"Der Dentalmarkt als Eldorado für versorgungsfremde Investoren?"
"Der Erhalt einer von Versicherten wertgeschätzten wohnortnahen Versorgung könnte auf Dauer gefährdet sein", mahnt Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV.
Die Ansiedlung solcher Investoren-Z-MVZ erfolgt nicht in struktur- und einkommensschwachen Regionen - im Gegenteil
"Investoren kaufen zur Zeit Kliniken auf, die in der Regel keinen Bezug zur zahnärztlichen Versorgung haben, um arztgruppengleiche Medizinische Versorgungszentren in Gestalt reiner Zahnarzt-MVZ zu gründen und ganze Ketten aufzubauen", verdeutlicht der KZBV-Chef.
"Die Ansiedlung solcher Investoren-Z-MVZ erfolgt aber keineswegs in struktur- und einkommensschwachen Regionen, sondern fast ausschließlich in Großstädten und einkommensstarken ländlichen Regionen - dort, wo offensichtlich das 'schnelle Geld' erhofft wird. Tatsächlich zeigen erste Auswertungen des Abrechnungsgeschehens, dass die Versorgung in solchen Z-MVZ deutlich teurer ist als in bewährten Praxen."
Mindestens zehn Groß- und Finanzinvestoren wurden bereits im heimischen Dentalmarkt identifiziert
Nach Recherchen der KZBV können aktuell mindestens zehn Groß- und Finanzinvestoren im heimischen Dentalmarkt identifiziert werden - darunter solche aus den USA, Bahrain, Schweden, Deutschland, der Schweiz, Dänemark oder aus dem Steuerpradies Jersey.
"Einen Bedarf für solche Investoren kann ich bei uns nicht erkennen. Die gewohnt gute zahnärztliche Versorgung ist in Deutschland auch ohne Fremdinvestoren gesichert" stellt Eßer klar. "Es gibt ausreichend hochqualifizierten zahnärztlichen Nachwuchs, um auch künftig die Menschen in unserem Land wohnortnah und flächendeckend zu versorgen. Wir benötigen auch nicht das Geld der Investoren, denn die Finanzierung der Praxen ist durch Banken und Sparkassen gesichert."
Schnelle Gewinne und nachhaltige, am Bedarf der Menschen orientierte, gute Versorgung passen nicht zusammen!
Aber: "Offensichtlich werden die Investoren in einem schwierigen Kapitalumfeld gezielt von internationalen Beratungsfirmen mit dem Versprechen nach Deutschland gelockt, hier risikolos attraktive Renditen zu erzielen. Schnelle Gewinne und nachhaltige, am Bedarf der Menschen orientierte, gute Versorgung passen aber nicht zusammen. Handelt der Gesetzgeber jetzt nicht, werden wir in diesem und im nächsten Jahr eine regelrechte Schwemme neuer Investoren-Z-MVZ sehen. Das wird zu Lasten der Versorgung gehen", sagte Eßer.
Auch die europäische Zahnärzte warnen: Kommerzialisierung ist eine Gefahr für die Patientenversorgung
Auch der Dachverband der europäischen Zahnärzte (Council of European Dentists) hatte vor einer weiteren Kommerzialisierung durch fremdinvestorengesteuerte Dentalketten in Europa gewarnt, da von ihnen eine massive Gefahr in Form von mangelndem Patientenschutz und drohender Unterversorgung ausgehe.
In anderen EU-Ländern sind laut KZBV-Analysen solche Zersetzungsprozesse schon weiter fortgeschritten. Besorgniserregende Berichte zeugen demzufolge von systematischem Betrug, Pleiten von investorenbetriebenen Ketten mit tausenden fehl- und anbehandelten Versicherten und der Einschränkung der zahnärztlichen Therapiefreiheit.
Die gute Versorgung sollte nicht Renditezielen von Investoren geopfert werden!
"Da Investoren für den Marktzugang regelmäßig eine gründungsberechtigte Klinik oder eine nichtärztliche Dialyseeinrichtung erwerben müssen, um Z-MVZ oder Ketten gründen oder kaufen zu können, schlagen wir vor, die Gründungsberechtigung von Kliniken für Z-MVZ auf räumlich-regionale sowie medizinisch-fachliche Bezüge zu beschränken", sagt Eßer. Das reguliere den unkoordinierten Zugang von Investoren sinnvoll, ohne sie vom Markt grundsätzlich auszuschließen.
Die Politik müsse jetzt entscheiden, wie die zahnärztliche Versorgung in Zukunft sichergestellt werden soll: "Die Zahnärzte haben seit mehr als 60 Jahren die Menschen gut, verlässlich und zur Zufriedenheit der Patienten versorgt. Das sollte so bleiben und nicht Renditezielen von Investoren geopfert werden."