Absagen sind kein Weltuntergang
Die plötzlichen Lücken im Praxisalltag wirken aus wirtschaftlicher Sicht zunächst bedrohlich und sind schließlich auch für die Patienten mit Umständen verbunden. „Die Grundlage für eine erfolgreiche Krisenbewältigung ist eine durchdachte Vorbereitung“, sagt Lea Sawatzki, Leitung operatives Geschäft (COO) mit Schwerpunkt Qualitätsmanagement bei OPTI health consulting.
Sie gibt drei organisatorische Tipps: Erstens sollte ein modernes Praxismanagementsystem nicht nur eine flexible Terminvergabe, sondern auch einige sinnvolle Pufferzeiten enthalten. Diese Freiräume können verhindern, dass Terminabsagen oder -verschiebungen die Abläufe ins Chaos stürzen. Sie rät zweitens dazu, regelmäßig Notfallprozeduren zu üben. „Spielen Sie zusammen durch, wie die Praxis mit Ausfällen umgeht. Das beugt unnötigen Unsicherheiten im Team vor. So sind Sie jederzeit in der Lage, adäquate Lösungen anzubieten. Diese Prozesse sollten klar im QM geregelt und durchdacht sein." Drittens könne sich die Praxis im äußersten Notfall auch temporäre Unterstützung holen. „Gerade in der Erkältungszeit kann das Hinzuziehen von Aushilfskräften oder Vertretungspraxen den Druck von den Schultern des Teams nehmen“, betont Sawatzki.
Praxismanagerin Denise Legler arbeitet in der Zahnarztpraxis von Hagen Stille in Ottendorf-Okrilla, Sachsen. Wie sie und ihr Team intern mit Absagen umgehen? „Wir haben zur Meldung von Zwischenfällen eine zentrale WhatsApp-Gruppe. Hier schreibt jeder so früh wie möglich, falls er ausfällt – und am besten, wie lange. Dann sind die meisten schon mal informiert." In der Praxis pflegt die Frühschicht den Krankheitsfall in die tägliche To-do-Liste ein, spätestens jetzt wissen alle, dass an diesem Tag eine Kollegin nicht kommen kann oder es Probleme gibt. Abschließend schickt die Betroffene die Krankmeldung an das eigens dafür eingerichtete E-Mail-Postfach. Parallel dazu werden die eAUs ja direkt digital an die Krankenkassen versandt – von dort können Arbeitgeber die Daten abrufen.
Erstmal den Tag retten
„Fällt ein behandelnder Zahnarzt aus, unterstützt seine Assistenz zunächst die Rezeption bei der Organisation des Tages. Wir schauen dann: Welche Patienten könnte ein anderer Behandler oder vielleicht auch der Zahntechniker übernehmen und welche nicht. Wir priorisieren und bieten unbedingt zu behandelnden Patienten in der Regel an, später am Tag zu kommen. Anwesende Behandler hängen dann die Notfalltermine hinten dran.“ Wenn es gar nicht anders geht, bittet die Praxismanagerin Zahnärzte an ihrem freien Tag in die Praxis. Sie bekommen dann einen anderen freien Tag oder verbuchen die Zeit als Überstunden. „Mit diesen Maßnahmen versuchen wir erst mal, den Tag so gut es geht zu retten“, berichtet Legler. In ihrer Mehrbehandler-Praxis komme es zum Glück nicht vor, dass die Türen ganz geschlossen werden müssen. Im äußersten Notfall würden Kollegen im Ort um Hilfe gebeten. Oder die Patienten werden in die nächste Uniklinik geschickt.
Ist der Tag intern neu strukturiert, geht es an die Terminabsagen. Hier ist eine gute Kommunikation sehr wichtig, weiß Sawatzki.„Mit einer empathischen Erklärung, Verständnis für möglichen Missmut über die kurzfristige Planänderung und einer schnellen Terminalternative kann man in dem Moment der Absage sogar die Patientenbindung stärken“, meint die Expertin. Denn die Patienten sehen die Bemühungen und ein wirkungsvolles Krisenmanagement. Das speichern sie ab und sagen es vielleicht weiter, was letztendlich die Reputation stärken könne. Weiter sei wichtig, sich so schnell wie möglich beim Patienten zu melden. „Am besten direkt und telefonisch.Das ist immer besser, weil persönlicher; und man kann die Reaktion direkt aufnehmen und entsprechend handeln."
Direkt und telefonisch ist immer besser
Auch wenn es gerade stressig zugeht, hilft eine empathische Art und Weise bei der Absage dabei, Unmut abzufedern. Legler: „Die Patienten erwarten eine Entschuldigung und einen zeitnahen neuen Termin. Das versuchen wir möglich zu machen. Zielführend ist dabei, wenn wir Zeitfenster anbieten, anstatt uns die Terminwünsche anzuhören. Das dauert meist länger.“
Klar kommt es vor, dass Patienten mit Missfallen auf die Absage reagieren. „Wir zeigen Verständnis, sind aber auch so aufrichtig, dass wir darauf hinweisen, dass das leider mal vorkommen kann. Für Schmerzpatienten finden wir immer eine schnelle Lösung!“ Sind die Patienten telefonisch nicht erreichbar, können die Mitarbeiter über das Praxismanagementsystem eine kurze SMS versenden. Als weitere Möglichkeit nutzt Leglers Praxis dann E-Mails, die direkt Alternativtermine enthalten.
So sagen Sie Termine ab!
Priorisieren Sie: Welche Patienten können nicht warten, welche Termine müssen zeitnah nachgeholt werden und was kann umdisponiert werden?
Ein modernes Praxismanagementsystem sollte bei der Terminplanung helfen und Absagen vereinfachen.
Reagieren Sie schnell und empathisch bei Absagen und bieten Sie sofort Lösungen an.
Etablieren Sie Notfallpläne und sichern Sie sich externe Unterstützung für Engpässe.
Fördern Sie Ihr Team durch Anerkennung und faire Arbeitsverteilung – so bleibt die Motivation hoch.
„In Zeiten von Krankheitswellen und erhöhtem Arbeitsaufwand ist es wichtig, die Motivation des Teams hochzuhalten. Nur ein engagiertes, gut gelauntes Team kann effizient arbeiten und die Praxis auch durch schwierige Phasen steuern“, erinnert Sawatzki. Dazu gehört, Wertschätzung für die Extra-Meile zu zeigen. Trotz Überlastung sollte der Dialog nicht gescheut werden. „Sorgen und Vorschläge sollten gehört und in Lösungsvorschläge umgewandelt werden. Und auch die Überlastung einzelner Mitarbeiter muss vermieden werden. Eine gerechte Arbeitsverteilung sorgt für ein positives Arbeitsumfeld und verhindert Burn-outs.“
Fazit
Terminabsagen sind kein Weltuntergang. Darin steckt sogar die Gelegenheit, die eigene Praxisorganisation zu optimieren und gleichzeitig das Vertrauen der Patienten zu vertiefen, meint Sawatzki. Die Kombination aus vorausschauender Planung, empathischer Kommunikation und einem motivierten Team mindere nicht nur die negativen Auswirkungen von Absagen, sondern sichere auch langfristig die wirtschaftliche Grundlage der Praxis. „Wer in schwierigen Zeiten richtig handelt, wird nicht nur den Sturm überstehen, sondern gestärkt daraus hervorgehen“, prophezeit die Expertin.