Bundessozialgericht

Notdienst: Auch Privatzahnärzte dürfen verpflichtet werden

Martin Wortmann
Die Bundesländer dürfen einen gemeinsamen Bereitschaftsdienst aller niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte vorgeben und bei der jeweiligen KV oder KZV ansiedeln. Diese dürfen dann auch die privat Niedergelassenen zu Diensten und Umlagebeiträgen heranziehen, urteilte der Vertrags(zahn)arztsenat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel.

Für die niedergelassenen Privat- und Vertragsärzte besteht in Hessen seit 2019 ein landesrechtlich vorgesehener gemeinsamer Bereitschaftsdienst, der von der KV organisiert wird. Die Landesärztekammer hat die Bereitschaftsdienstordnung der KV quasi in ihr Satzungsrecht übernommen. Die KV zieht daher auch Privatärzte zu den Diensten und zu einer finanziellen Umlage heran.

Zwei privat niedergelassene Ärzte und eine Ärztin haben dagegen geklagt. Die nun verkündeten BSG-Urteile wären der Begründung nach auf vergleichbare Organisationsstrukturen für die Zahnärzte voll übertragbar.

Auch Privatärzte profitieren von dem gemeinsamen Angebot

Der Kläger im ersten Fall wehrt sich grundsätzlich gegen diese Konstruktion. Er sei nicht Mitglied der KV, und diese dürfe ihm daher auch keine Beitragsbescheide schicken.

Das BSG wies diese Klage nun ab. Wolle ein Bundesland einen gemeinsamen Notdienst aller niedergelassenen Ärzte regeln, stehe ihm die Ausgestaltung weitgehend frei. Hier sei die Zuständigkeit landesgesetzlich der KV zugewiesen. Daher dürfe sie auch für Privatärzte Bescheide erlassen.

Bundesrecht stehe dem nicht entgegen. Es liege hier ein Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung vor. Der Bund verfolge mit seinen umfassenden Regelungen für die vertragsärztliche Versorgung aber ganz andere Ziele als hier Hessen. Das Land wolle Doppelstrukturen beim Bereitschaftsdienst vermeiden. Zudem verwiesen die Kasseler Richter darauf, dass gerade auch die Privatärzte und ihre Patienten von dem dichteren gemeinsamen Angebot profitieren.

Die Klägerin im zweiten Fall kritisierte die Höhe der Beiträge zur Finanzierung des Bereitschaftsdienstes. Hierzu entschied das BSG, dass sich die Beitragsbescheide bislang „auf keine ausreichende Rechtsgrundlage zurückführen lassen“. Denn nach den bisherigen Regelungen könne der KV-Vorstand die Beiträge eigenständig festsetzen und müsse nicht einmal die Kriterien hierfür offenlegen.

Privatärzte dürfen nicht teilweise Vertragsärzte werden

Gleichzeitig betonte der BSG-Vertragsarztsenat, die Landesärztekammer, die hier faktisch die Privatärzte vertritt, dürfe ihre Kontrolle nicht komplett aus der Hand geben. Unzulässig würden die Privatärzte sonst „teilweise Vertragsärzte werden“. Dies bedeutet, dass sich KV und Kammer nun auf transparente Berechnungsgrundlagen einigen und auch künftige Änderungen gemeinsam beschließen müssen.

Der Kläger im dritten Fall ist ein Unternehmer. Als niedergelassener Orthopäde arbeitet er nach eigenen Angaben nur noch 14 Stunden pro Woche. Trotzdem zog die KV Hessen ihn in vollem Umfang zu den Bereitschaftsdiensten heran. Privatärzte mit einer weiteren angestellten Tätigkeit können den Umfang ihrer Dienste dagegen auf bis zu 25 Prozent reduzieren. Wie der Kläger rügte auch das BSG eine unzulässige Ungleichbehandlung. Das Argument der KV, bei unternehmerischen oder selbstständigen Tätigkeiten lasse sich der Arbeitsumfang kaum kontrollieren, ließen die Kasseler Richter nicht gelten.

Bundessozialgericht
Az.: B 6 KA 16/22 R (Grundlagen, Beitragsbescheide), B 6 KA 17/22 R (Beitragsberechnung)
und B 6 KA 20/22 R (private Teilzeit-Ärzte)
Urteile vom 24. Oktober 2023

Martin Wortmann
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