Einsatz bis zur Selbstaufgabe

Dieser Einsatz war anders

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Ein Zahnarzt schildert seine Eindrücke. Eindrücke, die eigentlich gar nicht zu beschreiben sind. Hier ein kleiner Versuch:

Wir fliegen nach Phuket mit einer Zwischenlandung in Bangkok. Schon beim Umsteigen überfallen uns die Temperaturen von über 30 Grad. Der Tumult ist groß, steht doch ganz Asien noch unter dem Schock des Ereignisses. Die Drehscheiben der Luft wie Bangkok sind überfüllt von heimfliegenden Touristen und einreisenden Hilfstruppen.

Noch an unserem Ankunftstag erfolgen die ersten Einweisungen. Wir werden über die aktuelle Situation vor Ort aufgeklärt und treffen Kollegen, die in den letzten Wochen schon hier ihre Arbeit geleistet haben. Diese Organisationsform ist geschickt gewählt, denn sie fliegen erst am folgenden Tag zurück und können uns so entsprechend einweisen. Am nächsten Tag geht es los. Wir fahren am frühen Morgen eineinhalb Stunden mit dem Bus zum Einsatzort im Wat Yan Yao Tempel. Das wird nun unser alltäglicher Weg sein.

Dieser Einsatz war anders. Zum einen war die Zahl der Opfer des Tsunami in Thailand riesig, zum zweiten war ein international koordiniertes Vorgehen vor Ort notwendig, das bislang in der benötigten Abstimmung und Vielzahl der beteiligten Nationen noch nie stattgefunden hatte oder auch nur geprobt worden war.Heidemann

Die lange Fahrt führt durch das Zerstörungsgebiet im Bereich von Khao Lak. Entsprechend intensiv sind meine ersten Eindrücke von der Verwüstung der Welle. Während wir noch fassungslos durch die Fenster des Busses schauen, machen uns die Kollegen deutlich, dass dieses in den ersten Tagen noch viel verheerender aussah. Später können wir das anhand der Bilder, die sie aufgenommen haben, auch nachvollziehen.

Arbeit im Tempelgebäude

Der Tempel, unser neuer Arbeitsplatz, ist eine ausgedehnte Anlage, die von den vielen DVI-Teams vollständig mit Beschlag belegt ist. Fast alle Gebäude sind für diese Zwecke umgewidmet. Die Mönche haben fast alle Gebäude für uns geräumt und leben nun zusammengedrängt in einem kleinen Haus. Sie versuchen diese schwere Zeit irgendwie zu überstehen. Ihre Gebete und ihr Glaube werden ihnen dabei helfen.

Am Eingang des Tempels hat man eine Eingangskontrolle errichtet. Auch das war wohl in den ersten Tagen anders. Neben dem großen Eingangsportal haben Einheimische jetzt viele Graffitiund Stellwände errichtet (Abbildung rechts unten). Dort kleben Fotos von ihren Kindern, Eltern, Ehemännern und Ehefrauen, die seit dem Unglück nicht mehr da sind. Auch erste Aufnahmen von Opfern hängen dort. Vielleicht kann hier ein Nachbar oder Verwandter, so weit es sie noch gibt, weiterhelfen. Das Leid der Angehörigen ist unbeschreiblich und vor allem untröstbar.

Die Arbeit ist anstrengend, bedingt durch die Temperatur und den Geruch, den man nicht wirklich verdrängen kann.

In einem Teil des Tempelgeländes werden die Teammitglieder vorbildlich mit Getränken und Essen versorgt. Große Kühltheken, Garküchen und Stapel von verpackten Snacks, Instantsuppen und Ähnliches sorgen dafür, dass wir bei Kräften bleiben. Aber trotz allem ist es für uns Europäer nicht einfach, die hohen Temperaturen ohne Eingewöhungszeit „einfach so wegzustecken“. Der Schweiß rinnt „aus allen Löchern“. Große Nachschublager mit allem, was zu unserer Arbeit benötigt wird, sind eingerichtet. Sie werden über die Verbindungen der einzelnen Nationen oder einfach als Spenden angeliefert. Instrumente, Computer, Verbrauchsmaterialien, wie Handschuhe, Mundschutz, Desinfektionsmittel, Kleidung und Gummistiefel – alles ist zu bekommen.

In den ersten beiden Tagen arbeiten wir in einem aufblasbaren Zelt, das der THW (Technisches Hilfswerk) in Windeseile hier errichtet hat. Diese Arbeitsstelle haben auch Außenminister Fischer und BKA Präsident Ziercke bei ihrem Besuch am 9.1.2005 gesehen, ein zweites Zelt beherbergt alle Gerätschaften, die das deutsche DVI-Team für die Arbeit benötigt.

Noch Unterstützung nötig

Zahnärzte und Ärzte, die mit Identifizierungsarbeiten bei der IDKO vertraut sind, sind rar, so dass bei einer Katastrophe des aktuellen Ausmaßes, Kolleginnen und Kollegen teilweise wiederholt vor Ort tätig werden müssen. Auch wenn eine solche Tätigkeit nicht gerade attraktiv erscheint, wäre es wünschenswert, wenn der Pool forensischer Odontologen vergrößert werden könnte. Berichte über die Katastrophe und die publizistische Darstellung der Rolle der IDKO haben bereits zu spontanen Meldungen geführt.

Univ.-Prof. Dr. Detlef HeidemannTheodor-Stern-Kai 7 – 60590 Frankfurt/MainMitglied der Identifizierungskommission des Bundeskriminalamtes

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