Zentraler Einsatz für den Berufsstand
Eine ständig wachsende Flut von Veröffentlichungen wie auch Veranstaltungen zu Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement ist in den letzten Jahren zu verzeichnen. Im SGB V ist Qualitätssicherung bei der Novellierung 2000 ausdifferenziert worden, im letzten Jahr erst hat sich der Sachverständigenrat in einem beinahe 400 Seiten umfassenden Band ausschließlich zum Thema Qualitätsentwicklung in der Medizin geäußert. Die Ärzte haben bereits in den 90er Jahren verschiedene Gremien und Einrichtungen zur Qualitätssicherung in der Medizin gegründet, insbesondere 1995 die Ärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung (äzq) in gemeinsamer Trägerschaft von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung, die inzwischen zu einer allseits anerkannten Einrichtung im deutschen Gesundheitswesen geworden ist.
Auch die Zahnärzteschaft hat Ende der 90er Jahre das Thema Qualitätssicherung erneut aktiv aufgegriffen, zunächst den Ausschuss Qualitätssicherung unter Leitung der Bundeszahnärztekammer (Vorsitzender Dr. Peter Boehme) reaktiviert, aus dem heraus der Impuls für die Gründung einer eigenen Stelle für Qualitätssicherung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde entstanden ist. In gemeinsamer Trägerschaft von Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung wurde dann zum 01.01.2000 die Zahnärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung, zzq, als eine Stabsstelle im Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) gegründet. Personell wurde sie aber erst zu Beginn des Jahres 2001 mit zwei Mitarbeitern besetzt, so dass die zzq erst seitdem arbeitsfähig ist. Inzwischen ist sie jedoch in Ärzteschaft und Politik bekannt und wird zunehmend in Fragen der Qualitätssicherung in der Zahnmedizin angesprochen.
Beratung steht ganz vorn
Allgemeine Aufgabe der zzq ist die Bearbeitung von Fragen der zahnärztlichen Qualitätssicherung. Sie hat vor allem beratende Aufgaben im Sinne einer Stabsstelle. Die zzq unterstützt die Trägerorganisationen, Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, bei allen Fragen der Qualität der zahnärztlichen Berufsausübung. Grundlage dafür ist die systematische Auswertung und Dokumentation der nationalen und internationalen Aktivitäten auf dem Gebiet der Qualitätssicherung in der Medizin.
Mit der Errichtung der zzq haben BZÄK und KZBV Strukturen zur Förderung der Qualitätssicherung analog zu den Ärzten geschaffen. Damit wird Qualitätssicherung als wichtige und gemeinsame Aufgabe des Berufsstandes anerkannt. Die Betonung der gemeinsamen Aufgabe ist wichtig, weil es keine Differenzierung in der Qualität von erbrachten Leistungen, sei es als vertragszahnärztliche oder privatzahnärztliche Versorgung, geben kann und soll. Unterschiede kann es allerdings bei der Auswahl der Behandlungsalternativen, also im Versorgungsniveau, geben, nicht aber bei der Qualität der durchgeführten Diagnose- und Behandlungsmaßnahmen.
Die Anbindung der zzq als Stabsstelle im Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) erfolgte, um die dort vorhandene wissenschaftliche Infrastruktur zu nutzen und Synergieeffekte zu erzielen. Die Aufgabenstellung der zzq passt am besten zu der des IDZ, nämlich praxisrelevante Forschung und fachliche Beratung für die Trägerorganisationen in Fragen der Versorgungsforschung und Gesundheitswissenschaften. Da im Vergleich zu analogen Institutionen bei den Ärzten – Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) und äzq – personelle und finanzielle Ressourcen in IDZ und zzq bescheiden sind, ist eine Integration beider Aufgabenstellungen in einer gemeinsamen Einrichtung, dem IDZ, aus organisatorischen, finanziellen und inhaltlichen Aspekten sinnvoll.
Voraussetzungsorientiert handeln
Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, die von der zzq konzipiert, begleitet und ausgewertet werden sollen, orientieren sich an dem von BDZ und KZBV bereits 1988 verabschiedeten Grundsatzpapier „Qualitätssicherung in der zahnmedizinischen Versorgung“. Dieses Grundsatzpapier spricht sich für das Konzept einer voraussetzungsorientierten Qualitätssicherung aus. Dies bedeutet, dass insbesondere an wichtigen Strukturgrößen (Qualifikation durch Aus- und Fortbildung) und Prozessgrößen (Praxismanagement, medizinische Dokumentation, medizinische Leitlinien, Erfahrungsaustausch in Qualitätszirkeln) angesetzt wird, um die Qualität der zahnmedizinischen Versorgung (Ergebnisgrößen) generell und im Einzelfall zu sichern und zu verbessern. Hierbei wird Qualitätssicherung als Anliegen des Berufsstandes verstanden, das in die Hände der Zahnärzteschaft gehört. Von außen vorgegebene Qualitätssicherung wird demgegenüber skeptisch beurteilt.
Es gibt eine Fülle von Regelungen, Maßnahmen und Aktivitäten, die von der Zahnärzteschaft schon seit Jahren betrieben werden und die alle implizit auch qualitätssichernde Wirkung für die zahnärztliche Berufsausübung haben – zum Beispiel Gutachterwesen oder Hygienerichtlinien, um nur zwei Bereiche aus der Fülle von Maßnahmen zu nennen, die bereits auch schon 1994 im Weißbuch zur „Qualitätssicherung in der zahnärztlichen Versorgung“ (vergleiche IDZ-Materialie Band 15, 1995) beschrieben worden sind. In den letzten Jahren ist jedoch die gesundheitspolitische Notwendigkeit gestiegen, Qualitätssicherung systematisch zu betreiben und eigens zu diesem Zweck konzipierte Maßnahmen der Qualitätssicherung zu implementieren.
Transparenz schaffen
Ziel von Qualitätssicherung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ist die Erhaltung beziehungsweise Wiederherstellung oraler Strukturen (Heners 1994, Seite 1443) unter Berücksichtigung der Patientenerwartungen. Qualitätssicherung wird erreicht durch das Transparentmachen von Beschaffenheiten, Leistungen oder Abläufen durch Dokumentation, Beschreibung und Bewertung des Ist-Zustandes, Erzeugen von Problembewusstsein, Vorschläge zur Intervention bei erkannten Mängeln sowie Umsetzung der Lösungsvorschläge in die Praxis und die daraufhin erfolgende Überprüfung erreichter Veränderungen. Die Schritte beziehungsweise Elemente dieses „Qualitätskreislaufes“ liegen jeder qualitätsfördernden Maßnahme zu Grunde (Gerlach, 2001, Seite 14).
Qualitätssicherung ist ein neutraler Prozess der Überprüfung und Dokumentation des eigenen Handelns nach zuvor gesetzten Zielen, wird aber häufig als moralischer Appell und Wertung, etwas besonders gut zu machen, missverstanden. Daher stellt Heners fest „Qualitätssicherung bedeutet die Sicherung von Therapieverfahren, die für Gesundheit und Wohlbefinden des Patienten ‚wirksam und bedeutsam‘ sind“ (1995, Seite 2).
Mit Bedenken sensibel umgehen
In der Zahnärzteschaft gibt es vielfältige Bedenken gegen Qualitätssicherungsmaßnahmen, insbesondere wenn sie von außen als bürokratische Regelungen und Kontrollen oder im Zusammenhang mit Kostendämpfungsbestrebungen und Budgetierungen dem Berufsstand diktiert werden sollen. Qualitätssicherung ist daher ein hochsensibles berufspolitisches Thema, dem sich die Zahnärzteschaft jedoch wegen seiner hohen Bedeutung und Aktualität in der Gesundheitspolitik nicht entziehen kann. So hat die Gesundheitsministerkonferenz der Länder 1999 einen umfangreichen Katalog an Qualitätssicherungsmaßnahmen beschlossen, die zwar noch nicht gesetzlich verbindlich sind, die aber deutlich machen, wohin die Politik tendiert. Aktuell hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die Einrichtung eines Zentrums für Qualität in der Medizin für die nächste Legislaturperiode angekündigt, in dem eine leitliniengesicherte Medizin konzipiert werden soll. Im Rahmen der Disease Management Programme (DMP) werden Versorgungsleitlinien von der Gesundheitspolitik gefordert. Das alles macht deutlich, dass Qualitätssicherung ein Thema ist, das aus der gesundheitspolitischen Diskussion – gleich welcher politischen Richtung – nicht mehr weg zu drängen ist. Wenn auch die Diskussion sich bisher noch auf die Medizin und die großen Volkskrankheiten, wie Krebs oder Diabetes, fokussiert, ist doch klar, dass die Zahnmedizin nicht außen vor bleiben wird.
Durch die Gründung der zzq hat die Zahnärzteschaft deutlich gemacht, dass sie bereit ist, in diesem Feld selbst aktiv zu sein, anstatt sich das Handeln von außen vorschreiben zu lassen. Weil das Feld allerdings so komplex und unübersichtlich ist, sind auch die Erwartungen an die Aufgaben und Ergebnisse, die die zzq bearbeiten und vorlegen sollte, vielfältig. Das Aufgabenprofil der zzq, das, was die zzq leisten kann und was nicht, ist daher deutlich zu machen.
Solide Dokumentation
Zentrale Aufgabe der zzq ist die solide Dokumentation der wissenschaftlich fachlichen Grundlagen der Qualitätssicherung und der Qualitätssicherungsmaßnahmen bezogen auf nationale wie internationale Entwicklungen und Aktivitäten. Gerade im internationalen Raum hat Qualitätssicherung in Medizin und ZahnMedizin eine zunehmende Bedeutung. Die Veröffentlichungen zur Qualitätssicherung, zu Leitlinien und evidenzbasierter Medizin und ZahnMedizin nehmen ständig zu (zum Beispiel „EbD-Splitter“ in der DZZ). Noch mehr Informationen werden über das Internet verbreitet. Daher wurde beim Internet- Auftritt der zzq, der sich noch im Aufbau befindet, auf eine zwar überschaubare aber einschlägige Linksammlung Wert gelegt. Bisher wurden vier Themenschwerpunkte zur Qualitätssicherung von der zzq aufgegriffen:
1. Zusammen mit den Zahnärztekammern (federführend Hauptgeschäftsführer Andreas Scholz, Zahnärztekammer Bremen) wurde ein Konzept für ein Qualitätsmanagement- System abgestimmt, das speziell auf die Belange und Strukturen der Zahnarztpraxis zugeschnitten ist. Die vorhandenen Qualitätsmanagement-Systeme, zum Beispiel ISO 9000 Zertifizierung (International Office of Standardization), KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus), EFQM (European Foundation for Quality Management) und mehr, berücksichtigen zu wenig die besonderen Belange einer Zahnarztpraxis oder sind sehr zeitaufwändig, verlangen hohen administrativen Aufwand und sind kostenintensiv. Daher wurde ein eigenes Konzept, das Zahnärztliche PraxisManagementSystem (Z-PMS), entwickelt. Es handelt sich um ein dreistufiges System bestehend aus:
a. Checklisten und Erläuterungen zur Umsetzung der rechtlichen Rahmenbedingungen unter Berücksichtigung bestehender Praxishandbücher
b. Hilfen zum Einstieg in die Dokumentation der Arbeitsabläufe einer Praxis, auch durch Checklisten
c. Bausteine für ein individuelles umfassendes systematisches Praxismanagement.
2. Ein weiteres Projekt betrifft die Entwicklung Qualität unterstützender medizinischer Dokumentationssysteme auf der Grundlage der Basisdiagnostik in der Neubeschreibung einer präventionsorientierten Zahnheilkunde. Die medizinische Dokumentation ist ein Kernstück der Qualitätssicherung.
3. Weiterhin koordiniert die zzq die Erstellung von Leitlinien in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und sorgt für deren Veröffentlichung/Verbreitung und Fortschreibung. Hierbei werden auch externe Leitlinien in ihrer Bedeutung für die Entwicklung und Fortschreibung eigener Konzepte evaluiert und kritisch überprüft. Zunächst wurde eine methodische Empfehlung für Leitlinien in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, eine „Leitlinie für Leitlinien“, erarbeitet, die allen Leitlinien, die in der ZahnMedizin entwickelt werden, zu Grunde gelegt werden soll. Dies dient dazu, die Qualität der Leitlinienentwicklung zu sichern. Ferner wurde ein Ablaufschema für die Koordination bei der Erstellung von Leitlinien vereinbart. Die enge Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde wird hierbei deutlich. Eine wichtige Rolle im Prozess der Leitlinienentwicklung spielen auch die Qualitätszirkel (vergleiche auch IDZ-Materialie Band 18, 1997). Ihnen fällt die Aufgabe zu, von den Fachgesellschaften erarbeitete und im Konsens verabschiedete erste Leitlinienentwürfe auf ihre Anwendung und Relevanz in der Zahnarztpraxis zu evaluieren.
Vier Leitlinien in Arbeit
Vier Pilotleitlinien wurden in Auftrag gegeben und zwar zu folgenden Themen:
• Kariesprophylaxe mit Fluoriden
• Prävention und Intervention an Fissuren und Grübchen
• Versorgung des zahnlosen Kiefers
• Prophylaktische Entfernung von Weisheitszähnen
Eine erste Konsensuskonferenz zur exemplarischen Leitlinienentwicklung am Beispiel der „Therapie der retinierten Weisheitszähne“ wurde durchgeführt. Die bisher gemachte Erfahrung mit der Entwicklung von Leitlinien zeigt insgesamt, dass es sich dabei um einen sehr arbeitsund zeitintensiven Prozess handelt. Im Zusammenhang mit der Leitlinienentwicklung werden die Veröffentlichungen zur evidenzbasierten Medizin und Zahnmedizin beobachtet und ausgewertet. Anknüpfend an das Symposium zur „Evidence Based Dentistry“, veranstaltet Ende 1999 vom Institut der Deutschen Zahnärzte zusammen mit der Akademie für Fortbildung, Karlsruhe (vergleiche IDZ-Materialie Band 23, 2000) wird von der zzq im November ein Workshop zum gleichen Thema veranstaltet werden.
4. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt der zzq ist die Bestandsaufnahme, Dokumentation und Koordination im Bereich der zahnärztlichen Fortbildung als wichtige Maßnahme einer voraussetzungsorientierten Qualitätssicherung. Ein Glossar zu den Begriffen in den Bereichen der Aus-, Fort- und Weiterbildung wurde erarbeitet und wird in Kürze veröffentlicht. Dies erscheint notwendig, um Klarheit zu schaffen, da die manchmal kontroversen Diskussionen um die Entwicklung in der Fortbildung häufig auf unterschiedliche Definitionen zurückgehen. Die Umsetzung der Rahmenempfehlung der Bundeszahnärztekammer zur Strukturierten Fortbildung wird vom Beirat der zzq, der als Clearingstelle fungiert, begleitet und ausgewertet.
Über die Ergebnisse der Projekte der zzq wird in zm laufend berichtet werden.
Barbara Bergmann-KraussLeiterin zzq im IDZUniversitätsstraße 7350931 Köln