US-Senatsbericht zu Geschäftspraktiken

„Private Equity hat das US-Gesundheitssystem infiziert!“

Der parteiübergreifende Haushaltsausschuss des US-Senats hat Anfang 2025 einen Bericht veröffentlicht, der die negativen Folgen von Investitionen durch Private-Equity-Unternehmen im Gesundheitswesen aufzeigt. Das Urteil ist vernichtend.

Für die Untersuchung prüfte der Ausschuss mehr als eine Million Dokumentseiten, die neue Informationen über die Geschäftspraktiken von Krankenhausbetreibern im Besitz von Private Equity enthüllen. Die Dokumente zeigen detailliert, heißt es in einer Mitteilung des Senats, „wie Private Equity (PE) als Eigentümer von Krankenhäusern den Investoren Millionen einbrachte, während in den Krankenhäusern gegen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften verstoßen wurde, Personalmangel herrschte, sich die Behandlungsqualität verringerte und sogar Schließungen einzelner Einrichtungen hingenommen werden mussten".

„Private Equity hat das US-Gesundheitssystem infiziert und gefährdet Patienten, Gemeinden und Anbieter“, so das Fazit des Senats. Die Finanzunternehmen hätten ihre eigenen Gewinne über das Wohl der Patienten gestellt.

„Private-Equity-Investoren haben sich Millionen in die Taschen gesteckt, während sie Krankenhäuser in den Ruin getrieben und dann verkauften."

Senator Sheldon Whitehouse

Der 162-seitige Bericht beschreibt exemplarisch für die Branche die Geschäftspraktiken von zwei PE-Unternehmen:

  • Apollo Global Management (Apollo) ist zu 97 Prozent an Lifepoint Health beteiligt, einem Unternehmen, das vorwiegend Akutkrankenhäuser auf dem Land betreibt. Zusammen mit der Beteiligung an ScionHealth – einem weiteren Krankenhausbetreiber – besitzt Apollo landesweit rund 220 Krankenhäuser und ist damit der größte PE-Eigentümer von Krankenhäusern in den Vereinigten Staaten.

  • Leonard Green & Partners (LGP) hatte von 2010 bis 2021 eine Mehrheitsbeteiligung von 61 Prozent an der Prospect Medical Holdings (PMH). In dieser Zeit betrieb PMH insgesamt 21 Krankenhäuser in städtischen und vorstädtischen Gebieten, hauptsächlich an der Ost- und Westküste der Vereinigten Staaten. LGP ist außerdem Eigentümer von Aspen Dental Management, einem Franchise-Unternehmen für zahnmedizinische Dienstleistungen mit über 1.100 Niederlassungen in den USA.


Nach Darstellung des Senats zeigen Protokolle von Vorstandssitzungen von LGP und seinem Krankenhausbetreiber PMH, dass Gewinnmaximierungstaktiken eine wesentlich größere Rolle spielten als Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung. Und während PMH 645 Millionen Dollar an Dividenden und Vorzugsaktien an seine Investoren ausschüttete (424 Millionen Dollar davon gingen an die Aktionäre von LGP), nahm das Unternehmen Hunderte von Millionen an Krediten auf, die es schließlich nicht mehr bedienen konnte.

Die Investoren steckten sich Millionen in die Tasche

„Private-Equity-Investoren haben sich Millionen in die Tasche gesteckt, während sie die Krankenhäuser in den Ruin trieben und dann verkauften, so dass die Städte und Gemeinden die Scherben aufkehren mussten“, sagt der demokratische Senator Sheldon Whitehouse aus dem Bundesstaat Rhode Island.

Das Wachstum von PE-Investitionen habe in den vergangenen Jahren dramatische Ausmaße angenommen, heißt es in dem Bericht weiter. Hatten PE und andere private Fonds im Jahr 2004 weltweit noch ein verwaltetes Vermögen von weniger als 1 Billion US-Dollar, seien es zuletzt mehr als 13 Billionen US-Dollar gewesen.

Das Interesse von PE an der Gesundheitsbranche habe ebenfalls erheblich zugenommen. Allein 2021 erreichten die Private-Equity-Investitionen im Gesundheitswesen mit insgesamt 515 Deals im Wert von 151 Milliarden US-Dollar einen Rekordwert, schreibt der Senat. Gleichzeitig zeigten jüngste, von Fachleuten überprüfte Studien, dass eine PE-Eigentümerschaft von Akutkrankenhäusern zumindest während der ersten drei Jahre negative Folgen hat. Dazu gehören eine geringere Versorgungsqualität, weniger Personalausstattung und höhere Preise (siehe Kasten).

Versorgung wird schlechter, Unzufriedenheit steigt

Bereits 2023 zeigte eine Studie die Auswirkungen der Private-Equity-Käufe von US-Krankenhäusern auf die klinische Qualität der Versorgung. Dazu verglichen die Forschenden die Daten von mehr als 662.000 stationären Aufenthalten in 51 Private-Equity-Krankenhäusern mit Daten von 4,1 Millionen stationären Aufenthalten in 259 Kontrollkrankenhäusern, die nicht im Besitz von Private-Equity-Gesellschaften waren. Die Betrachtung umfasste den Zeitraum von 2009 bis 2019.

Ergebnis: Im Krankenhaus aufgetretene unerwünschte Ereignisse – von den US-Zentren für Medicare&Medicaid-Services als Stürze, Infektionen und andere Erkrankungen definiert – wurden bei insgesamt 10.091 Hospitalisierungen beobachtet. Nach der Übernahme von Private Equity erlebten Medicare-Versicherte, die in Private-Equity-Krankenhäusern aufgenommen wurden, einen Anstieg der sich im Krankenhaus zugezogenen Probleme um 25,4 Prozent. Dieser Anstieg sei vor allem auf eine größere Häufigkeit von Stürzen (+27,3 Prozent) und Sepsen (+37,7 Prozent) in Private-Equity-Krankenhäusern zurückzuführen, schreiben die Autoren. Außerdem verdoppelte sich dort die Häufigkeit postoperativer Wundinfektionen von 10,8 auf 21,6 pro 10.000 Krankenhauseinweisungen, obwohl dort 8,1 Prozent weniger Operationen durchgeführt wurden.

Eine im Januar 2025 in JAMA veröffentlichte Studie zeigt zudem, dass sich in US-Krankenhäusern nach der Übernahme durch Private-Equity-Unternehmen die Patientenzufriedenheit verschlechtert. Gleichzeitig sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten das Krankenhaus weiterempfehlen. Dieses Zufriedenheitsdefizit erhöhte sich, je länger ein Krankenhaus unter Private-Equity-Kontrolle stand. Die Forschenden hatten eine standardisierte Umfrage zur Patientenzufriedenheit in 73 Private-Equity-Krankenhäusern und 293 Kontrollkrankenhäusern durchgeführt und verglichen.

Laut Bericht übte LGP auf die finanziellen Entscheidungen seiner Krankenhausgesellschaft PMH in mehrfacher Hinsicht erheblichen Einfluss aus, löste ohne Zustimmung des Verwaltungsrats seine Vorzugsaktien im Wert von 88 Millionen US-Dollar ein, und zwang die PMH zur Finanzierung dieser Maßnahme zur Aufnahme eines Kredits in Höhe von 325 Millionen US-Dollar. Gleichzeitig wurden Aktienoptionen als Bonuszahlungen ausgelobt, die von bestimmten Ertragszielen abhängig waren – während es ähnliche Anreize zur Verbesserung der Patientensicherheit und -versorgung nicht gab.

Außerdem sieht der Senat Belege für zahlreiche Verstöße gegen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften sowie eine absichtliche Unterbesetzung. Letztlich gefährde diese Trägerschaft deshalb die Versorgungssicherheit – wenn Krankenhäuser gekauft, dann gezielt heruntergewirtschaftet und schließlich geschlossen würden.

Städte und Gemeinden kehrten die Scherben auf

Fünf Tage vor seinem Ausscheiden aus dem Amt veröffentlichte der vormalige demokratische US-Gesundheitsminister Xavier Becerra in Absprache mit dem Justizministerium und der Bundeshandelskommission einen Bericht, der mehr als 2.000 nach einem Aufruf eingegangene Kommentare von Patienten, Ärzten, Versicherern, Branchenverbänden, Gewerkschaften und Forschenden auswertete. Die Ergebnisse „zeigen eindeutig, dass die amerikanische Öffentlichkeit mit den anhaltenden Trends im Gesundheitssektor unzufrieden ist“, heißt es dort.

Theoretisch könnten private Investitionen in die Gesundheitsversorgung zu Produktionssteigerungen, Preissenkungen und Qualitätsverbesserungen führen, aber: „Die eingegangene Kommentare, die mit der wachsenden Zahl von Forschungsergebnissen übereinstimmen, deuten darauf hin, dass das Gegenteil der Fall ist.“ Die Konsolidierung von PE im Gesundheitswesens könne sich negativ auf die Sicherheit von Patienten und Gesundheitsfachkräften sowie die Kosten und Qualität der Versorgung auswirken, lautet das Fazit.

Es bedürfe darum einer fortlaufenden Untersuchung und mehr Forschung. Das Gesundheits- und das Justizministerium müssten diese Probleme gemeinsam mit der Bundeshandelskommission weiterhin überwachen. Dabei seien Partnerschaften mit den Bundesstaaten und dem Kongress zu begrüßen, um Schäden durch weitere Konsolidierung zu verhindern.

Abzuwarten bleibt, ob Robert Kennedy Jr. Becerras Bemühungen fortführt. Als Präsidentschaftskandidat hatte der heutige US-Gesundheitsminister eine Reihe von Wahlkampf-Videos auf YouTube veröffentlicht, in denen er die negativen Folgen von Private Equity für kleine Unternehmen anprangert.

Literaturliste

  • Bhatla A, Bartlett VL, Liu M, Zheng Z, Wadhera RK. Changes in Patient Care Experience After Private Equity Acquisition of US Hospitals. JAMA. 2025;333(6):490–497. doi:10.1001/jama.2024.23450

  • Kannan S, Bruch JD, Song Z. Changes in Hospital Adverse Events and Patient Outcomes Associated With Private Equity Acquisition. JAMA. 2023;330(24):2365–2375. doi:10.1001/jama.2023.23147

  • Scheuplein, C. (2020). Wer kommt, wenn Private Equity geht? Langfristige Wirkungen auf die Eigentümerstruktur deutscher Unternehmen. (Forschung aktuell, 2020-10). Gelsenkirchen: Institut Arbeit und Technik (IAT). https:// doi.org/10.13140/RG.2.2.18803.35369

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