2. Digital Health Summit

Experten-Gipfel fordert 10-Punkte-Plan zur digitalen Gesundheit

mg
Gesellschaft
Künstliche Intelligenz, Telemedizin, Augmented/Virtual/Mixed Reality und Gesundheits-Apps waren Thema eines Expertengipfels in Brandenburg, bei dem ein 10-Punkte-Plan verabschiedet wurde.

Am Donnerstag und Freitag vergangener Woche nahmen mehr als 100 forschende Ärztinnen und Ärzte aus 20 deutschen Universitätskliniken am 2. Digital Health Summit teil, der in Brandenburg an der Havel unter Federführung des Universitätsklinikums Brandenburg (UKB) ausgerichtet wurde. Thematisch standen in diesem Jahr in den interdisziplinären Konsensus-Konferenzen die vier Bereiche Künstliche Intelligenz, Telemedizin, Augmented/Virtual/Mixed Reality und Gesundheits-Apps im Fokus. Unter der Schirmherrschaft von Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) stellten Forschende ihre Ergebnisse und Visionen zur Digitalen Gesundheit vor.

Ein Zentrum für KI-basierte Medizin in Brandenburg?

Die Zukunft der medizinischen Versorgung werde durch die digitale Transformation mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz entscheidend beeinflusst, so Nonnenmacher. „Bereits heute sind KI-gestützte Systeme in der Lage, riesige Mengen an medizinischen Daten zu analysieren. Dies führt nicht nur zu schnelleren Diagnosen, sondern auch zu einer frühzeitigen Erkennung von Krankheiten. In Kalifornien gibt es bereits das erste Zentrum für Künstliche-Intelligenz-basierte Medizin, wieso sollen wir etwas Vergleichbares nicht auch in Brandenburg aufbauen?“, fragte sie.

In der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens stecke ein enormes Potenzial. Allein in finanzieller Hinsicht ließen sich hier laut einer aktuellen McKinsey-Studie 42 Milliarden Euro pro Jahr einsparen, die besser an anderer Stelle zum Wohle der Patientinnen und Patienten investiert werden können, sagte Prof. Hendrik Borgmann, Klinikdirektor für Urologie am UKB und zusammen mit seinem geschäftsführenden Oberarzt Dr. Julian Struck einer der beiden wissenschaftlichen Leiter der Konferenz. Borgmann ging sogar noch weiter: Nur so könne mit Blick auf den gegebenen Fachkräftemangel und den demografischen Wandel perspektivisch die bestmögliche Behandlungsqualität in Deutschland erreicht werden.

Forderungen in Richtung Politik

In einem „10-Punkte-Plan zur Digitalen Gesundheit“ forderten die Expertinnen und Experten des Gipfels von der deutschen Politik für eine erfolgreiche Gestaltung der Digitalen Transformation im Gesundheitswesen:

  1. Etablierung klarer Verantwortlichkeiten: Es besteht die medizinische Notwendigkeit, dass die Verantwortung für Diagnostik, Diagnosestellung und Therapie, auch bei der Verwendung KI-gestützter Systeme, zu jeder Zeit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten unterliegt.

  2. Förderung interdisziplinärer Zusammenarbeit: Digitale Gesundheitslösungen sollten von Grund auf in interdisziplinärer und kollaborativer Zusammenarbeit konzipiert und entwickelt werden. Dazu gehören unter anderem medizinische Leistungserbringer, Medizintechnik und Pharmaindustrie, digitale Medienpräsenz, Patientenvertreter sowie Experten aus den Bereichen Ethik und Recht.

  3. Ausbau von Bildungs- und Weiterbildungsprogrammen: Die strukturierte Aus- und Weiterbildung zur Kompetenzsteigerung von medizinischem Personal im Umgang mit digitalen Gesundheitslösungen sollte gefördert werden, um deren Akzeptanz und Einsatz zu erhöhen.

  4. Finanzierung und Vergütung digitaler Gesundheitslösungen: Evidenzbasierte digitale Gesundheitslösungen (aus den Bereichen KI, Telemedizin, Extended Realities, Gesundheits-Apps) müssen finanziert werden und klare Abrechnungsziffern (EBM, GOÄ, etc.) erhalten.

  5. Integration von Gesundheits-Apps zur umfassenden Gesundheitsförderung: Gesundheits-Apps sollten nicht nur zur Therapie von Krankheiten beziehungsweise deren Symptomen, sondern auch zur Prävention, Früherkennung und allgemein zur Förderung von gesundheitsorientiertem Verhalten eingesetzt werden.

  6. Förderprogramme und Ausschreibungen zur Unterstützung digitaler Gesundheitslösungen: Zur Etablierung von digitalen Gesundheitslösungen bedarf es klar definierter Förderprogramme und Ausschreibungen zur Entwicklung, Integration und Evaluation im Rahmen klinischer Studien und präklinischer Forschung.

  7. Anwendung telemedizinischer Konzepte zur Vermeidung von Mangelversorgung: Vor dem Hintergrund einer drohenden Mangelversorgung im deutschen Gesundheitswesen ist es zwingend notwendig, synchrone und asynchrone telemedizinische Konzepte anzuwenden, die bisherige Behandlungsprinzipien ergänzen und weiterentwickeln.

  8. Bewältigung rechtlicher und struktureller Herausforderungen: Für die nationale klinische Anwendung von KI-basierten Assistenzsystemen stellen die rechtlichen Verwaltungsstrukturen des Föderalismus eine komplexe politisch-strukturelle Herausforderung dar. Dies betrifft insbesondere die Umsetzung von Datenschutzvorgaben, Informationssicherheit sowie die noch sehr heterogenen Digitalisierungsstandards.

  9. Schaffung struktureller Voraussetzungen für die klinische Anwendung von KI: Trotz rasanter wissenschaftlicher Weiterentwicklung von KI-Modellen und der Erweiterung der Anwendungsgebiete fehlen in Deutschland und europaweit derzeit wesentliche strukturelle Voraussetzungen, um die klinische Anwendung zu ermöglichen (technische, organisatorische, wirtschaftliche und regulatorische Voraussetzungen sowie Akzeptanz- und Ausbildungsbarrieren).

  10. Zukunftspotenzial von KI-Systemen in der Therapieoptimierung: KI-Systeme könnten zukünftig personalisierte und präzise Therapieempfehlungen liefern, die die Behandlungsergebnisse erheblich verbessern könnten.

Ungeachtet der noch ausstehenden Umsetzung des 10-Punkte-Plans sind sich die Forscherinnen und Forscher einig: Die Zukunft der Medizin ist digital.

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