Prozessoptimierung in der Praxis – Teil 1

QM ist ein mächtiges Werkzeug

Das Qualitätsmanagement (QM) ist für die meisten Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht unbedingt vergnügungsteuerpflichtig. Wer sich aber aufrafft und die Prozesse einmal definiert, erlebt nicht nur einen Glücksmoment. Das Werkzeug kann nämlich überraschend viel.

Viele Praxen wissen nicht genau, wie sie das Thema QM strategisch angehen sollen. „Sie sehen oft nur die Komplexität, nicht aber die Chancen. Das hält sie davon ab, Veränderungen zu wagen, die spätestens langfristig spürbare Entlastungen bringen können“, erklärt Lea Sawatzki, Leitung operatives Geschäft (COO) mit Schwerpunkt Qualitätsmanagement bei OPTI health consulting.

Entscheidend ist dabei, dass das Praxis-Team QM nicht als bloße Pflicht begreift, sondern als ein Werkzeug für Wachstum und Effizienz. Damit der Bereich für alle Beteiligten attraktiver wird, muss das Team allerdings die konkreten Vorteile selbst erleben, erklärt die Expertin. „In dem Moment, in dem kostbare Arbeitszeit gespart wird, weil zum Beispiel nerviges Suchen ausbleibt, wird die Entlastung spürbar und die Wirtschaftlichkeit kann steigen. Auch, wenn das auf den ersten Blick nur ein paar Minuten hier und da sind, rechnet sich das über das gesamte Jahr und in unterschiedlichen Praxisbereichen auf einen beachtlichen Zeitraum hoch!“

Das QM ist also ein Hebel, um Arbeitsabläufe zu straffen und das Team zu entlasten – gerade auch bei einer dünnen Personaldecke. Wenn man mehr Zeit, weniger Stress und höhere Patientenzufriedenheit herausholt, dann sei der Erfolg auch irgendwann messbar, sagt Sawatzki. Entscheidend für jegliche Optimierung sei, dass das QM in der Praxis angenommen und von der Praxisführung vorgelebt wird. „Wer mit effizienteren Prozessen arbeitet, ist letztendlich zufriedener. Und ein zufrieden arbeitendes Team kann den Umsatz verbessern“, erklärt sie die Kalkulation.

Ohne ein offenes Mindset und ein Team, das bereit ist, Abläufe neu zu denken und anzupassen, bleiben die vorhandenen Potenziale in vielen Praxen ungenutzt. Zuallererst müsse daher der Ist-Zustand erhoben werden, rät die Expertin. „Ein schneller Check-up, um Schwächen zu identifizieren, ist in der Regel binnen kurzer Zeit möglich. Wo steht die Praxis? An welcher Stelle funktioniert ein Prozess aktuell nicht oder noch nicht vollständig richtig? Sind alle auf dem Stand, auf dem sie sein müssen? Aus der Analyse werden dann Ziele abgeleitet. Sobald die Schwachstellen klar sind, kann gezielt nachgebessert werden. Das können zunächst kleine Veränderungen sein, die man dann weiterentwickelt, so dass alle im Team mitkommen."

Niemand muss sich mehr den Kopf zerbrechen

Der Aufwand für die Implementierung eines effizienten QM-Systems hängt stark von der jeweiligen Ausgangslage der Praxis ab. Ein Instrument sind hinterlegte Checklisten mit klar formulierten Arbeitsanweisungen. Sie enthalten zum Beispiel ein Ausfallmanagement oder eine Patientenkategorisierung und sind Teil eines zentralen, gut strukturierten Nachschlagewerks, auf das jeder jederzeit Zugriff hat. Alle Prozesse und Handgriffe – von klein bis umfangreich, mit allen Ansprechpartnern – sind darin klar definiert festgehalten.

„Das bringt Klarheit durch die Rückversicherungsmöglichkeit für das Team und damit auch Entlastung. Zum Beispiel muss sich dann niemand mehr den Kopf zerbrechen, wie die Praxis mit unzuverlässigen Patienten umgeht. Hier hat die Chefin hinterlegt: Keine Termine mehr in der begehrten Stoßzeit. Sie sollen für zuverlässige Patienten verfügbar bleiben“, erklärt die Expertin. Auch banale Dinge, wie die Rezeptausstellung, die Vorbereitung des Behandlungsraums oder der Umgang mit einem nicht funktionierenden Kartenlesegerät sind kurz und knapp beschrieben. „Es ist ganz konkret festgehalten: Was ist gefordert? Wie wünscht es die Praxisführung? Umgekehrt bedeutet das, die Mitarbeiter müssen nicht selbst Entscheidungen treffen oder Verantwortung dafür übernehmen, sondern können sich auf Nachschlagewerk verlassen und auch berufen“, so Sawatzki.

Besonders wertvoll ist das Nachschlagewerk beim Onboarding-Prozess neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Es spart enorm viel Zeit für denjenigen, der die Einarbeitung durchführt, wenn in Kurzbeschreibungen, Bildern und Videos verschiedene Schulungseinheiten zur Verfügung stehen. Sehr effizient ist es außerdem, mit digitalen Clouds und webbasierten Tools zu arbeiten, die auch App-fähig sind und mit denen man Fotos und Videos nutzen kann.“

Als Beispiel für einen effizient geplanten Arbeitseinsatz schildert Sawatzki die Berechnung des Praxisumsatzes: „Angenommen die Prophylaxe-Mitarbeiterin arbeitet pro Tag regulär acht Stunden. Ziehen wir die Vor- und Nachbereitungszeiten und einige andere Aufgaben von der Zeit ab, bleiben effektiv sechs Stunden am Stuhl. Das ergibt bei 220 Arbeitstagen 1.320 Stuhlstunden pro Jahr. Diese Zeit mal 80 Euro gerechnet sind 105.600 Euro Umsatz. Wir sehen häufig, dass Praxen das Potenzial von guten Workflows und klares Zeitmanagement, für das die QM entscheidend ist, nicht bewusst ist und sie so rund 20 Prozent unter dem Soll-Umsatz bleiben."

Die Dokumentation ist ein Sicherheitsnetz

Ein weiteres Problem stellt nicht selten die mangelnde Strukturierung von Dokumentationen dar. Häufig werde das als „notwendiges Übel“ betrachtet, berichtet Sawatzki, aber: „Gerade hier liegt der Schlüssel zu weniger Fehlern und mehr Sicherheit!“ Und das wirke sich unmittelbar auf die Effizienz aus. „Die Dokumentation ist ein Sicherheitsnetz, um nachweisen zu können, dass alles korrekt und gut umgesetzt wurde, etwa für die Abrechnungsprüfung oder für behördliche Begehungen vom Regierungspräsidium wie Hygiene, Strahlenschutz, Medizinprodukterecht sowie Betrieb- und Arbeitssicherheit. Sonst wird man angreifbar“, stellt Sawatzki klar.

„Wenn man bei der Suche nach einem Dokument erst tief ins Archiv oder sogar in den Keller abtauchen muss, ist das ein großer Zeitfresser. Im Zweifel entstehen sogar Mehrkosten, um die Unterlagen wieder herzustellen. Hier sind automatisierte Abläufe ganz wesentlich!"

Sie rät dazu, ein produktives Fehlermanagement zu etablieren. Dabei konzentriert man sich nicht auf den Schuldigen, sondern sensibilisiert das Team für die Entstehung eines Fehlers im Praxisablauf. „Tägliche Fehler und auch spontane Situation halten Lernpotenzial bereit. Alle erfahren dann, wie sie es besser bewerkstelligen können.“ Die Leitfäden können entsprechend angepasst und ergänzt werden.

„Das wiederum hat Auswirkungen auf das Stresspotenzial im Praxisalltag“, sagt Sawatzki. „Für die Anpassung von Arbeitsschritten und Fehlerquellen sind die Mitarbeiter- und auch Patientenbefragungen ein ergänzendes Tool. Beides kann als ein kontinuierlicher Verbesserungsplan begriffen werden. Und die Umsetzung von Vorschlägen kann sich wiederum positiv auf die Zufriedenheit und Effizienz auswirken."

Ein Wettbewerbsvorteil schlechthin

In den letzten Jahren sind die Dokumentationspflichten verschärft worden, sowohl in Bezug auf die Qualitätssicherung als auch auf die Patientenorientierung. Auch die Anforderungen zur Hygiene und zum Fehlermanagement sind strenger. Neue PA-Richtlinien, Mitarbeiter- und Patientenbefragungen sind seit Ende 2020 Pflicht. „Das hat zur Folge, dass QM nicht mehr nur ein optionales „Nice-to-Have“ ist, sondern ein essenzielles Element, um den Praxisbetrieb gesetzeskonform und sicher zu führen“, erklärt Sawatzki. Dagegen seien Mitarbeiterbefragungen bei der Analyse von Fluktuation wichtig, hebt sie hervor. „Die ISO-Zertifizierung als Qualitätsnachweis sorgt dafür, dass die Praxis konkurrenzfähig bleibt und transparent arbeitet."

Fazit: QM ist ein mächtiges Werkzeug, den Arbeitsalltag effizienter zu gestalten – gerade in einer Zeit, in denen die Anforderungen steigen und Praxen mit weniger Personal auskommen müssen. Ein gut durchdachtes QM-System erfordert anfänglich Zeit und Ressourcen, zahlt sich aber schon bald in Form von spürbarer Entlastung aus. Zeitersparnis, reduziertes Fehleraufkommen, Sicherheit, eine höhere Qualität, kürzere Wartezeiten und gesteigerte Patientenzufriedenheit sind die Folge. Und mit klar strukturierten Arbeitsabläufen, der Vereinheitlichung und Vereinfachung von Prozessen, einer effektiven Kommunikation und einer standardisierten Patientenversorgung wird die Praxis auch wirtschaftlicher.

Auf einen Blick

  • Voraussetzung ist ein offenes Mindset für Veränderungen.

  • Eine ordentliche, lückenlose Dokumentation spart Zeit und Nerven.

  • Ein zentrales Nachschlagewerk auf aktuellem Stand hilft dem Team.

  • Eine positive Fehlerkultur fördert die Gemeinschaft.

  • Die richtige Organisation von Arbeitsabläufen erhöht die Effizienz und damit den Umsatz.

  • Mitarbeiterbefragungen zeigen, wie es um die Zufriedenheit steht. Das wiederum fördert die Bindung.

  • Patientenbefragungen zeigen, wie die Praxis und ihre Leistung wahrgenommen wird.

  • Eine Zertifizierung nach DIN oder ISO 9001 Norm kann ein Wettbewerbsvorteil sein.

  • Ein digitales QM erleichtert die Arbeit für das Team.

Das alles kann die Praxis erheblich voranbringen und langfristig wettbewerbsfähig halten, fasst die Expertin zusammen. „Ein professionelles QM-System ist bei Fachkräften ein Wettbewerbsvorteil schlechthin“, ergänzt Sawatzki. Denn eine weniger aufwändige Dokumentation, weniger Wiederholungen und vor allem weniger Stress für das Praxisteam mündet in eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit. Die Expertin meint, diese ist unmittelbar mit der Zufriedenheit von Patienten verbunden. Und das wiederum schlägt sich direkt im Umsatz nieder. Mit klaren Prozessen und einer professionellen Beratung lassen sich sogar bei geringem Personal die Prozesse auf ein neues Effizienzniveau heben

Serie Prozessoptimierung

  • Teil 1: Qualitätsmanagement: QM ist ein mächtiges Werkzeug

  • Teil 2: Personalmanagement: Treffsichere Besetzung durch gelungene Koordination und Mitarbeiterbefragungen

  • Teil 3: Welche externen Leistungen (Versicherungen, Steuerberater und Rechtsberatung) lohnen sich?

  • Teil 4: Warenwirtschaft und Umsatz

  • Teil 5: Fehlermanagement: Eine mangelhafte Fehlerkultur kostet Zeit und Geld

Das alles kann die Praxis erheblich voranbringen und langfristig wettbewerbsfähig, fasst die Expertin zusammen. „Ein professionelles QM-System ist bei Fachkräften ein Wettbewerbsvorteil schlechthin. Denn eine weniger aufwendige Dokumentation, weniger Wiederholungen und vor allem weniger Stress für das Praxisteam münden in eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit.Und die ist unmittelbar mit der Zufriedenheit von Patienten verbunden. Und das wiederum schlägt sich direkt im Umsatz nieder."

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