Forscher ändern Mundgefühl ballaststoffreicher Lebensmittel
Ballaststoffe tragen zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Dickdarmkrebs bei, schreiben die Forschenden. So führe eine unzureichende Aufnahme von Ballaststoffen jährlich zu etwa einer Million Todesfällen.
„Doch wenn es uns nicht schmeckt, essen wir es nicht. So einfach ist das“, sagt Prof. Lilia Ahrné vom Fachbereich Lebensmittelwissenschaften der Universität Kopenhagen. „Und niemand würde es genießen, körniges Mehl zu essen – aber das ist ungefähr das, was das Gefühl von unlöslichen Ballaststoffen oft hervorruft, besonders wenn sie flüssigen Lebensmitteln wie Joghurt, Säften und Getränken zugesetzt werden.“
Technik soll die Produktepalette vergrößern helfen
Während unlösliche Ballaststoffe in Broten gut funktionieren, sei dies bei vielen anderen Produkten nicht der Fall. Das liege an dem trockenen und körnigen Gefühl im Mund, das die meisten Menschen als unappetitlich empfinden.
„Aus diesem Grund ist die Auswahl an ballaststoffreichen Lebensmitteln und Getränken so gering. Und deshalb ist es wichtig, herauszufinden, wie man Ballaststoffe in mehr Lebensmitteln unterbringen kann, ohne ein schlechtes Esserlebnis zu verursachen“, erklärt Ahrné. Sie ist überzeugt: „Je größer die Vielfalt an ballaststoffreichen Produkten ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen ihre Ballaststoffzufuhr erhöhen. Und jetzt haben wir eine mögliche Lösung.“
„Gel fühlt sich wie Sahne auf der Zunge an“
Ein internationales Team um Ahrné hat jetzt eine Möglichkeit entwickelt, Fasern zu „verkleiden“, um sie so schmackhafter machen. Inspiriert von Lebensmitteln wie Chiasamen, die von Natur aus von einer weichen, gelartigen Schicht umhüllt sind, haben die Forscher die Zellwandfasern der Erbse in ein Gel eingekapselt, das eine weiche Hülle um die Faserpartikel bildet.
„Durch den Gelüberzug fühlen sich die Fasern samtig an, wie Sahne auf der Zunge, wobei man die einzelnen Partikel nicht spürt, weil das Gel den Kontakt zwischen den Partikeln und der Zunge verhindert. Da das Gel mindestens so weich ist wie das Zungengewebe, löst es die sensorischen Rezeptoren nicht aus, und wir nehmen die körnige Textur nicht wahr“, erklärt Erstautorin Dr. Gabriele D'Oria.
Bakterien produzieren die Gel-Beschichtung
Im Experiment reduzierte das Gel die Wahrnehmung der Fasern um 52 Prozent und das Gefühl von Trockenheit im Mund beim Verzehr von Ballaststoffen um 36 Prozent. „Wir haben jetzt gezeigt, dass die Gelbeschichtung funktioniert“, kommentiert D'Oria.
Das Gel könne im Prinzip für alle Arten von Lebensmitteln und Getränke verwendet werden, erklärt sie. Es ist sowohl geschmacks- als auch geruchsneutral und basiert auf Gellan, das von Bakterien produziert wird und bereits bei der Herstellung von Lebensmitteln für andere Zwecke eingesetzt wird. Darüber hinaus ist das Verfahren auch schnell und einfach.
D'Oria et al., Designing gel coatings for oral soft perception of fiber particles, Food Hydrocolloids, Volume 156, 2024, 110366, ISSN 0268-005X, https://doi.org/10.1016/j.foodhyd.2024.110366