quality Gates bestätigt werden. „Wir können nicht ändern, dass das BMG den Rollout wieder übers Knie bricht, aber wir können gemeinsam etwas dafür tun, dass die Überraschungen für die Zahnarztpraxen nicht zu groß ausfallen“, sagte der KZBV-Vize. Dazu gehöre auch die Frage der TI-Finanzierung, denn jede neue TI-Anwendung habe eine neue Rechnung im Schlepptau. „Da kann die Software noch so ruckeln, die Rechnungsstellung funktioniert verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk“, bemerkte Pochhammer.

Alles dreht sich um den Termin, nichts um Qualität

„Wir fordern daher eine Verschiebung des Einführungstermins und eine seriöse Testphase. Die Kosten, die den Praxen im Rahmen der Vorbereitung auf die ePA entstehen, müssen refinanziert und die Anstrengungen der Praxen anständig bezahlt werden!"

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.