66. Zahnärztetag Westfalen-Lippe

Rieckesmann: Deutschland verzettelt sich bei Pandemiebekämpfung im Bürokratie-Dickicht

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In einer emotional vorgetragenen Rede machte der Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, Jost Rieckesmann, die überbordende Bürokratie für das Chaos im Kampf gegen die Corona-Pandemie verantwortlich.

Zur Eröffnung des wissenschaftlichen Kongresses des 66. Zahnärztetages Westfalen-Lippe kritisierte Rieckesmann das politische Krisenmanagement in der Corona-Pandemie scharf. Ein "derartiges strukturelles Versagen auf allen Staatsebenen verbunden mit einem leider häufigen Durcheinander auf der operativen Vor-Ort-Ebene" sei in der deutschen Nachkriegsgeschichte einzigartig. Das werde "von vielen Bürgern unseres Landes bitter bezahlt werden müssen.

Mit massivem wirtschaftlichem Schaden, mit Krankheit, ja mit Tod aufgrund zu später Impfung." Länder wie die USA, Großbritannien und auch Israel hätten zu Beginn der Pandemie in den Abgrund geschaut, seien aber heute bei den Impfungen wesentlich weiter - "ihre Volkswirtschaften werden sehr viel früher aus dem Lockdown herauskommen und wieder Fahrt aufnehmen können".

Deutschland "verzettelt sich stattdessen in landestypischer Kleinstaaterei in völlig undurchdringlichem Bürokratiedickicht". Lieber werde "auf die 'vierte Rangposition innerhalb der zweiten Prioritätsstufe' gepocht, als ungenutzte, nicht abgerufene Impfdosen pragmatisch an impfwillige, ebenfalls priorisierte andere Berufs- oder Altersgruppen zu vergeben".

Impfzentrum tagelang geschlossen, weil die Anmeldesoftware fehlte

Rieckesmann beschrieb die Mühen, die es seitens der zahnärztlichen Körperschaften in Nordrhein-Westfalen brauchte, um Impftermine für priorisierte Zahnärztinnen und Zahnärzte zu bekommen: "Mal war der Bürgermeister zuständig, mal ein Krisenstab, mal die Gesundheitsämter, mal das Impfzentrum vor Ort. Und jeder verarbeitete die Daten anders, wenn überhaupt ..."

In Dortmund war Rieckesmann zufolge schließlich der "Gipfel der Umständlichkeit" erreicht worden. Dort musste das ganze Impfzentrum geschlossen werden, "weil den Verantwortlichen erst mitten im Impfprozess eingefallen war, dass man keinerlei Anmeldesoftware installiert hatte".

Die Nachrüstung habe mehrere Tage gedauert. Zwischenzeitlich sei es der Kammer gelungen, "wenigstens 212 Einzelpersonenimpftermine für Prio-2-Praxen zu erhaschen". Angesichts der benötigten Gesamtzahl von etwa 1.400 Personen mussten die Impftermine dann im Losverfahren durch die Kammer vergeben werden. Kaum war das mit viel Aufwand geschafft, "meldete Dortmund plötzlich die online-Schaltung einer Terminsoftware eines Veranstaltungsunternehmens. Keine Info dazu im Vorfeld."

Schuld sind die Umstände und alle anderen

Rieckesmann ließ keinen Zweifel daran, dass er verantwortliches und kompetentes Krisenmanagement auf allen Ebenen vermisst. Persönliche Verantwortung werde auch beim Gesundheitsminister, der seine "vollmundigen Ankündigungen [...] schon fast regelmäßig nicht einhalten" könne, gar nicht wahrgenommen. Schuld seien die Umstände und alle anderen.

Pragmatisch und nicht bürokratisch handeln

Gerade wegen der Größe der Herausforderung durch die Pandemie müsse heute effektiver und schneller, "pragmatisch und nicht bürokratisch gehandelt" werden, forderte Rieckesmann. In der Krise dürfe man keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, "dass es einem ausschließlich um die Sache und nicht, nicht mal ein bisschen - und sei es nebenbei - um das eigene Fortkommen auf der Karriereleiter geht".

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