Reaktionen auf geplantes GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

"Unverständnis und Enttäuschung"

pr
Ärzte, Kassen und Pharmabranche – sie alle empören sich über den geplanten Entwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG). Den Ärzten ist vor allem der Wegfall der Neupatientenregelung ein Dorn im Auge.

Aufs Schärfste kritisierten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenärztlichen Vereinigungen und die in der Konzertierten Aktion der KBV vertretenen Berufsverbände die im Entwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgesehene Aufhebung der Neupatientenregelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Mit einer gemeinsamen Resolution reagierten sie anlässlich der gestrigen Experten- und Verbändeanhörung zum GKV-FinStG im Bundesgesundheitsministerium. Die Pläne lösen in der niedergelassenen Ärzteschaft Unverständnis und tiefe Enttäuschung über die Unzuverlässigkeit der Politik aus, heißt es darin.

Ein vom heutigen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor wenigen Jahren als Abgeordneter vorangetriebenes Gesetz solle nun in Teilen wieder zurückgedreht werden. Und das mit dem gleichzeitigen Versprechen an die Patienten, es gäbe keine Leistungskürzung, argumentieren die Ärzteverteter. Mit dem Inkrafttreten des TSVG hätten die Ärztinnen und Ärzte – im Vertrauen auf den Bestand dieser Regelungen – die Abläufe in den Praxen umgestellt. Der angekündigte Wegfall der Neupatientenregelung würde nicht ohne massive Folgen – wie etwa längere Wartezeiten auf Termine – bleiben.

"Strukturelle Reformen sucht man vergebens"

Aus Sicht der Verbände der Krankenkassen handelt es sich bei dem Entwurf um einen Flickenteppich von Maßnahmen, die einzig und allein das Ziel hätten, die Finanzierungslücke 2023 in Höhe von 17 Milliarden Euro kurzfristig und notdürftig zu stopfen. Strukturelle Reformen suche man vergebens, kritisierten die Kassen. Dabei werde in Kauf genommen, dass die Beitragszahler – Versicherte und Arbeitgeber – nun die Zeche zahlen sollen für eine verfehlte Politik der Vorgängerregierungen, welche die Leistungsausgaben durch teure Gesundheitsgesetzgebung in die Höhe getrieben hätten.

Von 17 Milliarden Euro sollen allein mehr als 11 Milliarden Euro die Beitragszahler tragen, sei es in Form von Beitragssatzerhöhungen - oder indem nochmals auf die Reserven des Gesundheitsfonds oder die Rücklagen der Krankenkassen zurückgegriffen werde, beziehungsweise die Krankenkassen sich sogar verschulden sollten. Langfristige Planungen oder die Möglichkeit für Investitionen würden auf diese Weise massiv eingeschränkt.

Für völlig absurd halten die Kassen auch den Vorschlag, den Gesundheitsfonds zu verpflichten, ein Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro aufzunehmen und dieses bis spätestens 2026 von Krankenkassen wieder zurückzahlen zu lassen. Dies sei eine Finanzierung auf Pump und habe mit einer nachhaltigen und verlässlichen Finanzierung nichts mehr zu tun. Mit der einmaligen Schließung der Finanzlücke 2023 sei laut der Kassenverbände kein Problem der Zukunft gelöst. Hinzu kämen weitere Unwägbarkeiten wie die Inflation und steigende Energiepreise. Damit drohten 2024 erneut Beitragssatzerhöhungen.

"Zwang zur Sanierungshilfe wirkt willkürlich"

Erneut verwies die Pharma-Industrie darauf, dass sie die Defizite der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verursacht habe. Ihr Anteil an den Gesamtausgaben habe im letzten Jahrzehnt stabil bei 16 Prozent gelegen. Der Versuch, sie dennoch in eine Sanierungshilfe zu zwingen, wirke nach wie vor willkürlich, erklärte der Präsident des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), Han Steutel. Vor allem das Bestreben, aus Geldnot im Vorbeigehen das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) zu einer Art Mautsystem für innovative Arzneimittel umzubauen, sei hochriskant, sagte Steutel.

Sogar Arzneimittel mit Zusatznutzen sollten jetzt unter Umständen zusätzlich rabattiert werden. Und Arzneimittelkombinationen würden gleich mit einem pauschalen Strafabschlag belegt. Mit diesem Gesetzentwurf riskiere Lauterbach Marktrücknahmen von Arzneimitteln, die sich genauso wie Leistungskürzungen auswirken würden.

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