Erfahrungen bei einer Auslandsfamulatur

Ab nach Tansania

Jonas Taubmann
,
Tobias Lacher
,
Aya Elkhodary
Ab ins Ausland – das war unser Plan nach dem ersten klinischen Jahr an der Uni Greifswald. Für unsere Famulatur landeten wir in Tansania, wo wir die Chance hatten, eine zahnmedizinische Versorgung unter anderen Bedingungen kennenzulernen. Wo Geld und Mittel fehlen, wird schlicht anders behandelt.

Etwa sieben Monate bevor unsere Reise starten sollte, begannen wir – Aya Elkhodary, Tobias Lacher und Jonas Taubmann – mit der Planung. Ursprünglich wollten wir mit den „Dentists for Africa“ nach Kenia reisen, doch zehn Tage vor dem Abflug mussten wir umschwenken. Die politische Lage dort wurde immer unruhiger, es kam zu Protesten gegen den Präsidenten. Glücklicherweise konnten wir kurzfristig eine Alternative mit dem Verein „Daktari for Maasai – Dental care for Tanzania“ im Nachbarland Tansania finden. Die Organisation kooperiert mit dem Babati District Council und deren medizinischen und zahnmedizinischen Leitern.

Drei Monate vor Abflug hatten wir begonnen, über unsere Uni und in Eigeninitiative Anfragen an verschiedene Firmen und Praxen zu versenden. Als es so weit war, konnten wir mit knapp 70 Kilogramm gespendetem Material nach Babati aufbrechen. Leider wurden unsere Spendenkoffer zunächst am Zoll einbehalten, da das ursprünglich ausgestellte Schreiben der Distriktsregierung und unserer Organisation nicht den Anforderungen entsprach. Nach mehreren Verhandlungsrunden erhielten wir die Materialien letztendlich in der vierten Woche unseres Aufenthalts. Wir können also allen empfehlen, die medizinische Materialien nach Tansania einfliegen lassen wollen, diese offiziell über die Behörde anzumelden. 

In Babati angekommen, zeigte man uns die von der Regierung bereitgestellte Unterkunft, die wir uns mit zwei dänischen Medizinstudentinnen teilten. Der medizinische Leiter des Babati-Districts führte uns durch alle Gesundheitseinrichtungen, in denen wir in den nächsten vier Wochen arbeiten sollten. Unser Einsatz begann im District Hospital in Mbuyu Wa Mjerumani, das über einen gut ausgestatteten zahnärztlichen Behandlungsraum mit Absaugung und digitalem Röntgengerät verfügt.

Warum wird hauptsächlich extrahiert?

Nach unseren Erfahrungen und auch den Berichten vor Ort zufolge werden zahnärztliche Behandlungen hauptsächlich symptomatisch bei Schmerzen durchgeführt. Zum Spektrum gehören Füllungen, Zahnreinigungen und zum Teil auch endodontische Behandlungen. Der Schwerpunkt liegt allerdings in allen Einrichtungen auf Extraktionen.

Das ist unserer Einschätzung nach vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen, die sich gegenseitig bedingen: Zum einen gibt es zwar eine Krankenversicherung, aber die ist – wie die zahnärztliche Behandlung selbst – für die meisten Menschen nicht ohne Weiteres bezahlbar. Die Beiträge liegen mit drei Millionen Tansania-Schilling (1.093 Euro) pro Jahr über dem Jahreseinkommen vieler Einwohnenden. Zum anderen herrscht in den Einrichtungen oft Materialknappheit und die Standorte der Zahnstationen sind größtenteils nur mit großem Zeitaufwand zu erreichen. Das führt dazu, dass die Patienten teilweise jahrelang Schmerzen ertragen und sich der Zahnstatus enorm verschlechtert. Umso mehr haben wir uns gefreut, dass wir unsere Behandlungen für die Menschen kostenlos anbieten und mit unseren Materialspenden die Bestände der Zahnstationen im Distrikt auffüllen konnten.

In den ersten Tagen im District Hospital haben wir uns an die eher entspannte Arbeitsmentalität und die Arbeitsbedingungen in Tansania „gewöhnt“. Beispielsweise ist im Krankenhaus in der Regel Strom vorhanden, aber nicht genug, um die Schleifer an der stationären oder der mobilen Einheit einsetzen zu können. Diese stoppen, sobald sie mit der Zahnhartsubstanz in Berührung kommen. Wir haben uns dann vor allem auf die Extraktionen mit Hebel und Zange konzentriert. Die Kommunikation mit den Patienten erfolgte größtenteils auf Suaheli, da nur wenige Englisch sprechen. So waren wir auf übersetzende Personen angewiesen, meist eine vor Ort tätige Schwester oder andere Mitarbeitende. Vor allem mit den Kindern und den Jugendlichen konnten wir aber direkt in Englisch kommunizieren.

20 Mediziner, drei Tage, 660 Patienten

In der zweiten Arbeitswoche hatten wir das Glück, bei einem Outreach in einer kleinen Baptisten-Siedlung bei Maggugu mitmachen zu können. Der Einsatz wurde von einer Kirchengemeinde aus der nächstgelegenen Großstadt Arusha in Kooperation mit einer großen amerikanischen Kirche organisiert. Rund 20 Mediziner aus den Bereichen Allgemeinmedizin, Zahnmedizin, Augenheilkunde, Radiologie, Kardiologie, Labormedizin und Pharmazie bis hin zu Psychologie und Physiotherapie haben an drei Tagen 660 Patienten kostenlos behandelt!

Gearbeitet wurde in einem Gebäude, in dem die zwölf Räume durch Vorhänge voneinander getrennt waren. Wir drei Famulanten unterstützten das Team vor Ort, indem wir zwei Behandlungs­stühle betreuten. In den folgenden Wochen waren wir noch in Ndareda im Dareda Kati, in Mayoka und in Bashnet in abgelegenen Dörfern tätig. Dazu fuhren wir jeden Tag mit unserem frisch verzollten Material und den zusätzlichen chirurgischen Instrumenten zu den Krankenhäusern.

Meistens wurde das Auto mit Fahrer von der Regierung gestellt, für das Benzin mussten wir allerdings selbst aufkommen. Der Benzinpreis lag immer bei über einem Euro, wodurch über die Zeit einige Kosten für uns zusammenkamen. Durchschnittlich saßen wir etwa drei Stunden pro Tag im Auto für die Hin- und Rückfahrt zu den Einsatzorten. In der letzten Woche haben wir einen Tag Präventionsarbeit in einer Grundschule mit knapp 300 Kindern im Alter von vier bis 13 Jahren geleistet.

Die Planung erfolgte außerhalb des eigentlichen Projekts eigenständig mit den Organisatoren vom Outreach in Maggugu. Unterstützt wurden wir dabei durch einen Zahnarzt aus Arusha, der uns 300 Zahnbürsten organisieren konnte. Wir mussten die Zahnpasta beisteuern. Diese Präventionsarbeit mit Kindern und Jugendlichen kommt unserer Einschätzung nach noch viel zu kurz, da man ohne diesen Teil der zahnmedizinischen Versorgung ausschließlich symptomatisch behandelt und keine Ursachenbekämpfung erfolgt.

Unser Famulatur-Fazit

In den Wochen in Tansania konnten wir sehr viel selbstständige Arbeitserfahrung sammeln – bis hin zu Extraktionen. In letzter Instanz war immer ein ausgebildeter tansanischer Zahnarzt vor Ort, der uns aber größtenteils selbstständig arbeiten ließ und sich auf das Übersetzen konzentrierte. Kritisch bleibt zu sagen, dass wir das erste studentische Team waren, das mit Daktari for Maasai nach Tansania geflogen ist. So gab es unserer Empfindung nach noch einige organisatorische Probleme vor Ort und auch bei der Kommunikation mit unserem Ansprechpartner in Deutschland.

Leider konnten die ursprünglich zugesagten Pläne der deutschen und der tansanischen Organisatoren, wie in der Serengeti oder im Lake Manyara Nationalpark die Belegschaften zu behandeln, oftmals nicht umgesetzt werden. Auch gab es vermehrt kurzfristige Absagen aufgrund zu knapper Planung und dadurch Tage, an denen wir in unserer Unterkunft in Babati unsere Zeit verbringen mussten. Dennoch war die Famulatur eine tolle Erfahrung und wir haben uns vorgenommen, dass unser erster Auslandseinsatz nicht der letzte war.

Wir danken der Zahnklinik der Universität Greifswald, insbesondere der Poliklinik für Kinderzahnheilkunde, der Poliklinik für MKG-Chirurgie sowie der Abteilung für Parodontologie, ebenso der Zahnarztpraxis Taubmann, dem Zentrum für Zahnmedizin Dr. Schreiber sowie den Firmen für ihre Spenden und Unterstützung, ohne die diese Famulatur so nicht möglich gewesen wäre.

Jonas Taubmann

Universität Greifswald

Tobias Lacher

Universität Greifswald

Aya Elkhodary

Universität Greifswald

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