Gesundheitsatlas Deutschland

Fast 9,5 Millionen Deutsche mit diagnostizierter Depression

LL
Gesellschaft
Insbesondere bei den jüngeren (bis 24 Jahre) und den älteren Altersgruppen (ab 65 Jahre) gab es in den Pandemiejahren einen deutlichen Zuwachs in der Depressionsprävalenz. Sie erreichte 2022 mit 12,5 Prozent den Höchststand.

Etwa 9,49 Millionen Menschen in Deutschland waren laut dem aktuellen „Gesundheitsatlas Deutschland“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) im Jahr 2022 von Depressionen betroffen. Die Prävalenz der diagnostizierten Erkrankungen ist in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich gestiegen und hat zuletzt mit 12,5 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. In den Pandemiejahren ist ein Anstieg insbesondere bei jüngeren Menschen zwischen 10 und 24 Jahren sowie bei den Älteren über 65 Jahre zu erkennen.

Der aktuelle Gesundheitsatlas analysiert unter anderem die regionale Verteilung der Erkrankung. Danach gibt es im Saarland mit 14,2 Prozent die meisten Betroffenen mit Depressions-Diagnose, während es in Sachsen nur 11,1 Prozent der Bevölkerung waren.

Im Verlauf der letzten fünf Jahre ist die Depressions-Prävalenz laut dem Bericht kontinuierlich angestiegen. Während 2017 noch 11,8 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands ab zehn Jahren eine ärztich diagnostizierte Depression hatten, waren es im Jahr 2022 bereits 12,5 Prozent. Insbesondere bei den jüngeren (10 bis 24 Jahre) und den älteren Altersgruppen (ab 65 Jahre) gab es in den Pandemiejahren einen deutlichen Zuwachs in der Depressionsprävalenz.

„Es gibt Anzeichen dafür, dass die Zunahme der Depressionsprävalenz durch einen hohen Anstieg unter den Jüngeren und einen leichten Anstieg unter den Älteren geprägt ist. Dabei sind jedoch insgesamt viel mehr ältere Menschen von Depressionen betroffen“, sagt WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. „Die Zahlen spiegeln wider, dass junge und ältere Menschen die besonders vulnerablen Gruppen in der Pandemie waren. Einsamkeit ist ein Risikofaktor für das Entstehen einer Depression, und besonders Menschen in hohem Alter waren in Pandemiezeiten häufig allein und isoliert." 

Frauen sind häufiger betroffen

Laut der Analyse steigt mit zunehmendem Alter die Depressionshäufigkeit deutlich. In allen Altersgruppen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Bei den 60- bis 64-Jährigen ist mehr als jede fünfte Frau und fast jeder sechste Mann betroffen. In den Altersklassen zwischen 65 und 74 Jahren ist dann ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Nach diesem „Knick“ steigen die Prävalenzen jedoch weiter deutlich an.

Volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 6,9 Milliarden Euro

Die Relevanz der Erkrankung zeigt sich auch bei den volkswirtschaftlichen Kosten. Demnach entfielen nach der letzten vorliegenden Krankheitskosten-Statistik des Statistischen Bundesamtes 9,5 Milliarden Euro auf Depressionen. Das entspricht 2,2 Prozent aller Krankheitskosten. Zusätzlich zu den direkten Krankheitskosten entstehen indirekte Kosten durch krankheitsbedingte Fehltage.

Die Ausfalltage wegen Depression unter AOK versicherten Beschäftigten belegen mit durchschnittlich 43 Tagen je Fall einen Spitzenplatz unter den Erkrankungen, die eine Arbeitsunfähigkeit auslösen. Auf die 34,5 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahr 2022 hochgerechnet ergeben sich daraus 53,8 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage und Produktions-Ausfallkosten in Höhe von etwa 6,9 Milliarden Euro. Der Anteil der Depressionen an den gesamten volkswirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsunfähigkeit beläuft sich somit auf 7,7 Prozent.

Rückenschmerzen und Angststörungen erhöhen das Risiko

Im Gesundheitsatlas werden auch die Zusammenhänge zwischen Depressionen und Risikofaktoren in den Regionen Deutschlands untersucht. Dazu gehören Angststörungen und Rückenschmerzen. Die Analysen bestätigen die aus der wissenschaftlichen Literatur bekannten Zusammenhänge: In Regionen mit einem höheren Anteil an Patienten mit Angststörungen oder Rückenschmerzen sind auch mehr Menschen von Depressionen betroffen. In den Regionen, in denen viele Menschen unter Rückenschmerzen leiden liegt die Depressionsprävalenz bei 13,8 Prozent. In den Regionen, in denen die Rückenschmerzhäufigkeit gering ist, liegt die Depressionsprävalenz hingegen bei 11,8 Prozent. Und die Prävalenz von ärztlich dokumentierten Depressionen liegt in Regionen mit hohem Anteil an Patienten mit Angststörungen bei 13,6 Prozent, in Regionen mit wenig Patienten mit Angststörungen dagegen nur bei 11,5 Prozent.

Risikofaktoren für die Entstehung von Depressionen

Es gibt eine Reihe von Risikofaktoren, die die Entstehung der Krankheit beeinflussen können. Kritische Lebensereignisse wie Beziehungskrisen, Todesfälle, berufliche Enttäuschungen oder Traumata durch Gewalt, Krieg oder Missbrauch können eine Erkrankung begünstigen. Daneben spielen Faktoren wie das Alter, das Geschlecht oder das Vorliegen chronischer Erkrankungen eine Rolle, erläutert das WIdO.

Auch chronischer Stress ist ein Risikofaktor für Depressionen. Am Arbeitsplatz sei es daher wichtig, das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden über Kriterien wie Entscheidungsspielraum, Kontrolle und Vorhersehbarkeit zu fördern. Aber auch Entwicklungsmöglichkeiten oder die Förderung von Fähigkeiten tragen dazu bei, Mitarbeitende vor der Entwicklung psychischer Erkrankungen zu schützen.

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