Interview mit Jonas Reggelin zu LinkedIn

„Fachliche Inhalte sind willkommen, Selbstdarstellung und aggressive Akquise nicht!“

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Wer seine Praxis weiterentwickeln, sich vernetzen und Fachkräfte gewinnen will, sollte LinkedIn nicht unterschätzen, sagt der Marketing-Experte Jonas Reggelin. Eins sollte man aber immer im Kopf behalten: Die Plattform ist ein berufliches Netzwerk, kein Werbe- oder Social-Media-Kanal.

Herr Reggelin, warum kann LinkedIn für Zahnärzte und ihre Praxen interessant sein?

Jonas Reggelin: LinkedIn ist für Zahnärzte nicht nur eine weitere Social-Media-Plattform, sondern eine gezielte Ergänzung zu Kanälen wie Instagram oder Facebook. Während diese vor allem für das Patienten-Marketing genutzt werden, geht es auf LinkedIn um den fachlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, die neuesten Trends in der Zahnmedizin und direkte Kontakte zur Dentalindustrie. Besonders in Zeiten des Fachkräftemangels hat die Plattform aus meiner Sicht aber auch großes Potenzial für die Gewinnung von neuem Personal – sei es für die direkte Ansprache möglicher Mitarbeiter oder durch das Sichtbarwerden als attraktive Praxis. Es gibt einen kostenlosen Basis-Account und eine Premium-Variante, mit der man beispielsweise sehen kann, wer auf dem eigenen Profil war, also wer Interesse hat.

Worauf muss man achten, wenn man sich ein Profil anlegt?

Wichtig ist ein freundliches, aber professionelles Foto in hoher Qualität – als Profilbild und als Banner (Hintergrundbild). Bitte keine Urlaubs- oder Praxis-Schnappschüsse! Das Banner kann die Praxis, ein Logo oder eine Kernaussage über die eigene Tätigkeit zeigen. Daneben ist eine klare und aussagekräftige Headline nützlich.Statt nur „Zahnarzt/Zahnärztin“ besser „Spezialist für Implantologie | Praxisinhaber | Leidenschaft für digitale Zahnmedizin“ schreiben.

Die Headline sollte sofort auf den beruflichen Fokus verweisen! Weiter kann man die „Über-mich-Sektion“ gezielt nutzen. Hier sollte man keinen reinen Lebenslauf auflisten, sondern einen kurzen, prägnanten Text mit Mehrwert: Wer bin ich, was macht meine Arbeit besonders, wofür stehe ich?Ergänzen können Sie das gerne, indem Sie persönliche Schwerpunkte, Werte oder Innovationen der Praxis nennen.

Ins Profil gehören aber schon detaillierte Angaben zur Berufserfahrung und zu den Qualifikationen, wichtige Stationen der Karriere mit Erfolgen und Spezialgebieten sowie Weiterbildungen, Zertifizierungen und Spezialgebiete. Dann kann man die Einstellungen für die Sichtbarkeit optimieren, indem man das Profil als „öffentlich“ aktiviert. So können potenzielle Kontakte und Bewerber die wichtigsten Infos sehen. Außerdem wird das Profil für Recruiter sichtbar, falls aktiv nach neuem Personal gesucht wird. Im nächsten Schritt können regelmäßige Beiträge über Fachthemen, Praxisinnovationen oder Trends die Sichtbarkeit erhöhen. Kommentare bei relevanten Beiträgen auf der Plattform helfen beim Netzwerken. Empfehlungen von Kollegen oder aus dem Team können das Profil stärken. Nach und nach wird das Netzwerk durch Hinzufügen von Fachkollegen, Kooperationspartnern und Dentalunternehmen gezielt erweitert.

Das weltweit gröẞte Business-Netzwerk

LinkedIn wurde 2002 in Kalifornien, USA, gegründet und ging 2003 live. Inzwischen ist die Plattform in 26 Sprachen verfügbar, seit 2009 auf Deutsch. LinkedIn ist das größte berufliche Netzwerk der Welt und hat laut eigenen Angaben 850 Mitglieder in über 200 Ländern (Stand Februar 2025). Die meisten sind US-Amerikaner (234 Millionen), Inder (148 Millionen) und Brasilianer (83 Millionen). In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind es zusammen 26 Millionen. Tendenz steigend: Das Netzwerk wächst stetig und hat während der Corona-Pandemie einen signifikanten Zulauf erfahren. Seit 2016 gehört die Plattform zu Microsoft. LinkedIns größter Konkurrent in Deutschland ist XING aus Hamburg (Burda Verlag).

Wie viel Zeit muss man als Praxisbetreiber einplanen?

Das hängt vom Ziel ab. Wer einfach präsent bleiben will, kommt mit wenigen Minuten aus. Wer LinkedIn aktiv für Karriere, Positionierung oder Recruiting einsetzt, sollte mehr Zeit einkalkulieren. Nutzt man das Profil hauptsächlich passiv, reichen 10 bis 15 Minuten pro Woche, um Branchen-relevante News zu lesen, neue Kontakte hinzuzufügen und das Profil aktuell zu halten. Will man denAccount aktiv nutzen, kommt man auf 30 bis 60 Minuten pro Woche, etwa um Fachbeiträge zu posten, sein Netzwerk zu pflegen, Kommentare zu schreiben und Trends zu verfolgen. Ist das Ziel die strategische Nutzung, kann die Wochennutzungsdauer bei ein bis zwei Stunden liegen. Mehr geht natürlich immer. Dann erstellt man regelmäßig hochwertigen Content, knüpft gezielt Kontakte, um Personal zu gewinnen und das Praxiswachstum zu fördern.

Wie gelingt die Vernetzung mit interessanten beziehungsweise relevanten Personen, Gruppen oder Events? Und wie behält man den Blick fürs Wesentliche?

Man kann relevante Kontakte gezielt hinzufügen, etwa indem man unmittelbar nach Fortbildungen, Kongressen oder Webinaren eine Anfrage verschickt. Es gibt auf LinkedIn auch die Möglichkeit, Speaker oder interessante Teilnehmende mit einer Nachricht direkt anzusprechen. Weiter kann man Branchen-Gruppen beitreten und dort aktiv sein, indem man Fragen stellt und Diskussionen mit Insights bereichert. Das können beispielsweise Gruppen zu Implantologie, digitaler Zahnmedizin oder Praxismanagement sein.

Um sich nicht zu verlieren, würde ich den Fokus auf die Qualität statt auf die Quantität des eigenen Netzwerks legen. Das heißt nur relevante Kontakte knüpfen oder Gruppen betreten, die die eigenen Interessen bedienen. Das gelingt, indem man eigene Beiträge und Kommentare zu den Kernthemen seines zahnmedizinischen Bereichs statt zu allgemeinen Inhalten postet. Noch ein Tipp: Eine regelmäßige Interaktion von etwa 20 bis 30 Minuten pro Woche sorgt für Sichtbarkeit, ohne Zeit zu verschwenden.

Welche Chancen bietet der Kanal als Jobportal für Praxen?

Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen in Zahnarztpraxen – doch genau hier spielt LinkedIn seine Stärken aus. Anders als klassische Jobportale ermöglicht die Plattform eine gezielte Ansprache: Statt eine Anzeige ins Blaue zu schalten, erreicht man genau die Menschen, die den gesuchten Beruf gelernt haben.

Man kann Jobanzeigen schalten, bei denen nur die relevanten Kandidaten angezeigt werden, oder potenzielle Mitarbeitende direkt anschreiben. Wer zusätzlich regelmäßig zeigt, was die eigene Praxis als Arbeitgeber ausmacht – sei es durch Team-Einblicke oder Fortbildungsmöglichkeiten – wird für Fachkräfte sichtbar und attraktiv.

Wie teuer ist eine Anzeige?

Das ist abhängig von Stelle, aber grob kann man sagen zwischen 300 und 500 Euro im Monat, wenn man gezielt in der Region sucht. Und ab 1.000 Euro im Monat, wenn man eine größere Reichweite braucht, also als tendenziell größere Praxis.

Gibt es bei LinkedIn eine Art Netiquette?

LinkedIn ist ein berufliches Netzwerk, kein Werbe- oder Social-Media-Kanal. Kontakte sollten gezielt und mit persönlichem Bezug geknüpft werden. Fachliche Inhalte sind willkommen, Selbstdarstellung und aggressive Akquise nicht. Diskussionen sollten sachlich und respektvoll bleiben, kontroverse Themen sind fehl am Platz. Wer echten Mehrwert bietet und professionell kommuniziert, baut langfristig wertvolle Beziehungen auf.

Das Gespräch führte Laura Langer.

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