„Die Verantwortlichkeit des Zahnarztes endet vor dem Konnektor“
Der Regierungsentwurf zum Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) hat bereits die 1. Lesung im Bundestag und die Beratung im Bundesrat passiert. Am 27. Mai werden Verbände bei einer Anhörung die Gelegenheit erhalten, sich zu positionieren. KZBV und BZÄK haben jetzt ihre Stellungnahme abgegeben.
Hier einige der Kernargumente der beiden Organisationen:
Vergütungsregelungen im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte
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KZBV und BZÄK unterstützen die Absicht des Gesetzgebers, die Erstbefüllung der ePA für das erste Jahr ab deren Start (2021) in Höhe von 10 Euro zu honorieren. Erste Schätzungen lassen jedoch laut BZÄK und KZBV darauf schließen, dass die geplanten 10 Euro angesichts der vorzunehmenden Datenauswahl keine angemessene, ausreichende Vergütung darstellen. Damit aber die Erstbefüllung insbesondere im ersten „Aufbaujahr“ entsprechend vorankommt, plädieren die Organisationen dafür, an der Konzeption der 10-Euro-Vergütung für die ePA-Erstbefüllung im Jahr 2021 als Zuschlag festzuhalten und diesen zusätzlich zu der BEMA-Position für die ePA-Erstbefüllung zu gewähren.
Anschlussmöglichkeit von Zahntechnikern an die Telematikinfrastruktur (TI)
Da zwischen Zahnarzt und Zahntechniker im Rahmen der Auftragserteilung auch entsprechende Patientendaten übermittelt werden, wäre es aus Sicht von KZBV und BZÄK sinnvoll, wenn diese Daten unter Nutzung der sicheren Telematikinfrastruktur (insb. der Anwendung KIM) ausgetauscht werden können. KZBV und BZÄK plädieren dafür, den Zahntechnikern den freiwilligen Anschluss an die TI zu ermöglichen.
Verantwortlichkeit der Leistungserbringer für die TI
KZBV und BZÄK begrüßen, dass der Regierungsentwurf die Forderung der Datenschutzkonferenz (DSK) nach einer klaren gesetzlichen Verantwortlichkeitsregelung aufgegriffen hat. Sie hatten seit jeher die Position vertreten, dass die Verantwortlichkeit des Zahnarztes "vor dem Konnektor endet", das heißt, dass auch für diesen keine Verantwortlichkeit des Zahnarztes mehr gegeben sein kann. Sie unterstützen, dass laut Entwurf die Verantwortlichkeit der Leistungserbringer nicht für die zentrale TI und auch nicht für die Anwendungsinfrastruktur und die diesbezüglichen Dienste bestehen soll.
Verantwortlichkeit der gematik
KZBV und BZÄK begrüßen die Einbeziehung der gematik in den Kreis der Verantwortlichen, wonach die gematik insbesondere dann verantwortlich sein soll, wenn sie die Vorgaben für Komponenten, Dienste oder Anwendungen macht oder diese zulässt.
Anwendungen der TI
Der gematik wird zum Zwecke der Fortentwicklung der Digitalisierung gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt, Festlegungen und Maßnahmen zu zusätzlichen Anwendungen der TI zu treffen. Dies betrifft insbesondere den weiteren Ausbau des elektronischen Austausches von Befunden, Diagnosen, Therapieempfehlungen, Behandlungsberichten, Formularen, Erklärungen und Unterlagen. KZBV und BZÄK lehnen jedoch jedweden Eingriff in die originären Aufgaben der Leistungserbringerorganisationen und der Bundesmantelvertragspartner ab. Insbesondere gilt es ihrer Auffassung nach, jedwede Vorgaben oder Eingriffe in die Praxisverwaltungssysteme durch die gematik zu vermeiden.
Rechte der Versicherten zum Zugriff auf TI-Anwendungsdaten, zur Datenlöschung und zum ePA-Zugriffsmanagement in der Zahnarztpraxis
Der Regierungsentwurf sieht im Vergleich zum Referentenentwurf eine Konkretisierung der Regelungen zum Zugriff auf TI-Anwendungsdaten, zum Löschen und zum ePA-Zugriffsmanagement in der Zahnarztpraxis vor. KZBV und BZÄK begrüßen diese Klarstellungen. Damit werde der von KZBV und BZÄK bereits zum Referentenentwurf vorgetragenen Einwand, dass die Zahnarztpraxis nicht zur "Lesestube" der Versicherten werden darf, Rechnung getragen.
Damit wird für KZBV und BZÄK auch klargestellt, dass der Leistungserbringer nicht verpflichtet ist, den Versicherten seine eigene Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, um ihre Rechte ausüben können. Der Versicherte ist gehalten, die technische Infrastruktur der Krankenkassen oder sein eigenes Endgerät zu nutzen.
Diese Kernaussage wird jedoch durch geplante Regelungen im Entwurf konterkariert, wonach der Leistungserbringer auf Verlangen der Versicherten zur Löschung der Daten in allen Anwendungen verpflichtet werden kann. KZBV und BZÄK fordern, diese Inkongruenz zu beseitigen.
Honorarkürzung bei Nichtausstattung mit den für die ePA erforderlichen Komponenten und Diensten
Zum Bedauern von KZBV und BZÄK hat der Gesetzesentwurf nicht die Chance ergriffen, die gegenüber den Leistungserbringern als Sanktion für die Nichtausstattung mit den für ePA erforderlichen Komponenten und Diensten vorgesehene 1-Prozent-Honorarkürzung entweder komplett zu streichen oder die Frist hierfür zumindest auf ein realistisches Datum zu verschieben.
KZBV und BZÄK weisen darauf hin, dass der derzeit vorgesehene Zeitpunkt, ab dem die Sanktion greifen soll (01.07.2021), bereits jetzt nicht zu halten sei, da mit dem Beginn der Feldtests für lediglich einen der vier Konnektoren frühestens ab Oktober 2020 gerechnet werden könne und anschließend – nach erfolgreichem Abschluss aller Feldtests – noch die erforderlichen Software-Updates respektive Anpassungen der PVS-Systeme erfolgen müssen.
Verschärft werde die Situation nun auch durch die Corona-Pandemie, die zu weiteren Verzögerungen der Einhaltung der vorgesehenen Frist führt. Um den Leistungserbringern nicht erneut wie im Falle der VSDM-Sanktionsfrist ungerechtfertigter Weise das Risiko für die nicht rechtzeitige Bereitstellung der erforderlichen Komponenten und Dienste aufzubürden, votieren die Organisationen daher – soweit auf die Sanktion nicht gänzlich verzichtet werden könne – für eine "variable" Frist, deren Anknüpfungspunkt die flächendeckende Verfügbarkeit der betreffenden Komponenten und Dienste bei den Herstellern/Lieferanten sein sollte. Ab diesem Zeitpunkt könnte dann eine angemessene Ausstattungsfrist vorgesehen werden, welche KZBV und BZÄK auf zehn Monate beziffern würden.