„Deutschland braucht jetzt Aufbruch statt Abbruch“
Mut zur aktiven Gestaltung des Gesundheitswesens forderte der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Prof. Dr. Christoph Benz, auf der Bundesversammlung, die am 15. und 16. November in Hamburg stattfindet. „Deutschland braucht jetzt Aufbruch statt Abbruch, Mut statt Missmut und Demut statt Dekadenz“, formulierte er angesichts des Aus der Ampelregierung – nicht nur an die Delegierten der Versammlung gerichtet, sondern auch an die Politik. Diese glänzte bei der Versammlung mit Abwesenheit. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte kurzfristig abgesagt, die BZÄK-Delegierten mit einer Videobotschaft zu begrüßen.
Zu einem zukunftsgerichteten Gesundheitswesen gehöre der Blick auf die demografische Entwicklung bei immer mehr Alten und immer weniger Jungen, sagte Benz. Das System stehe an einer Zeitenwende, erklärte er. Es gehe künftig darum, immer knapper werdende Ressourcen zu verteilen. Bürokratie und Komplexität im Gesundheitswesen nähmen zu, der ökonomische Druck auf die Arzt- und Zahnarztpraxen steige ebenfalls. Auch namhafte Ökonomen empfählen inzwischen einen Neustart. Prognosen zufolge sei der Kipppunkt der Sozial- und Gesundheitssysteme in den 2030er Jahren zu erwarten.
Die Lösungsansätze: Mehr Prävention, mehr Eigenverantwortung und weniger Bürokratie und Regularien. Bei den ersten beiden Punkten seien Zahnärztinnen und Zahnärzte gut aufgestellt, gegen die wachsende Regelungswut kämpfe die BZÄK energisch. „Wir wünschen uns in der Politik Kämpfer, die mutige Entscheidungen treffen“, so der Präsident.
Die Bundeszahnärztekammer verstehe sich als Netzwerk in den Berufsstand hinein wie auch in die interne und externe Fachöffentlichkeit und Politik. Als Beispiel nannte er den Austausch mit der Bundesärztekammer, etwa zum Thema GOÄ. Für die BZÄK stehe fest, dass der jetzt vorliegende GOÄ-Entwurf keine Blaupause für eine GOZ-Novelle sei. „Wir werden hier unseren eigenen Weg gehen“, erklärte Benz. Zu den weiteren Themen des Netzwerks BZÄK zählte Benz den Einsatz für Belange der Studierenden, die Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Freien Berufe (BFB) oder mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege. Mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung befinde man sich in breitem Austausch zu zahlreichen gemeinsamen Themen.
„Wir müssen Klartext reden!“
„Für die zahnmedizinische Versorgung unserer Patientinnen und Patienten und für die Freiberufler insgesamt in diesem Land muss dringend eine andere Politik her!“, bekräftigte BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert. „Darüber müssen wir jetzt Klartext reden.“ Ein großes Anliegen des Berufsstandes sei die Bürokratie. Dass hier viel zu viel ignoriert und ausgesessen wurde, sei frustrierend, so von Laffert. Das in diesem Jahr von der Ampel beschlossen Bürokratieentlastungsgesetz enthalte keine Entlastung für die Praxen. „Betrieben wird aber Bürokratieaufbau – das gilt für das Land als Ganzes und das gilt ganz besonders für die Zahnmedizin!“ sagte er und nannte als Beispiele die Themen Wischdesinfektion, neue Pflichten in der Medizinproduktebetreiberverordnung oder die wachsende Zahl von „Beauftragten.“
Ein weiteres Anliegen des Vizepräsidenten: Fachkräftemangel und die Ausbildung von Fachkräften für die Praxisteams. Hier müsse man neue Wege gehen, empfahl er mit Verweis auf die ZFA-Kampagne der BZÄK, auf Möglichkeiten der Zuwanderung aus dem Ausland oder die Steigerung der Attraktivität des Berufs. Ein für von Laffert zentrales Thema ist der Umgang mit Investoren in der Zahnheilkunde. „Es geht hier nicht darum, den Investoren-MVZ und Ketten pauschal zu unterstellen, dass sie die Qualität vernachlässigen. Es geht vielmehr darum zu zeigen, was uns droht, wenn in der Zahnmedizin dieselben kommerziellen Regeln gelten wie beim Vertrieb und der Vermarktung von Pauschalreisen oder Speiseeis.“ Und: „Es muss – und das ist unsere zentrale Forderung - eine räumliche und eine fachliche Nähe zwischen dem Gründungskrankenhaus und dem MVZ geben, sonst macht dieses Konstrukt keinen Sinn und geltendes Recht wird völlig konterkariert.“ Bei all diesen Themen werde man einer nächsten Bundesregierung „auf die Füße treten“, versprach er.
„Kein einziges Problem wurde substanziell angegangen!“
Noch vor wenigen Wochen habe der Bundesgesundheitsminister einen Herbst der Reformen ausgerufen. Jetzt zeige sich, dass kein einziges Problem im stationären wie ambulanten Sektor substanziell angegangen oder gar gelöst worden sei, kritisierte BZÄK-Vizepräsidentin Dr. Romy Ermler. Dringend notwendige Problemlösungen würden weiter in die Zukunft geschoben. Das gebe der Zahnärzteschaft die Chance, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. „Wir brauchen konstruktive Gespräche auf allen Ebenen, eine zielführende Gesundheitspolitik und keine Staatsmedizin sowie den Erhalt der Freiberuflichkeit“, forderte sie. Wertschätzung und eine angemessene Honorierung der zahnärztlichen Arbeit gehöre dazu, wozu sie die Bundesregierung mit Nachdruck aufforderte.
In den Blick nahm Ermler die Zukunft der jungen Generation von Zahnärztinnen und Zahnärzten. Notwendig sei eine Perspektive für sie, sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Berufsausübung. Mentoringprogramme zwischen Jung und Alt könnten den Weg vom Angestelltenverhältnis in die Niederlassung unterstützen. Zur Gebühre ordnung für Zahnärzte (GOZ) forderte sie eine gesetzliche Verpflichtung der Politik zur regelmäßigen Anpassung. Der Gebührenrahmen sei gelebter Patientenschutz. Eine Gefahr sehe sie darin, wenn die Regelungen der GOÄ neu der GOZ übergestülpt werden sollten.
Ihr Fazit: „Was wir zukünftig brauchen, um die zahnmedizinische Versorgung nachhaltig und wirtschaftlich sicherzustellen, ist ein reformiertes duales Krankenversicherungssystem. Es ist ein solides System, in dem die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger ein größeres Gewicht erhält und gleichzeitig die Grundversorgung durch eine nachhaltige Reform auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite auf einem angemessenen Niveau erhalten bleibt.“
Mut zur aktiven Gestaltung des Gesundheitswesens forderte der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Prof. Dr. Christoph Benz, auf der Bundesversammlung, die am 15. und 16. November in Hamburg stattfindet. „Deutschland braucht jetzt Aufbruch statt Abbruch, Mut statt Missmut und Demut statt Dekadenz“, formulierte er angesichts des Aus der Ampelregierung – nicht nur an die Delegierten der Versammlung gerichtet, sondern auch an die Politik. Diese glänzte bei der Versammlung mit Abwesenheit. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte kurzfristig abgesagt, die BZÄK-Delegierten mit einer Videobotschaft zu begrüßen.
Zu einem zukunftsgerichteten Gesundheitswesen gehöre der Blick auf die demografische Entwicklung bei immer mehr Alten und immer weniger Jungen, sagte Benz. Das System stehe an einer Zeitenwende, erklärte er. Es gehe künftig darum, immer knapper werdende Ressourcen zu verteilen. Bürokratie und Komplexität im Gesundheitswesen nähmen zu, der ökonomische Druck auf die Arzt- und Zahnarztpraxen steige ebenfalls. Auch namhafte Ökonomen empfählen inzwischen einen Neustart. Prognosen zufolge sei der Kipppunkt der Sozial- und Gesundheitssysteme in den 2030er Jahren zu erwarten.
Die Lösungsansätze: Mehr Prävention, mehr Eigenverantwortung und weniger Bürokratie und Regularien. Bei den ersten beiden Punkten seien Zahnärztinnen und Zahnärzte gut aufgestellt, gegen die wachsende Regelungswut kämpfe die BZÄK energisch. „Wir wünschen uns in der Politik Kämpfer, die mutige Entscheidungen treffen“, so der Präsident.
Die Bundeszahnärztekammer verstehe sich als Netzwerk in den Berufsstand hinein wie auch in die interne und externe Fachöffentlichkeit und Politik. Als Beispiel nannte er den Austausch mit der Bundesärztekammer, etwa zum Thema GOÄ. Für die BZÄK stehe fest, dass der jetzt vorliegende GOÄ-Entwurf keine Blaupause für eine GOZ-Novelle sei. „Wir werden hier unseren eigenen Weg gehen“, erklärte Benz. Zu den weiteren Themen des Netzwerks BZÄK zählte Benz den Einsatz für Belange der Studierenden, die Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Freien Berufe (BFB) oder mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege. Mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung befinde man sich in breitem Austausch zu zahlreichen gemeinsamen Themen.
„Wir müssen Klartext reden!“
„Für die zahnmedizinische Versorgung unserer Patientinnen und Patienten und für die Freiberufler insgesamt in diesem Land muss dringend eine andere Politik her!“, bekräftigte BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert. „Darüber müssen wir jetzt Klartext reden.“ Ein großes Anliegen des Berufsstandes sei die Bürokratie. Dass hier viel zu viel ignoriert und ausgesessen wurde, sei frustrierend, so von Laffert. Das in diesem Jahr von der Ampel beschlossen Bürokratieentlastungsgesetz enthalte keine Entlastung für die Praxen. „Betrieben wird aber Bürokratieaufbau – das gilt für das Land als Ganzes und das gilt ganz besonders für die Zahnmedizin!“ sagte er und nannte als Beispiele die Themen Wischdesinfektion, neue Pflichten in der Medizinproduktebetreiberverordnung oder die wachsende Zahl von „Beauftragten.“
Ein weiteres Anliegen des Vizepräsidenten: Fachkräftemangel und die Ausbildung von Fachkräften für die Praxisteams. Hier müsse man neue Wege gehen, empfahl er mit Verweis auf die ZFA-Kampagne der BZÄK, auf Möglichkeiten der Zuwanderung aus dem Ausland oder die Steigerung der Attraktivität des Berufs. Ein für von Laffert zentrales Thema ist der Umgang mit Investoren in der Zahnheilkunde. „Es geht hier nicht darum, den Investoren-MVZ und Ketten pauschal zu unterstellen, dass sie die Qualität vernachlässigen. Es geht vielmehr darum zu zeigen, was uns droht, wenn in der Zahnmedizin dieselben kommerziellen Regeln gelten wie beim Vertrieb und der Vermarktung von Pauschalreisen oder Speiseeis.“ Und: „Es muss – und das ist unsere zentrale Forderung - eine räumliche und eine fachliche Nähe zwischen dem Gründungskrankenhaus und dem MVZ geben, sonst macht dieses Konstrukt keinen Sinn und geltendes Recht wird völlig konterkariert.“ Bei all diesen Themen werde man einer nächsten Bundesregierung „auf die Füße treten“, versprach er.
„Kein einziges Problem wurde substanziell angegangen!“
Noch vor wenigen Wochen habe der Bundesgesundheitsminister einen Herbst der Reformen ausgerufen. Jetzt zeige sich, dass kein einziges Problem im stationären wie ambulanten Sektor substanziell angegangen oder gar gelöst worden sei, kritisierte BZÄK-Vizepräsidentin Dr. Romy Ermler. Dringend notwendige Problemlösungen würden weiter in die Zukunft geschoben. Das gebe der Zahnärzteschaft die Chance, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. „Wir brauchen konstruktive Gespräche auf allen Ebenen, eine zielführende Gesundheitspolitik und keine Staatsmedizin sowie den Erhalt der Freiberuflichkeit“, forderte sie. Wertschätzung und eine angemessene Honorierung der zahnärztlichen Arbeit gehöre dazu, wozu sie die Bundesregierung mit Nachdruck aufforderte.
In den Blick nahm Ermler die Zukunft der jungen Generation von Zahnärztinnen und Zahnärzten. Notwendig sei eine Perspektive für sie, sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Berufsausübung. Mentoringprogramme zwischen Jung und Alt könnten den Weg vom Angestelltenverhältnis in die Niederlassung unterstützen. Zur Gebühre ordnung für Zahnärzte (GOZ) forderte sie eine gesetzliche Verpflichtung der Politik zur regelmäßigen Anpassung. Der Gebührenrahmen sei gelebter Patientenschutz. Eine Gefahr sehe sie darin, wenn die Regelungen der GOÄ neu der GOZ übergestülpt werden sollten.
Ihr Fazit: „Was wir zukünftig brauchen, um die zahnmedizinische Versorgung nachhaltig und wirtschaftlich sicherzustellen, ist ein reformiertes duales Krankenversicherungssystem. Es ist ein solides System, in dem die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger ein größeres Gewicht erhält und gleichzeitig die Grundversorgung durch eine nachhaltige Reform auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite auf einem angemessenen Niveau erhalten bleibt.“