Parteien stellen sich den Fragen der Heilberufe
Sechs zentrale Forderungen hat die gemeinsame Initiative der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Apotheker und deren Teams in Thüringen gebündelt und wollte von den Politikern aus Bund und Land wissen, wie ihre Partei darauf reagieren will.
Ambulantisierung umsetzen
Tragfähige Finanzierung
Fachpersonal stärken
Nachwuchsoffensive
Entbürokratisierung
Sinnvolle Digitalisierung
Durch das klar strukturierte Format führte am Donnerstagnachmittag Moderator Alexander Müller, Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung. Er stellte jeweils zwei Vertretern jeder Partei Fragen rund um die drängendsten Themen der Gesundheitspolitik. Diese hatten 15 Minuten Zeit für ihre Antworten. Vorab wurden die drängendsten Probleme seitens der Heilberufe noch einmal in einem Imagefilm vorgestellt. Hier forderte beispielsweise Kammerpräsident Dr. Christian Junge nach einer Prämie für Schülerpraktika in Gesundheitsberufen. Dieser Vorschlag wurde bereits während der Diskussion durch die Parteipolitiker positiv aufgenommen.
Den Auftakt machten die DIE LINKE mit Ralf Plötner (MdL) und Ates Gürpinar (MdB). Beide warnten vor einer sich verstärkenden Zweiklassengesellschaft im Gesundheitswesen. „Wir wollen daher eine Kasse für alle, also auch die Politiker. – Stichwort ,Bürgerversicherung'", stellte Gürpinar klar. Dass Thüringen weltoffen bleiben müsse, sei besonders auch für das Gesundheitssystem wichtig, damit der benötigte Nachwuchs in die Regionen komme und auch bleiben wolle, betonte Plötner.
Tina Rudolph (MdB) von der SPD erklärte, dass für das Fach Medizin die Studienplatzkapazität in Thüringen bereits um zehn Prozent gesteigert worden seien, allerdings seien keine weiteren Erhöhungen geplant und die Ressourcen endlich. Zur Zahnmedizin sagte sie, dass den Entscheidern die Budgetierung der Parodontitis-Behandlung damals absolut „nicht leichtgefallen“ sei. Rudoph verwies als Regierungsvertreterin in dem Zusammenhang noch einmal auf die schwierige finanzielle Situation der Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre und beteuerte, dass die vereinbarte Evaluation des Paro-Behandlungsgeschehens in absehbarer Zeit zeigen würde, ob sich die Versorgung wirklich verschlechtert habe.
Für DIE GRÜNEN machten auch Ann-Sophie Bohm (MdL) und Prof. Dr. Armin Grau (MdB) noch einmal klar, dass es auf diese Evaluierung ankomme. Der Blick auf die Evaluation der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung zeige aber, dass es weniger Neubehandlungen gebe. Die gesundheitliche Entwicklung „müssen wir nachhalten“, sagte Grau und verwies auf seine Beteiligung an der Forschung zu Schlaganfällen und Parodontitis.
Sechs Prozent der Medizin- und Zahnmedizinstudierenden seien verpflichtet, auf dem Land zu bleiben. „Das ist erstmal nicht viel, aber mehr als vorher. Und wir müssen daran arbeiten, wie wir die Jungen zum Bleiben kriegen“, so Christoph Zippel (MdL) und Simone Borchardt (MdB) von der CDU. Beide versprachen sich viel von Landarzt- und Landzahnarztquoten. Weiter sei es wichtig, die Freiberuflichkeit zu stärken und die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) anzupassen. Insgesamt müsste das „Geld im System“ besser verteilt und das System an sich effektiver gemacht werden – beispielsweise durch den Ausbau der Amulantisierung und der Telemedizin. „Wenn Bürokratie eingespart würde, dann hat der Arzt wieder Spaß an seiner Arbeit“, so Zippel.
„Eine Lanze für die Ambulantisierung“ wollten auch Dr. Wolfgang Lauerwald (MdL) und Dr. Christina Baum (MdB) von der AfD brechen und schossen sich in ihren Statements auf das Thema Bürokratie ein. Sie sei „getrieben durch Kontrolle und Misstrauen“ und damit ein großer Frustfaktor für die Ärzte, Zahnärzte und Pharmazeuten, sagte Lauerwald, der selbst Arzt ist. Man sorge sich darum, dass diese nach und nach immer mehr junge Nachfolger abstoße. Zahnärztin Baum begrüßte die Möglichkeiten der Telemedizin, sah dabei aber klare Grenzen. Die persönliche Medizin gehe immer vor.
Die Vertreter der FDP, Robert-Martin Montag (MdL) und Dr. André Byrla (FDP Berlin), rückten noch einmal das Thema der ambulanten Versorgung in den Fokus. Die Partei wolle „individuelle Medizin stärken und dazu auch die künstlichen Barrieren zwischen den Versorgungsbereichen abbauen“. Wichtig sei ihnen auch, die Notfallversorgung zu reformieren und am medizinischen Bedarf ausrichten. Abschließend sagte Montag, dass die Wahrnehmung der Patienten gestärkt werden müsse: „Was bedeutet das Solidarsystem? Das ist kein unbegrenztes Leistungssystem, das immer nur abgibt.“
Vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sprach sich Prof. Dr. Johannes Nowak (BSW), der selbst als Arzt in einem MVZ arbeitet, für den Entzerrung des Patientenaufkommens in den Praxen aus. Stichwort hier: Die Patientensteuerung. Ob es wirklich zu wenige Ärzte gäbe, bezweifelte er. „Es geht viel mehr darum, wie wir mehr Ärzte ins System kriegen – wobei wir schon viele Ärzte und Gesundheitspersonal haben. Wir müssen also herausfinden, warum diese falsch verteilt sind.“