Recherche-Netzwerk deckt auf

Das Geschäft der Apotheker mit Krebsmedikamenten

LL
Gesellschaft
Apotheker, die Krebsmedikamente anmischen, können mit einer einzigen Infusion mehr als 1.000 Euro extra verdienen, weil die Krankenkassen die Herstellerpreise nicht kennen. Ihnen entgehen dadurch bis zu 500 Millionen Euro pro Jahr.

Jede Infusion eines Krebsmedikaments wird einzeln angemischt von einer der rund 300 dafür zugelassenen sogenannten Zyto-Apotheken in Deutschland. Für die Herstellung gibt es pro Beutel eine Pauschale von 100 Euro von den Krankenkassen. Dass der Profit für die Apotheker bei diesem Geschäft aber ungleich viel größer ist, zeigen jetzt die Recherchen von NDR, WDR, SZ und Monitor, denen interne Preislisten vorliegen. Bis zu 1.000 Euro kann der Gewinn bei einem einzelnen Medikamentenbeutel demnach betragen. Ein Apotheker aus Sachsen kritisiert diese hohen Margen seit Jahren: Er war an das Recherche-Netzwerk herangetreten und hatte ausgepackt.

Die Preislisten belegen das Ausmaß des Skandals

Demzufolge enthalten die internen Listen die von den Kassen erstatteten Preise der knapp 1.000 Arzneien für die Krebstherapie sowie die deutlich geringeren Preise der Großhändler. Aufgeschlüsselt sind die Preise für die Infusionen für Chemotherapien sowie auch für weitere Krebsmittel, wie etwa für den sehr häufig eingesetzten monoklonalen Antikörper Bevacizumab. 2022 erstatteten die Kassen den Apothekern für eine Packung 1.109 Euro, der Großhandel verlangte aber nur 360 Euro pro Packung. An jeder Packung des Wirkstoffs verdienten die Apotheker also 749 Euro extra. Bei Trastuzumab zahlten die Kassen 1.439 Euro pro Packung, der Großhändler nahm dafür 390 Euro. Allein bei den fünf umsatzstärksten Wirkstoffen, deren Patentschutz abgelaufen ist, hätten die Kassen demnach pro Jahr bis zu 500 Millionen Euro einsparen können.

Wie aber kommt es zu diesen enormen Margen? Eine spezielle Ausnahme macht es möglich, denn anders als bei fast allen anderen Arzneimitteln dürfen Apotheker über den Preis der Krebsmedikamente mit Herstellern und Händlern frei verhandeln. Das Problem ist, dass die Krankenkassen die tatsächlichen Einkaufspreise oft nicht kennen und so den Apothekern den vorher festgelegten Preis bezahlen. Die Höhe der Erstattung für jeden einzelnen Wirkstoff – insgesamt gibt es etwa 90 – verhandelt nämlich der GKV-Spitzenverband mit dem Deutschen Apotheker Verband (DAV). Teilnehmer der Verhandlungen berichteten den Medien, dass es dort „wie auf einem Basar“ zugehe. Können sich Apotheker und Kassen bei den Verhandlungen nicht einig, entscheidet eine Schiedsstelle. Doch auch ihr liegen den Recherchen zufolge keine Preislisten vor, schreiben die Medien.

Im vergangenen Jahr haben die gesetzlichen Krankenkassen über fünf Milliarden für Krebsmedikamente ausgegeben. Das sind rund zehn Prozent der gesamten Arzneimittelkosten in Deutschland, getragen von den Versicherten, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

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