Hauptversammlung des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ)

„Hochsensible Daten werden an die Industrie verscherbelt!“

pr
Politik
Die Herausforderungen von Digitalisierung, Datenschutz, der elektronischen Patientenakte und der Telematikinfrastruktur in Zahnarztpraxen standen im Fokus zur Eröffnung der Hauptversammlung des FVDZ in Kassel.

„Mit der elektronischen Patientenakte werden die hochsensiblen Gesundheitsdaten für lau an die Industrie verscherbelt“, kritisierte der Vorsitzende des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ), Dr. Christian Öttl, zur Eröffnung auf der Hauptversammlung seines Verbandes, die vom 10. bis 12. Oktober in Kassel stattfindet. Der FVDZ habe die Verantwortung, den Finger in die Wunde zu legen und Missstände anzuprangern, sagte er und zog eine kritische Bilanz zur Telematikinfrastruktur (TI) aus Sicht der Zahnärzte. „Wir müssen ständig unter Strafandrohung schlecht angedachte und schlecht gemachte Lösungen in der Praxis auf unsere Kosten zu Ende entwickeln. Dafür haben wir keine finanziellen Ressourcen, da ja die Budgets uns einschränken und die Punktwertentwicklung staatlich gebremst wurde.“ Und: „Also Digitalisierung ja, aber nicht als Test in the Field mit Praxen als Erprobungsstation. Wir wollen und werden den Praxen helfen.“

Unter der Moderation von Öttl diskutierten Standespolitiker und Gremienvertreter gemeinsam mit der Industrie das Thema Digitalisierung unter den Perspektiven Sicherheit, Software und Praxisalltag. Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, seit vier Wochen Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, setzt auf den Dialog, wie sie auf der Podiumsdiskussion betonte: „Aus meiner Perspektive ist der Austausch zwischen Datenschutz-Theorie und Datenschutz-Praxis in der Vergangenheit zu kurz gekommen. Ich bin auch angetreten mit dem Ziel, mehr zuzuhören, mehr zu verstehen, mehr nachzufragen, mehr zu erklären und mitzunehmen. Gäbe es technische Lösungen, die Datenschutz von vornherein mitdenken, wären wir nicht an diesem Punkt des Akzeptanzdefizits.“ Und: „Nicht alles, was Ihnen Probleme macht, ist auf den Datenschutz zurückzuführen, aber wir haben große Probleme, die wir lösen müssen.“

Mit Blick auf den bevorstehenden Wahlkampf sagte der Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Martin Hendges: „Die jetzigen Fristen zur Einführung der ePA im Frühjahr 2025 sind rein politisch motiviert. Der Bundesgesundheitsminister steht unter hohem Zeitdruck. Wir haben acht Monate Übergangsfrist. Ich wäre etwas gelassener, was die Fristen angeht. Wir werden trotzdem abrechnen.“

„Es war immer davon die Rede, dass die Patienten von der ePA profitieren. Aber der Fokus richtet sich immer mehr auf das Datensammeln,“ ergänzte Dr. Kai-Peter Zimmermann, Digitalvorstand des FVDZ. „Da hat das ganze System massiv Schlagseite bekommen. Datensammeln ist in manchen Punkten nachvollziehbar, aber für uns nicht mehr tragbar.“

Dr. Wassiliki Ionna Daskalaki, Vorstandsmitglied des FVDZ-Landesverbands Westfalen-Lippe, betreibt eine hochdigitalisierte Praxis in Dortmund. Sie betonte bei der Diskussion: „Wir wollen durch die Digitalisierung die Menschlichkeit auf keinen Fall ersetzen.“ Aber sie könne helfen, Abläufe zu vereinfachen, manches auch schneller machen und sei hilfreich bei Personalengpässen.

In seinem Grußwort kam der Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Prof. Dr. Christoph Benz, auf weitere aktuelle Themen der Standespolitik zu sprechen. Eine GOZ-Novelle sei aus Sicht der BZÄK längst überfällig. Vom zurzeit heiß diskutierten Entwurf der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) müsse diese aber unabhängig sein, betonte er. Der KZBV-Vorsitzende Hendges verwies in seinem Grußwort darauf, dass der GKV-Anspruch auf Zahnfüllungen auch ab dem 1. Januar 2025 ohne zusätzliche Kosten – sogenannte Mehrkosten – bestehen bleibe, obwohl ab diesem Zeitpunkt Amalgam für die zahnärztliche Behandlung in der EU in der Regel nicht mehr verwendet werden dürfe.

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