Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

„Gestaffelte Zuckersteuer ist eine gute Lösung“

mg
Politik
Eine gestaffelte Zuckersteuer nach dem Vorbild Großbritanniens ist am besten geeignet, um Produzenten von Softdrinks zu Rezepturveränderungen zu bewegen. Das zeigt eine Auswertung internationaler Maßnahmen.

Um die Folgen eines zu hohen Zuckerkonsums – sowohl für einzelne Personen als auch für die Allgemeinheit – abzumildern, wird auch in Deutschland immer wieder die Einführung einer Zuckersteuer diskutiert. In Dänemark gab es zwischenzeitlich eine solche Steuer auf zuckerhaltige Getränke – allerdings mit gemischtem Erfolg, berichtet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und beruft sich auf eine eigene Studie.

Für die DIW-Studie wurden Daten von GfK Consumertracking Scandinavia aus Dänemark genutzt. In diesem Datensatz scannen Konsumentinnen und Konsumenten die Produkte, die sie gekauft haben, und erhalten dafür Bonuspunkte. So konnten Konsumierende über mehrere Jahre verfolgt und Änderungen in ihrem Kaufverhalten analysiert werden. Die Selbstkontrolle der untersuchten Personen wurde anhand eines psychologischen Fragebogens ermittelt, in dem die Konsumierenden beispielsweise ihre Zustimmung zu den Aussagen „Ich bin gut darin, Versuchungen zu widerstehen“ oder „Ich habe Schwierigkeiten, mit schlechten Gewohnheiten zu brechen“ angegeben haben. Die Ergebnisse zeigen, dass eine wichtige Zielgruppe der dänischen Zuckersteuer, also Konsumentinnen und Konsumenten mit geringer Selbstkontrolle, nicht zwingend auf höhere Preise reagiert.

DIW: „Eine pauschale Steuer ist kein Allheilmittel“

„Als die Steuer im Jahr 2012 stark erhöht wurde, tranken die Däninnen und Dänen im Durchschnitt zwar deutlich weniger zuckerhaltige Getränke“, schreibt das DIW, allerdings reduzierten Personen, die ihren Zuckerkonsum wenig unter Kontrolle hatten, ihren Softdrink-Konsum trotz um elf Prozent höherer Preise nur um vier Prozent. Menschen mit hoher Selbstkontrolle (gemessen über Fragebögen) reduzierten den Konsum hingegen um 19 Prozent. „Als die dänische Regierung die Steuer im Jahr 2014 komplett abschaffte (woraufhin die Preise um 23 Prozent sanken), kauften beide Gruppen etwa ein Viertel mehr Softdrinks im Vergleich zu der Zeit, als die hohe Zuckersteuer Bestand hatte.

„Zu viel Zucker macht krank und verursacht hohe Kosten – nicht nur individuell, sondern beispielsweise über Krankenkassenkosten sowie Arbeits- und Steuerausfälle auch für die Gesellschaft insgesamt“, sagt Renke Schmacker, Studienautor und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Eine pauschale Steuer auf zuckerhaltige Getränke wie in Dänemark wäre aber kein Allheilmittel, denn gerade diejenigen, die ihren Zuckerkonsum nicht unter Kontrolle haben und denen eine Steuer helfen könnte ihren Konsum zu reduzieren, reagieren nicht unbedingt auf eine solche Steuer. Die Studie zeigt, dass es auf die richtige Ausgestaltung der Steuer ankommt“, lautet Schmackers Fazit zu den in Dänemark gemachten Erfahrungen.

50 Länder weltweit haben eine Zuckersteuer – Deutschland nicht

Außerdem spricht sich der Wissenschaftler für eine Vielzahl von Maßnahmen zur Zuckerreduktion aus: gesundheitliche Aufklärung, klare Lebensmittelkennzeichnungen, aber auch eine Begrenzung des Marketings für ungesunde Lebensmittel. „Besonders helfen würde es, wenn die Hersteller ihre Produkte gesünder machen würden“, sagt Schmacker. Hierbei solle man allerdings nicht nur auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Hersteller bauen – wie dies in Deutschland der Fall ist.

Weltweit hätten etwa 50 Länder bereits eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke eingeführt. Deutschland setze stattdessen auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie, die sich 2015 verpflichtet hat, den Zuckergehalt in zuckerhaltigen Getränken bis 2025 um 15 Prozent zu reduzieren. Eine Zwischenevaluation hat jedoch ergeben, dass bis 2021 der Zuckergehalt nur um circa zwei Prozent gesunken ist, berichtet Schmacker. Steuern könnten zusätzliche Anreize setzen, wie das Beispiel der Steuer im Vereinigten Königreich zeigt.

Großbritanniens Staffel-Steuer senkte Zuckergehalt um 30 Prozent

Deren Logik: zuckerhaltige Getränke, die wenig Zucker enthalten, wurden nur wenig besteuert, solche mit hohen Zuckergehalt aber sehr stark. „Dies hat den Herstellern den Anreiz gegeben, den Zuckergehalt zu reduzieren, um einer geringeren Steuerlast ausgesetzt zu sein“, erklärt der Fachmann. „In der Folge ist der Zuckergehalt in  zuckerhaltigen Getränken in Großbritannien um 30 Prozent gesunken, also um deutlich mehr als die zwei Prozent, die in Deutschland im gleichen Zeitraum durch eine freiwillige Selbstverpflichtung erreicht wurden.“

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit Sitz in Berlin ist das größte deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft und wird in diesem Rahmen mehrheitlich durch Bund und Länder finanziert – eine weitere Einnahmequelle sind Projektförderung sowie Auftragsforschung.

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