Millionengeschäfte mit Krebsmedikamenten

Apotheker erhält europäischen Whistleblowerpreis

mg
Gesellschaft
Der deutsche Apotheker Robert Herold ist als Tippgeber für Enthüllungen um überhöhte Kassenerstattungen von individualisierten Krebspräparaten ausgezeichnet worden. Der dadurch bekanntgewordene Missstand besteht jedoch weiterhin.

Herold war vor zwei Jahren an SZ, WDR und NDR herangetreten, um ihnen Preislisten von Krebsmedikamenten zu zeigen, die ihm Pharma-Großhändler über Jahre geschickt hatten, erinnert die Süddeutsche Zeitung (SZ): „Die Preislisten belegten erstmals, wie günstig Apotheker wie er viele Wirkstoffe für Krebsinfusionen, sogenannte Zytostatika und monoklonale Antikörper, einkaufen können – und wie viel mehr Geld die gesetzlichen Krankenkassen ihnen erstatten.“

Chemotherapie ist ein großes Geschäft für deutsche Apotheker, das Volumen beträgt fünf Milliarden Euro pro Jahr. Ein Teil davon geht auch an lokale Apotheken, um die Infusionen selbst zu mischen, vorzubereiten und zu verwalten, schreibt die gemeinnützigen Organisation Blueprint for free Speech, die am 5. Dezember Whistleblowerpreise für Tippgeber in Nordamerika, Europa und Afrika vergab.

2022 gab Herold die entscheidenden Tipps

Die Auszeichnung für Europa geht an Herold, der 2022 als Tippgeber fungierte. Zuvor hatte der Apotheker aus Falkenstein, Sachsen, versucht, sowohl die gesetzliche Krankenversicherung als auch seinen eigenen Berufsverband auf das Thema aufmerksam zu machen. Neben der Enthüllung von Zahlungen an Onkologen stellte er Journalisten Preislisten zur Verfügung, die zeigten, was deutsche Apotheker für die lebensrettenden Medikamente berechnen. Durch ihre Aufschläge verdoppeln sie oft den Preis für Medikamente. Diese überhöhten Summen werden von den Kassen ausgezahlt, was die Kosten für alle erhöht. Schätzungen zufolge geht es um 500 Millionen Euro pro Jahr.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte auf die Enthüllungen damals öffentlichkeitswirksam reagiert. Es sei „kein haltbarer Zustand“, erklärte er und kündigte an, das Problem regulatorisch anzugehen. Im Referentenentwurf für ein Apotheken-Reformgesetz fanden sich daraufhin einige Absätze zu den Krebsinfusionen wieder, die Herold aber für zu schwach hält. Durch den Bruch der Ampelregierung liegt die Reform ohnehin auf Eis.

Statt Lob erhielt Herold vom Apothekenverbund den Rausschmiss

Das deutsche Chemotherapie-Geschäft wird also weiterhin von einer relativ kleinen Anzahl von Einrichtungen dominiert, die über die entsprechenden Reinräume für die Vorbereitung und Verabreichung von Chemotherapie-Behandlungen verfügen. Es handelt sich um etwa 300 Apotheken, von den einzelne auf diese Weise Millionen Euro pro Jahr verdienen.

Für Herold ist die Auszeichnung auch ein Trost. Er wurde nach der Enthüllung aus einem Apothekenverbund ausgeschlossen, berichtet die SZ. Auch die sächsische Landesapothekerkammer, für die Herold als Fortbildungsreferent tätig war, beendete demnach die Zusammenarbeit mit ihm.

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