Übersichtsarbeit aus der Schweiz

Diabetes als Hauptrisikofaktor für eine rhino-orbito-zerebrale Mukormykose

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Zahnmedizin
Bei welchen PatientInnen diese lebensbedrohliche Pilzerkrankung am häufigsten Auftritt, welche Anzeichen dafür typisch sind und welche Behandlungen dann eingeleitet werden müssen, haben Forschende in einer aktuellen Studie zusammengefasst.

Die rhino-orbito-zerebrale Mukormykose ist eine seltene Erkrankung – aber wenn sie auftritt, ist sie lebensbedrohlich. Forschende haben in einer Übersichtsarbeit die wichtigsten Aspekte der Erkrankung bei DiabetikerInnen zusammengefasst, denn sie und allgemein immungeschwächte PatientInnen sind besonders gefährdet.

Sie benennen einen schlecht eingestellten Diabetes als Hauptrisikofaktor für eine rhino-orbito-zerebrale Mukormykose. „Bei Diabetes ist die angeborene Immunität besonders stark beeinträchtigt. Neutrophile und Makrophagen sind in ihrer Fähigkeit zur Phagozytose und Chemotaxis eingeschränkt, so dass die Pilzkeimung und das Hyphenwachstum möglich sind”, erläutern die WissenschaftlerInnen [Beiglboeck et al., 2022].

die Erkrankung befällt schnell benachbarte Strukturen

Für die Übersichtsarbeit wurden 14 Studien ausgewählt, die Daten von insgesamt 54 erkrankten PatientInnen enthalten. Die rhino-orbito-zerebrale Mukormykose wird in der Übersichtsarbeit als die häufigste Form der Mukormykose benannt, von der es noch einen paranasalen und einen rhino-orbitalen Subtyp gibt. Der Erkrankung liegt eine Infektion mit Pilzen der Ordnung Mucoraleszugrunde, dessen Sporen eingeatmet werden und durch Wundbereiche oder Operationen in den Körper gelangen können.

Diese Sporen infizieren dann zunächst die Nasennebenhöhlen, breiten sich aber sehr schnell aus und können in kürzester Zeit auch benachbarte Strukturen wie die Orbita und das Neurokranium befallen.

„Über die Siebbeinhöhle und die dünne Lamina papyracea breitet sie sich in die Retro-Orbitalregion aus. Die zerebrale Ausbreitung erfolgt über orbitale Gefäße oder die cribriforme Platte. […] Sobald die Gefäße infiziert sind, ist die Mikrozirkulation gestört und es kommt zu nekrotischen Läsionen der Nasenschleimhaut, der Nasenmuscheln und des Gaumens”, erklären die AutorInnen [Beiglboeck et al., 2022].

bis zu 30 Prozent der Patienten starben

Der Studienauswertung zufolge waren die meisten Erkrankten über 50 Jahre alt. Nur sechs PatientInnen hatten eine paranasale Form, während 32 eine rhino-orbitale Form aufwiesen. Bei 16 PatientInnen wurde von einer rhino-orbito-zerebralen Mukormykose berichtet.

Die Analysen der Forschenden ergaben, dass Proptosen bei den meisten PatientInnen auftraten (69 Prozent), während Schwellungen nur bei rund der Hälfte sichtbar waren, ebenso wie Nekrosen der Schleimhäute oder Sehstörungen. Amaurosen traten bei rund jedem zehnten Erkrankten auf, davon waren mehr als die Hälfte rhino-orbito-zerebraler Mukormykosen. Es zeigten sich hohe Sterblichkeitsraten von 30 Prozent, die allerdings noch unter denen anderer Berichte liegen, die mitunter rund 50 Prozent verzeichneten, schließen die Forschenden.

Mögliches Symptom: Schwellung und Schmerzen im Oberkiefer

Die WissenschaftlerInnen schildern einen Fall von rhino-orbito-zerebraler Mukormykose eines 74-jährigen Patienten, der sich mit einer seit drei Wochen bestehenden Schwellung und Schmerzen im linken Oberkiefer vorstellte, die nach einer Wurzelkanalbehandlung an 27 eine Woche zuvor persistierten. Unter anderem lag bei ihm ein Diabetes Typ II vor. Die Computertomografie gab Anhalt für eine akute Sinusitis, während klinisch eine Anästhesie der linken Wange auffiel, die auf die Schwellung zurückgeführt wurde. Es zeigte sich trotz Inzision und antibiotischer Therapie keine Besserung und der Patient wurde zwei Tage später mit einer Amaurose des linken Auges erneut vorstellig.

In einer Notoperation zeigte sich entzündliches Gewebe im Bereich der Kieferhöhle und Orbita, dessen Untersuchung den Befund einer invasiven Mukormykose ergab. Neben einer hochdosierten Therapie mit Amphotericin B (10 mg/kg) wurden zwei Operationen eingeleitet, wobei bei letzterer „eine orbitale Exenteration mit zusätzlicher Resektion des Orbitabodens, der fazialen Sinuswand, der knöchernen Nasenscheidewand und der Nasenmuschelnauf der linken Seite” sowie eine partielle Maxillektomie durchgeführt wurde. Im Verlauf kam es zu einem Leber- und Nieren-Versagen bei bestehenden Vorerkrankungen beider Organe. Der Mann starb aufgrund eines Multiorganversagens acht Tage postoperativ.

Bei einer für eine Mukormykose typischen Symptomatik raten die AutorInnen, umgehend eine Bildgebung einzuleiten und einen Erregernachweis durchzuführen. Therapeutisch sei Amphotericin, obgleich nephrotoxisch, und ein aggressives chirurgisches Debridement indiziert. Die Kombination aus beiden Behandlungsmaßnahmen habe in anderen Studien höhere Überlebensraten gezeigt als nur eine der beiden Therapien. Gleichzeitig müsse die Nieren-und Leberfunktion dringend überwacht werden.

Beiglboeck FM, Theofilou NE, Fuchs MD, Wiesli MG, Leiggener C, Igelbrink S, Augello M. Managing mucormycosis in diabetic patients: A case report with critical review of the literature. Oral Dis. 2022 Apr;28(3):568-576.doi: 10.1111/odi.13802.

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