Arztzahlstatistik 2024

Mehr Ärzte bedeutet nicht mehr Behandlungskapazität

LL
Gesellschaft
Die neuen Zahlen des Bundesarztregisters zeigen: Noch nie waren so viele Mediziner und Psychotherapeuten an der Versorgung beteiligt. Gleichzeitig steht den Patienten damit nicht mehr Zeit zur Verfügung.

Insgesamt nahmen 189.551 Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im vergangenen Jahr an der ambulanten Versorgung in Deutschland teil und damit so viele wie nie zuvor. Gegenüber dem Vorjahr waren es noch einmal 1,1 Prozent mehr. Im haus- und fachärztlichen Bereich ist die Steigerung (0,6 Prozent) geringer als in der Psychotherapie mit 3,6 Prozent. Diese bildet mit 34.921 Personen die größte Fachgruppe nach den Hausärzten. Vertragsärzte und -psychotherapeuten arbeiten jedoch immer häufiger angestellt und in Teilzeit. Auch steigt der Anteil der Frauen weiter. Diese Trends setzen sich damit wie in den letzten Jahren weiter fort, zeigt die aktuelle Arztzahlstatistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Mit 123.752 Personen war die Mehrheit der Niedergelassenen weiterhin in eigener Praxis tätig, allerdings verstetigt sich der Trend zu flexibleren Arbeitsformen. Im Jahr 2024 waren über 55.000 Ärzte und Psychotherapeuten angestellt, 25.056 davon in der Praxis eines Kollegen oder einer Kollegin. Der Anteil der Tätigkeiten mit reduzierter Stundenzahl stieg von durchschnittlich 35,8 Prozent in 2023 auf 37,9 Prozent in 2024. Dieser Trend führt dazu, dass die Zahl der Ärzte stärker steigt als die tatsächliche Behandlungskapazität. Denn einen vollen Arztsitz zur Versorgung gesetzlich Versicherter können sich auch zwei Ärzte teilen.  

Mehr als die Hälfte sind Frauen

Das Durchschnittsalter der Vertragsärzte und -psychotherapeuten betrug 54 Jahre, ähnlich wie 2023. Unter den Niedergelassenen sind 33,7 Prozent 60 Jahre oder älter. Deutlich erkennbar ist auch: Je jünger, desto weiblicher. Bis 39 Jahren haben Ärztinnen einen Anteil von 57,2 Prozent und zwischen 40 und 49 Jahren einen Anteil von 55,6 Prozent. Über 65 Jahre gibt es noch mehr als 70 Prozent männliche Ärzte. Der Frauenanteil insgesamt ist im letzten Jahr auf 52,4 Prozentweiter gestiegen. Es arbeiteten damit 99.288 Ärztinnen und Psychotherapeutinnen in der vertragsärztlichen Versorgung.

Bei der Verteilung der Versorgung gibt es signifikante regionale Unterschiede. Die Dichte von Ärzten und Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner ist in Heidelberg mit 413,5 am höchsten. Die wenigsten niedergelassenen Mediziner gibt es mit 88,4 im Landkreis Coburg in Bayern. Auf Länderebene liegt Hamburg mit 310,3 an der Spitze, Schlusslicht ist Brandenburg mit 201,3 Ärzten und Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner.  

Baustellen angehen, damit mehr Junge wieder gründen

„Noch ist Deutschland Praxenland, das zeigen die Zahlen ein ums andere Mal“, kommentierte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen die Zahlen. „Immer mehr junge Medizinerinnen und Mediziner entscheiden sich für eine Arbeit in Anstellung und/oder Teilzeit. Dabei geht es vor allem um Rahmenbedingungen. Die nächste Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, inwiefern sie die inhabergeführte Praxis wieder attraktiver macht. Ein Regieren an den Niedergelassenen vorbei, können wir uns schlicht und ergreifend nicht mehr leisten.“

Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, ergänzte: „Es ist unerlässlich, dass in der nächsten Legislatur endlich die Baustellen angegangen werden, die insbesondere junge Ärztinnen und Ärzte zögern lässt, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen. Ausufernde Bürokratie und dysfunktionale Digitalisierung sind keine positiven Anreize für den Schritt in eine berufliche Selbstständigkeit in der Patientenversorgung. Nur in ‚Teilzeit‘ werden sich aber die ungeheuren Herausforderungen des demografischen Wandels nicht bewältigen lassen. Andere Rahmenbedingungen sind hierfür unerlässlich!“

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner geht noch einmal auf den Trend der Frauen in der Versorgung ein: „Mit mittlerweile fast 100.000 Kolleginnen sind mehr als die Hälfte der in der ambulanten Versorgung Tätigen weiblich. Gerade bei ihnen zeigt sich der Trend hin zu Anstellung und Teilzeit besonders deutlich. Nach wie vor braucht es eine Politik, die von Verlässlichkeit statt von immer neuen Unwägbarkeiten geprägt ist, um auch Frauen wieder vermehrt zur Übernahme oder Gründung einer eigenen Praxis zu bewegen.“

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