Studie zur Gesundheitsversorgung

Bis zu 15 Millionen Euro könnten jährlich gespart werden

sth
Politik
10 bis 15 Millionen Euro werden pro Jahr mit „zweifelhaftem Nutzen“ für medizinische Leistungen ausgegeben, kritisiert eine neue Studie, die auf Abrechnungsdaten der Techniker Krankenkasse (TK) beruht.

Wo in der GKV gibt es vermeidbare Kosten, die in Zukunft zum Teil eingespart werden könnten? Um diese Frage dreht sich die gemeinsame Studie der Technischen Universität (TU) Berlin, der TK und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), die mit 800.000 Euro vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert wurde.

Auf der Suche nach Low-Value-Care

Um die Summe der Ausgaben zu quantifizieren, stellten die drei Projektpartner im ersten Schritt 42 Leistungen aus den Bereichen diagnostische Tests, Medikation und Behandlungen zusammen, die sie von Expertinnen und Experten medizinischer Fachgesellschaften sowie von Berufsorganisationen und Patientenverbänden bewerten ließen. Jeder Indikator wurde im Hinblick auf sein Potenzial betrachtet, geringwertige Gesundheitsversorgung („Low-Value-Care“) aufzudecken und sie in deutschen Leistungsdaten messbar zu machen. Schließlich wurden 24 Indikatoren als geeignet für die Messung von Low-Value-Versorgung festgelegt. Ein Indikator erfasst zum Beispiel Inhalationstherapien bei COPD ohne vorherige Bestätigung der Diagnose durch Spirometrie, ein anderer häufige Untersuchungen der Knochendichte.

Nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Die anschließende Auswertung der TK-Abrechnungsdaten auf Basis dieser Liste ergab, dass von 10,6 Millionen untersuchten Leistungen pro Jahr im Schnitt zwischen 430.000 (4 Prozent) und 1,1 Millionen Fälle (10,4 Prozent) als Leistungen mit geringem medizinischen Wert eingestuft werden können. Die Spanne ist so groß, weil die Forschenden für die Berechnung eine breite und eine enge Definition von Low-Value-Care angewendet haben. „Die engere Definition ist restriktiver und soll nur eindeutige Fälle von geringwertiger Versorgung erfassen“, schreiben die Autorinnen und Autoren. „Im Gegensatz dazu zielt die breitere Definition darauf ab, alle potenziellen Fälle von minderwertiger Pflege zu erfassen – obwohl sie das Risiko einräumt, auch angemessene Pflege einzuschließen.“

Laut der Studie belaufen sich die direkten Kosten für die identifizierten Leistungen im ambulanten Sektor der TK auf etwa 10 bis 15,5 Millionen Euro jährlich. Im Vergleich zu den Gesamtausgaben der größten deutschen gesetzlichen Krankenversicherung ist dieser Betrag allerdings klein. Im Jahr 2023 habe die TK gut sieben Milliarden Euro für ärztliche Behandlungen ausgegeben, schreiben die Projektpartner.

Unangemessene Laborkontrollen bei Schilddrüsenunterfunktion

Besonders kritisch sehen die Autorinnen und Autoren die Messung der Schilddrüsenhormone fT3/fT4 bei bekannter Schilddrüsenunterfunktion. Hier habe sich gezeigt, dass in 315.622 Fällen bei 214.347 Patientinnen und Patienten mit diagnostizierter Schilddrüsenunterfunktion unangemessene Laborkontrollen durchgeführt worden seien. Der TSH-Wert gelte bereits als aussagekräftiger Indikator, eine zusätzliche Messung von fT3/fT4 liefere keine weiteren diagnostischen Erkenntnisse.

Als weiteres Beispiel nennt die Studie die Bestimmung von Tumormarkern ohne bestehende Krebsdiagnose. Diese Untersuchung diene der Verlaufskontrolle bei bestehenden Krebserkrankungen und nicht der allgemeinen Diagnostik. „Dennoch sind in den Abrechnungsdaten jedes Jahr 50.000 bis 60.000 Fälle solcher Tests ohne bestehende Krebsdiagnose zu finden. Dadurch entstehen Jahr für Jahr rund 520.000 Euro an vermeidbaren Kosten“, so die drei Organisationen.

Hildebrandt M et al. (2025) Quantifying Low-Value Care in Germany: An Observational Study Using Statutory Health Insurance Data From 2018 to 2021. DOI: 10.1016/j.jval.2024.10.3852

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