Medienbericht des RND

Steht die Pflegeversicherung vor der Pleite?

pr
Politik
Die gesetzliche Pflegeversicherung sei bald zahlungsunfähig, deshalb plane die Regierung eine schnelle Reform, schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das Bundesministerium warnt vor Panikmache.

In der gesetzlichen Pflegeversicherung seien die Einnahmen deutlich niedriger als die Ausgaben. Die Ampelregierung arbeite deshalb fieberhaft an einer „Notoperation“, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) in seiner heutigen Ausgabe. Werde nichts getan, sei die Pflegeversicherung spätestens im kommenden Februar zahlungsunfähig, heißt es dort weiter. Das würde bedeuten, dass Pflegeheime, Pflegedienste sowie Pflegebedürftige und deren Angehörigen kein Geld mehr erhielten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte an, in Kürze einen Plan zur Stabilisierung der finanziell angeschlagenen Pflegeversicherung vorzulegen.

Für das aktuelle Jahr rechneten die Pflegekassen laut RND-Bericht mit einem Defizit von 1,5 Milliarden Euro, für 2025 mit 3,5 Milliarden Euro. Die Bundesregierung gehe laut Bericht davon aus, dass die von den Kassen geschätzte Anhebung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte nicht ausreichen wird; sie rechnet mit einem Erhöhungsbedarf von 0,25 bis 0,3 Punkten. Reserven gebe es in der Pflegeversicherung nicht mehr. Nach der Bundestagswahl im Herbst 2025 sei mit einer längeren Phase der Regierungsbildung zu rechnen. Deshalb müsse die Erhöhung so ausfallen, dass das Geld mindestens bis zum Frühjahr 2026 reiche, heißt es weiter.

RND: Sozialbeiträge könnten 2025 steigen wie seit 20 Jahren nicht mehr

Wie das RND hervorhebt, gilt in der Pflegeversicherung ein allgemeiner Beitragssatz von 3,4 Prozent. Kinderlose zahlen vier Prozent. Für Familien mit mehr als einem Kind unter 25 Jahren gebe es Abschläge. Eine Beitragserhöhung von 0,3 Punkten klinge zwar nicht viel. Doch dabei werde es nicht bleiben, prognostiziert das Blatt, da auch in der gesetzlichen Krankenversicherung mit einem Beitragsanstieg gerechnet werde, und zwar um 0,7 Prozentpunkte. Zusammen ergebe das für Beschäftigte mit einem Einkommen von 3.500 Euro eine Mehrbelastung von immerhin 17,50 Euro im Monat oder 210 Euro im Jahr. Damit könnten die Sozialbeiträge zum Jahresanfang so stark steigen wie seit über 20 Jahren nicht mehr, so das RND.

Das Bundesgesundheitsministerium warnte in einer ersten Reaktion vor Panikmache. Dass die Pflegeversicherung sowohl kurzfristig wie auch strukturell Schwierigkeiten habe, sei nicht neu, hieß es dort. Das habe Bundesgesundheitsminister Lauterbach mehrfach in der jüngsten Vergangenheit betont, hieß es. Das habe im Wesentlichen drei Gründe: Mit der jüngsten Pflegereform seien die Pflegebedürftigen in Heimen erheblich entlastet worden, Pflegekräfte hätten höhere Löhne bekommen, und es gebe mehr Pflegebedürftige als angenommen. Deswegen werde der Minister wie angekündigt in Kürze ein Finanzkonzept vorlegen, um sowohl kurz- wie langfristig die Pflegeversicherung wieder auf stabilere Füße zu stellen.

Lauterbach: „Die Pflegeversicherung ist nicht insolvent“

„Die Pflegeversicherung ist nicht insolvent“, sagte der Minister heute vor der Presse. Die Pflegeversicherung werde auch in Zukunft für die Leistungen aufkommen, betonte er. Es gebe derzeit eine Schwäche bei den Einnahmen und hohe Kosten. „Wir arbeiten derzeit an einer größeren Pflegereform, die dringend notwendig ist“, kündigte Lauterbach an. Im Rahmen dieser Reform würden alle erforderlichen Dynamisierungsschritte geregelt. Einzelne Schritte vorweg zu regeln, wäre nicht zielführend, so der Minister.

Unterdessen forderte die DAK-Gesundheit von der Bundesregierung, eine Beitragssatzerhöhung in der Pflegeversicherung zu vermeiden.Ein aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag der Kasse zeige, dass die Rückzahlung von Corona-Hilfen an die Pflegeversicherung zwingend geboten sei. Der DAK-Vorstandsvorsitzende Andreas Storm forderte vom Bund die kurzfristige Rückzahlung von sechs Milliarden Euro. Erfolge die Rückzahlung nicht, sei dies laut Gutachten eindeutig verfassungswidrig und habe fatale Folgen.

DAK: Zugriff auf Beitragsgelder während der Pandemie war nicht zulässig

Der Bund hatte nach Angaben der DAK-Gesundheit die Pflegekassen 2020 gesetzlich verpflichtet, Zahlungen im Rahmen der Pandemiebewältigung an anspruchsberechtigte Pflegeeinrichtungen zu leisten. Finanziert werden mussten diese Maßnahmen vornehmlich aus dem Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung – und damit in erster Linie aus Sozialversicherungsbeiträgen. Diese unterlägen allerdings einer strengen Zweckbindung und dürften ausschließlich eingesetzt werden, um den Versicherungsschutz der Beitragszahlenden zu gewährleisten, informiert die Kasse weiter. Der Zugriff auf diese Beitragsgelder während der Pandemie sei nicht zulässig gewesen.

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