Grundlegende Reformen im Gesundheitswesen angemahnt
Die Gruppe Die Linke hatte dazu einen Antrag eingebracht, der gestern im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages beraten wurde. Die dort gehörten Gesundheitsexperten befürworteten insgesamt grundlegende Reformen im Gesundheitssystem, um eine hochwertige medizinische Versorgung langfristig bezahlbar zu halten. Als sinnvoll angesehen wurden dazu auch Veränderungen in der Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung.
Markus Grunenberg vom GKV-Spitzenverband führte an, dass Reformen unerlässlich seien, um die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung zu stärken. Eine Grundbedingung sei die strikte Trennung der Aufgaben- und Finanzverantwortung von Bund und Ländern. Er nannte als Beispiel die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen. Nachhaltige Strukturreformen seien angesichts des Fachkräftebedarfs nötig. Die jetzigen Strukturen bedürften dringender Effizienzverbesserungen. Auch eine schnellere Terminvergabe in der vertragsärztlichen Versorgung mahnte er an.
PKV-Verband spricht von Zuzahlungen und mehr Eigenverantwortung
Nach Auffassung des Gesundheitsökonomen Stefan Greß von der Hochschule Fulda entstehen durch das duale Krankenversicherungssystem große Fehlanreize. Das Nebeneinander von Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung (GKV/PKV) führe nicht nur zu Verwerfungen auf der Finanzierungsseite. Vielmehr entstünden durch die unterschiedlichen Vergütungsmechanismen bei ambulant tätigen Haus- und Fachärzten Fehlanreize bei der gesundheitlichen Versorgung. Die Integration von gesetzlicher und privater Vollversicherung könne durch eine umfassende Versicherungspflicht zur GKV erreicht werden.
Widerspruch kam vom PKV-Verband. Er warnte nachdrücklich vor der Einführung einer sogenannten Bürgerversicherung. In Deutschland gebe es zwei Versicherungssysteme, aber nur eine Versorgungsstruktur. Das Nebeneinander von GKV und PKV garantiere eine sehr gute Versorgung der gesamten Bevölkerung ohne nennenswerte Wartezeiten. Verbandsdirektor Dr. Florian Reuther brachte auch Zuzahlungen und mehr Eigenverantwortung ins Gespräch.
Sollte die Sektorentrennung abgeschafft werden?
Als Einzelsachverständiger war Franz Knieps vom BKK Dachverband geladen. Er sprach sich für eine bessere sektorübergreifende Versorgung aus. In den vergangenen Jahren sei in dieser Hinsicht nicht viel erreicht worden. Knieps forderte, die Sektorentrennung abzuschaffen und eine gemeinsame Bedarfsplanung ambulant und stationär zu etablieren sowie einheitliche Qualitätsstandards zu definieren.
Für die Ärzteschaft forderte Andreas Gassen, Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), bessere Rahmenbedingungen insbesondere für niedergelassene Ärzte. Um Anreize für die Niederlassung zu schaffen, sei mehr Sicherheit durch verlässliche Rahmenbedingungen nötig. Für einer Versorgung in der Fläche seien niedergelassene Praxen besser geeignet als größere Versorgungsstrukturen in MVZ.
Linken-Antrag kritisiert iMVZ...
In ihrem achtseitigen Antrag führte die Linke unter anderem an, dass teils sehr komplexe Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zu kleinteilig aufgesetzt seien. Große Finanzinvestoren würden in den Bereich der ambulanten Versorgung eindringen und Arzt- und Zahnarztsitze aufkaufen, um Medizinische Versorgungszentren zu gründen. Diese spezialisierten sich häufig auf besonders lukrative Behandlungen und entzögen sich dem allgemeinen Versorgungsauftrag, heißt es in dem Antrag.
Kritisch sei auch, dass Arzt- und Zahnarztpraxen im ländlichen Raum keine Nachfolgerinnen oder Nachfolger fänden. Der Antrag verweist auch auf die Initiative der Krankenhausgesellschaft, der KBV, der KZBV und des Apothekenverbandes ADBA, die kürzlich gemeinsam konstatiert hatten, dass die Versorgung der Bevölkerung in der Fläche durch Krankenhausinsolvenzen, Mangel an Ärzten und Zahnärzten und Apothekensterben akut gefährdet sei. „Eine solch geharnischte Kritik an der gesundheitspolitischen Lage und dem fehlenden und unzureichenden Handeln einer Bundesregierung hat es in Deutschland lange nicht gegeben“, so der Antrag.
und träumt von einer solidarische Gesundheitsversicherung ohne Beitragsbemessungsgrenze
Die Linke fordert unter anderem dazu auf, wohnortnahen Versorgung mit interdisziplinären medizinischen Versorgungszentren in kommunaler Trägerschaft zu gründen. Ferner sollten Modelle der aufsuchenden Versorgung (Doc-Mobile) und eine Betreuung zu Hause durch arztunterstützende medizinische Fachkräfte gefördert werden. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung solle auf eine breitere Basis gestellt werden. Es soll eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung eingeführt werden, in die alle Menschen nach ihrem gesamten Einkommen einzahlen sollen.