19. Hamburger Zahnärztetag

Vorhersagbar schön: Was geht und was nicht

Die ästhetische Umsetzung zahnmedizinischer Therapien bleibt eine Dauerherausforderung. Der Hamburger Zahnärztetag bot eine Fülle von Inspirationen für die tägliche Praxis und deckte das gesamte Spektrum möglicher Behandlungsoptionen ab: vom ansehnlichen Lowtech-Kompromiss bis hin zum Highend-Behandlungskonzept.

Bereits Wochen vor dem Start war die Präsenzveranstaltung mit 350 Anmeldungen komplett ausgebucht. Hinzu kamen noch gut 300 Anmeldungen für das Online-Format. Konstantin von Laffert, Präsident der Zahnärztekammer Hamburg: „Die Teilnehmerzahl bedeutet einen absoluten Rekord und wir freuen uns, dass beide Angebote, Präsenz und online von Ihnen so gut angenommen werden.“

Die politischen Rahmenbedingungen – nur auf dem Papier gut

In seiner Begrüßung ging von Laffert kritisch auf die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen ein. Auf der Agenda aller Parteien stehe heute der Abbau von Bürokratie. „Das klingt in den Programmen erst mal gut. Leider hat es bisher aber keine einzige Partei geschafft, den Bürokratieabbau auch nur mit einer winzigen Geste für uns mal anzugehen." Aus dem „mit viel Tamtam angekündigten Projekt des Normenkontrollrats ‚Mehr Zeit für Behandlung‘ aus dem Jahr 2015“ sei für die Zahnmedizin nicht eine einzige Anregung umgesetzt worden.

Von Laffert verwies auf den „größten unsinnigen Bürokratieaufbau seit 25 Jahren“ – die „Validierung der abschließenden Wischdesinfektion“: Er sehe es „als absolut rote Linie an, dass tatsächlich Validierer in unsere Praxen kommen sollen, die unseren gut geschulten Mitarbeiterinnen beim Abwischen und Desinfizieren von Medizinprodukten zuschauen. Gegen einen solchen Irrsinn werde ich mich gemeinsam mit dem Vorstand der BZÄK mit allen Mitteln wehren“, sagte von Laffert. Er informierte darüber, dass die Bundeszahnärztekammer gerade an einem wissenschaftlichen Leitfaden für die Praxis arbeite, mit dem man der „völlig sinnfreien Geschäftemacherei mit der Hygiene“ begegnen wolle.

Das wissenschaftliche Programm – konsequent praxisnah

Das wissenschaftliche Programm stand dieses Jahr wieder unter der Leitung von PD Dr. Oliver Ahlers, Vorsitzender des Fortbildungsausschusses der Zahnärztekammer Hamburg. Da die Erwartungen der Patientinnen und Patienten im Hinblick auf die ästhetische Umsetzung von zahnmedizinischen Therapien steigen und auch die Möglichkeiten von Zahnmedizin und Zahntechnik immer größer werden, sei es wichtig, den aktuellen wissenschaftlichen Stand möglichst praxisnah zu vermitteln, sagte Ahlers.

Damit kann man Flugzeugteile zusammenkleben

Zahnarzt Ulf Krueger-Janson aus Frankfurt referierte zum Thema „Ästhetische Lösungen mit Komposit, Möglichkeiten und Grenzen“, wobei die Potenziale des Materials klar im Fokus standen: „Mit der dem Komposit zugrundeliegenden Adhäsivtechnologie können Sie heute Flugzeugteile zusammenkleben."

Die hohen Stabilitätswerte, die Flexibilität in der Verarbeitung und nicht zuletzt die ästhetische Anpassung moderner Komposite erweitern laut Krueger-Janson das Behandlungsspektrum enorm. Auch klinische Herausforderungen wie ein direkter Kompositaufbau zur Versorgung von Zapfenzähnen, direkte Veneers, Lückenschlüsse nach PAR- und KFO-Therapie und Positionsänderungen seien heute kein Problem mehr. Deshalb könne man dem Patientenwunsch nach nicht- oder minimalinvasiven Versorgungen in immer mehr Fällen entsprechen.

Krueger-Janson zeigte eine spezielle dynamische Matrizentechnik, die es ermöglicht, gleichzeitig die Morphologie und den Kontaktpunkt zu gestalten, ohne die Papille zu traumatisieren. Im ersten Schritt wird eine primäre Verschalung aufgebaut, im zweiten Schritt wird das Komposit mittels eines Streifens ausgeformt. Schichtweise wird dann polymerisiert. Im Ergebnis entstehen ästhetisch anspruchsvolle Versorgungen – in einer Sitzung und mit überschaubarem Zeit- und Materialaufwand.

Wie eigene Zähne, nur abnehmbar

Viel Interesse fand ein Vortrag von ZTM Simone Lübbert und Dr. Frank Hoffmann (Hamburg), die zeigten, wie sich herausnehmbarer Zahnersatz ästhetisch gestalten lässt. Sie zitierten eine ihrer Patientinnen mit den Worten: „Es fühlt sich an wie eigene feste Zähne, nur abnehmbar.“ Wenn auch der Patientenwunsch meist den festsitzenden Zahnersatz präferiert, bieten herausnehmbare Konstruktionen wichtige Vorteile, beispielsweise bei der Hygienefähigkeit. Bei steigendem Alter des Patienten und nachlassenden manuellen Fähigkeiten wird die Hygienefähigkeit zu „einem entscheidenden Faktor für die Langlebigkeit dentaler Restaurationen“, erklärte Hoffmann.

Lübbert und Hoffmann stellten für ihre Technik der herausnehmbaren Brücken auf Basis des Weigl-Protokolls sowohl den analogen Workflow mit Follow-ups über 15 Jahre als auch die Weiterentwicklung hinein in die digitale Welt vor. Dabei spielen sowohl die Visualisierung und deren exakte Umsetzung als auch die Verwendung von Kompositen zum Ersatz von PMMA-Kunststoffen eine Rolle. Moderne technische Möglichkeiten bieten den Patienten – gerade bei starker Atrophie – ästhetische Lösungen, die festsitzend, in Abhängigkeit von der Lachlinie, kaum erreichbar sind.

Hightech und Lowtech sinnvoll kombinieren

Der Kieferorthopäde PD Dr. Björn Ludwig (Traben-Trarbach) befasste sich mit der präprothetischen Phase in der Kieferorthopädie, die eine Vielzahl von Behandlungen umfasst, die darauf abzielen, optimale Bedingungen für die prothetische Versorgung zu schaffen.

Dabei zeigte er sich deutlich vorsichtiger, was umfassende kieferorthopädische Zahnbewegungen betrifft. Rezessionen können eine Folge kieferorthopädischer Behandlungen sein – und können auch reversibel sein, wenn der Zahn wieder in Richtung der ursprünglichen Position zurückbewegt wird. Fazit: „Behalten wir die Wurzel in der Alveole, bleibt das parodontal gesund“, erklärte Ludwig.

Eine Lanze brach Ludwig für die frugale Zahnmedizin: Im Mittelpunkt stehe der Patient. Eine adäquate Behandlung bedeute nicht zwangsläufig, das gesamte Instrumentarium der Kfo zum Einsatz zu bringen. Eine moderne Kieferorthopädie müsse und könne Hightech und Lowtech sinnvoll miteinander kombinieren.

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