„Terminvergabe muss in ärztlicher Hand bleiben“
In einem heute veröffentlichten Appell an die Regierungsfraktionen warnt der Berufsverband davor, „jeglichen Versuchen“ in diese Richtung zu widerstehen.
Hintergrund ist eine Stellungnahme des Bundesrats vom 27. September 2024, in der die Länderkammer den im GDAG-Entwurf vorgesehenen Auftrag an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und den GKV-Spitzenverband begrüßt, Anforderungen an digitale Terminbuchungsplattformen zu normieren. Der Bundesrat bat darum, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob auch die gesetzlichen Krankenkassen berechtigt werden sollen, Versicherten auf telefonische Anfrage Terminangebote machen zu dürfen.
Selbstbestimmte Niedergelassene oder Angestellte der Kassen?
„Wir kämpfen ohnehin schon mit einer sinkenden wirtschaftlichen Attraktivität der selbständigen Berufsausübung in der Niederlassung“, kritisiert die stellvertretende Vorsitzende des Hartmannbundes, Prof. Dr. Anke Lesinski-Schiedat. „Wenn nun auch noch die Reste an Selbstbestimmung und Selbstorganisation der Kolleginnen und Kollegen in Frage gestellt werden, indem wir ihnen am Ende des Tages mehr oder weniger fremdgesteuert Patientinnen und Patienten in die Praxen schicken, dann wird die Lust zur Niederlassung weiterhin massiv sinken.“
Auch KBV sieht Terminvergabe als ärztliche Aufgabe
Zum Thema Terminplattformen meldete sich heute die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zu Wort. Bei der im Rahmen des Gesundheits-Digitalagentur-Gesetzes (GDAG) angestrebten Weiterentwicklung der digitalen Terminvergabe solle die Regierung vor allen Dingen auf die Erfahrungen der Ärzteschaft zurückgreifen. „Wenn der Gesetzgeber einheitliche Vorgaben für Terminplattformen will, so bieten wir ihm grundsätzlich die Expertise von KBV und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) an“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Wir verfügen über ein einzigartiges Know-how bei der Entwicklung und Umsetzung von Terminplattformen, das wir gerne einsetzen werden und auch entwickeln können.“ Dem schloss die KBV die Forderung an, dass die zu erarbeitenden Vorgaben und Schnittstellen für die Softwareanbieter der PVS verpflichtend sein müssten.
Die KBV merkt an, dass der Regierungsentwurf ihrer Einschätzung nach einige problematische Punkte aufweist: „So haben wir weder Möglichkeiten noch eine Handhabe, den Datenschutz der diversen Anbieter von Plattformen zu überwachen.“ Auch die Finanzierungsfrage sei ungeklärt. Da es sich aus Sicht der Berufsorganisation um gesamtgesellschaftliche Aufgaben handelt, sollen für die nötigen Investitionen nicht die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte aufkommen müssen.
Keine Kompromisse bei der freien Arztwahl
„Eine Terminplattform muss Patientinnen und Patienten bei der freien Wahl ihres Arztes oder Psychotherapeuten unterstützen, und diese freie Wahl darf nicht zugunsten zentraler Planungs- und Überwachungsfantasien geopfert werden“, so die KBV. Die Vorstellungen des GKV-Spitzenverbands liefen hier den Interessen der Patientinnen und Patienten diametral entgegen.
Warum sollten sich junge Medizinerinnen und Mediziner für ein wirtschaftliches Risiko in der eigenen Praxis entscheiden, wenn sie faktisch doch immer mehr zu Angestellten der Kassen würden, fragt der Hartmannbund.
Private Dienstleister müssen in die Pflicht genommen werden
Nichts spreche hingegen bei der Vergabe von Terminen gegen den Einsatz von Digitalisierung oder Künstlicher Intelligenz, heißt es weiter. Das könne den Prozess effizienter machen, so der Hartmannbund.
In Richtung privater Dienstleister auf dem Gebiet des Termin-Managements betonte Lesinski-Schiedat jedoch, „diese seien gut beraten, jeglichen Verdacht der Terminvergabe unter wirtschaftlichen oder anderweitig interessengesteuerten Aspekten auszuräumen“. Grundsätzlich dürfte an keiner Stelle des Systems der Eindruck entstehen, die Vergabe von Terminen für medizinisch notwendige Behandlungen unterliege versorgungsfremden Einflüssen.