Hamburger Zahnarzt zum ePA-Testbetrieb

Holpriger Start und viel Abstimmungsbedarf

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Seit dem 15. Januar läuft die Pilotierung der „ePA für alle“ in den Modellregionen. Am Testbetrieb beteiligt ist auch die Zahnarztpraxis von Dr. Eric Banthien, Vorstandsvorsitzender der KZV Hamburg. Seine dringende Empfehlung: Die Zeit bis zum Rollout sollten Zahnärztinnen und Zahnärzte nutzen, um die ePA-Funktionalitäten in ihren Praxisverwaltungssystemen (PVS) auszutesten.

Holprig sei der Start der ePA in seiner Praxis verlaufen, berichtet der KZV-Chef, der eine Gemeinschaftspraxis im Hamburger Stadtteil Billstedt betreibt. „Unser PVS hatte anfangs Probleme, zur ePA durchzudringen, weil der Zugriff auf die Schnittstellen noch nicht passend programmiert war“, sagt Banthien. „Zuerst bekamen wir beim Einlesen der Versichertenkarten die Meldung, dass keine ePA angelegt sei. Als das Problem behoben war, hieß es plötzlich: kein Zugriff möglich. Die nächste Fehlermeldung lautete: Zugriff verweigert.“ Nach Rücksprachen mit dem Hersteller des PVS wurden die Probleme innerhalb von circa drei Wochen sukzessive bearbeitet und die Praxis kann nun auf die ePA zugreifen.

Bei der Nutzerfreundlichkeit ist viel Luft nach oben

Banthien steht neuen Telematikanwendungen grundsätzlich offen gegenüber. Kritisch blickt er allerdings darauf, dass die ePA noch nicht ausreichend rund läuft und das „auf dem Rücken der Heilberufe“ ausgetragen werde. Einen bundesweiten Rollout sollte man aus seiner Sicht nicht übers Knie brechen.

Den Testbetrieb beschreibt Banthien in diesem Sinne als äußerst aufschlussreich. So findet er das Hochladen von Dokumenten in die ePA noch viel zu kompliziert. In seinem PVS müsse man für jedes Dokument sehr viele Textfelder ausfüllen, was im Praxisalltag zu zeitaufwendig sei. „Auch die Identifikation nimmt mit meinem PVS zu viel Zeit in Anspruch“, so der Zahnarzt. „Natürlich ist eine sichere Identifikation wichtig, aber für einen schnelleren Ablauf wäre es von Vorteil, wenn das PVS sie selbstständig ausführt. Im Austausch mit meinem Provider habe ich angeregt, dass in diesem Punkt nachjustiert wird.“

Die Zusammenarbeit mit allen am Testbetrieb beteiligten Organisationen sei konstruktiv, merkt der KZV-Chef an. Besonders hilfreich seien die wöchentlichen Calls, an denen alle Leistungserbringer aus der TI-Modellregion (TIMO) Hamburg teilnehmen und von ihren Erfahrungen im Testbetrieb berichten können. „In den Meetings werden wir über den aktuellen Stand informiert und können Fragen stellen. Dieser Support ist sehr gut“, erzählt der Praxisinhaber. „Außerdem müssen wir regelmäßig Fragebögen über unsere Erfahrungen im Pilotbetrieb ausfüllen und an TIMO zurückspielen.“ Die Erkenntnisse aus diesem Dialog können dazu beitragen, den bundesweiten Rollout der ePA zu optimieren. Den Start sollte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) aus Sicht der Zahnärzteschaft deshalb nicht verfrüht ansetzen (siehe Kasten).

Praxen sollten die Funktionen möglichst bald ausprobieren

Das Interesse der Patientinnen und Patienten an der ePA beschreibt der Hamburger KZV-Chef als nicht besonders groß. In seiner Praxis habe bisher kaum jemand gezielt nach dem Thema gefragt – obwohl er mit Postern und Flyern im Wartezimmer auf die ePA hinweise.

Banthien empfiehlt allen Kolleginnen und Kollegen, „die Einsatzfähigkeit der ePA in ihrem PVS so früh wie möglich anhand von Testakten auszuprobieren“. So ließen sich Probleme gegebenenfalls vor dem bundesweiten Rollout identifizieren. Ein weiterer Tipp, den er mit Blick auf den Testbetrieb weitergeben möchte: „Die ePA ist eine große Veränderung und es ist wahrscheinlich, dass es aufgrund der neuen Software-Funktionen in jeder Praxis hakt. Uns hat es geholfen, dieser Herausforderung mit Offenheit zu begegnen und der Bereitschaft, sich aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.“

In den Modellregionen sind nach Angaben der gematik neben 60 Apotheken und neun Krankenhäusern etwa 200 zahnärztliche, ärztliche und psychotherapeutische Praxen an der Pilotierung beteiligt. Gegenüber der zm sagt eine Sprecherin, dass das Feedback der Nutzerinnen und Nutzer positiv sei und zeige, dass die grundlegenden und zum Start der ePA verfügbaren Features zunehmend funktionierten.

Damit hätte sich die Stimmung deutlich gedreht. Kurz nach dem Start fiel das Feedback der Praxen aus den Modellregionen Hamburg, Franken und Teilen Nordrhein-Westfalens eher negativ aus, hatte eine Umfrage der Stiftung Gesundheit gezeigt: 71,8 Prozent der Teilnehmenden berichteten damals, dass die Arbeit mit der ePA bislang schlechter als erwartet funktioniert habe. Nur 15,4 Prozent antworteten, sie seien positiv überrascht. Im Schnitt, gaben die Praxen aus den Modellregionen an, habe es 8,8 Tage gedauert, bis sie mit der ePA im Praxisalltag arbeiten konnten. Hier war die Spanne groß: Manche Praxen waren nach Angaben der Stiftung Gesundheit schon nach drei Tagen soweit, andere hätten einen Monat oder länger gebraucht.

Damit der bundesweite Rollout besser funktioniert, müssten sich vor allem die Software-Produkte verbessern. Das sagten 61 Prozent der Umfrageteilnehmenden. Mehr als die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte (53,7 Prozent) kritisierten, dass die meisten Patientinnen und Patienten keine ausreichenden Kenntnisse über die ePA hätten. Hier brauche es mehr Informationsangebote, beispielsweise von den Krankenversicherungen.

Bundesweiter ePA-Start erst bei ausgereifter Technik

Angesichts der Verzögerungen in der Testphase der elektronischen Patientenakte (ePA) fordert die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf, vorerst auf eine bundesweite Verpflichtung zu verzichten. In den Modellregionen testen seit dem 15. Januar neben Arztpraxen, Apotheken und Kliniken auch 14 Zahnarztpraxen die ePA.

In einigen Zahnarztpraxen funktioniere das Arbeiten mit der ePA grundsätzlich gut. Die Mehrheit berichte aber von technischen und organisatorischen Problemen. Zudem konnte aufgrund der vielen Verzögerungen der Austausch von Gesundheitsdaten – der eigentliche Zweck der ePA – kaum getestet werden. Bislang gebe es nur wenige Fälle, in denen intersektoral Dokumente ausgetauscht werden konnten.

Hierzu stellt Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der KZBV, klar: „Viele der Testpraxen können erst seit März mit der ePA arbeiten, also diese einsehen und befüllen. Die Erfahrungswerte mit ihrer Performance und Nutzbarkeit im Praxisalltag sind daher zu gering. Diese Informationen brauchen wir aber, um verlässlich beurteilen zu können, ob die ePA in die Versorgung gebracht werden kann, zumal die Testpraxen immer wieder von technischen Problemen berichten.“ 

„Die Tests in den Modellregionen sollten fortgesetzt werden“

Für einen bundesweiten Rollout ist es daher laut Pochhammer noch zu früh. Die Tests in den Modellregionen müssten fortgesetzt werden. Wenn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die Sicherheit der ePA bestätigt habe, könnten auch Praxen außerhalb der Modellregionen Erfahrungen mit der ePA sammeln.

Wichtig sei, dass auch diese Tests freiwillig seien und dafür ausreichend Zeit eingeplant werde, damit die Technik in allen Praxisverwaltungssystemen (PVS) auf ein geeignetes Niveau gehoben werde. Die Kapazitäten der PVS-Hersteller müssten dabei beachtet werden. „Eine verpflichtende Einführung der ePA darf es erst dann geben, wenn die Technik ausgereift und gut in die Prozesse der Praxen integrierbar ist“, machte Pochhammer deutlich.

Die nächsten Schritte bis zum bundesweiten Start

Zum Redaktionsschluss stand der bundesweite Rollout-Plan für die ePA noch nicht fest. Gegenüber den zm sagte ein Sprecher des BMG, dass die dafür notwendige Auswertung der Tests noch nicht abgeschlossen sei. Das BMG möchte jedoch nach Möglichkeit am ursprünglichen Zeitplan festhalten. Dieser sieht den bundesweiten Start der ePA für den Beginn des zweiten Quartals 2025 vor.

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