Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG)

Die Zahnrettungsbox soll in Rettungswagen zum Standard werden

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Zahnmedizin
Anlässlich ihres 74. Jahreskongresses informierte die DGMKG über die Erstversorgung bei Zahnunfällen, den Einsatz von KI in der MKG-Chirurgie und die Versorgung von Kriegsverletzungen.

Gut jeder Vierte in Deutschland erleidet über alle Altersgruppen hinweg gerechnet mindestens einmal im Leben ein Zahntrauma. Damit gilt das Zahntrauma als fünfthäufigste Erkrankung des Menschen überhaupt. Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, Chefarzt für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie an den Helios Kliniken Kassel und DGMKG-Pressesprecher betonte die Bedeutung der Notfallversorgung nach dem Zahnunfall noch am Unfallort. Entscheidend sei das Auffinden des ausgeschlagenen Zahns und die Vitalerhaltung des Wurzelhautgewebes - idealerweise durch Lagerung in einer Zahnrettungsbox. Das ermögliche später eine gute Prognose des Zahns nach der Replantation in die Alveole. Wichtig sei das vor allem bei Kindern und Jugendlichen, deren Wachstum noch nicht abgeschlossen ist, so Terheyden.

„Nach Kenntnis der DGMKG sind Rettungswagen in Deutschland zwar in der Regel mit Amputatbeuteln ausgestattet, nicht aber mit Zahnrettungsboxen, was ein Mangel ist“, erklärte Terheyden. Neben Schulen und Sportstätten sollten auch Rettungswagen mit den nur wenige Euro teuren Zahnrettungsboxen ausgestattet sein, um mögliche Folgeschäden des Zahntraumas niedrig zu halten. Wenn solche Aufbewahrungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, können traumatisierte Zähne – idealerweise auch direkt am Unfallort – in Milch / H-Milch oder im eigenen Mundspeichel der Patienten feucht zwischengelagert werden, so Terheyden.

Die MKG-Chirurgie muss sich wieder mit Kriegsverletzungen beschäftigen

Die MKG-Chirurgie sei einst „auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkrieges entstanden“ und aus der Not der vielen Kopf- und Gesichtsverletzungen heraus habe sich diese medizinische Disziplin zusammengefunden. Darauf wies Prof. Dr. Dr. Richard Werkmeister, Oberstarzt und Klinischer Direktor für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, hin. Damals hätten mehrheitlich Schussverletzungen im Vordergrund gestanden. Heute stehen demgegenüber Explosionsverletzungen im Fokus: Zur mechanischen Einwirkung kommen hier Schädigungen der Gewebe durch Druck und Hitze hinzu.

Gegenwärtig bemühe man sich unter anderem durch internationalen Austausch, die Kompetenzen bei der Versorgung solcher Verletzungen zu erweitern, berichtete Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Alexander Schramm, Oberstarzt und Klinischer Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm und Ärztlicher Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Ulm. In den USA seien deutlich mehr Erfahrungen mit der Versorgung von Verletzungen durch Waffengewalt vorhanden, so dass man hier einiges lernen könne. Zum diesjährigen Jahreskongress sei auch ein israelischer Experte gekommen, um über die Erfahrungen aus Israel zu berichten. Aus Deutschland heraus könne man im Erfahrungsaustausch eine gute Expertise in der rekonstruktiven Chirurgie anbieten, so Schramm.

Neben dem internationalen Erfahrungsaustausch sei insbesondere eine stärkere Integration der Behandlung von Kriegsverletzungen in die Ausbildung in Deutschland vonnöten, betonten Werkmeister und Schramm. Man könne da an die Unfallchirurgie anknüpfen. „Wir müssen uns damit beschäftigen – ob es uns gefällt oder nicht“, sagte Werkmeister.

KI in der MKG-Chirurgie

Die MKG-Chirurgie sei traditionell ein technikaffines Fach, betonte Dr. med. Dr. med. dent. Reinald Kühle, Oberarzt, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Heidelberg. Man habe hier auch früh begonnen, digitale Technologien wie den 3-D-Druck oder die computergestützte virtuelle Planung zu nutzen. Die Nutzung künstlicher Intelligenz biete nun neue Chancen. Die größte Herausforderung sei zur Zeit, die virtuelle Planung mittels KI-Einsatz zu verbessern. Dabei spiele auch der Zeitfaktor eine Rolle. Künftig solle die Planung beschleunigt ablaufen können, damit die Technologie auch ohne langwierigen Planungsprozess zum Einsatz gebracht werden kann – beispielsweise in der Notfallversorgung.

Ein weiteres Feld sei die Erhöhung der diagnostischen Sicherheit durch den Einsatz der KI. In Heidelberg werden in einigen Bereichen bereits regelhaft Röntgenbilder von der KI vorbefundet. Über alle medizinischen Fächer hinweg sehen die Experten der DGMKG ihre Disziplin gemeinsam mit der Neurochirurgie und der Radiologie als führend beim Einsatz digitaler und KI-Technologien.

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