Klimakatastrophe im Büro
In der IT-Branche platzte die Bombe schon letzten Sommer. Das Haus Gartner, in den USA eine Topadresse für Marktforschung in der Industrie-Technologie, prognostizierte, dass die meisten Rechenzentren in den nächsten drei Jahren hinsichtlich Platz- und Energiebedarf an ihre Grenzen stoßen. Begründet wurde die Hiobsbotschaft mit dem technischen Fortschritt.
Der verläuft in fast keiner Branche so rasant wie im IT-Bereich. Neue Techniken, virtuelle Welten und aufwendige Architekturen verschlingen enorme Speicherkapazitäten. Die Folge: Die Leistungsdichte in den Schaltzentralen steigt dramatisch. Mehr als vervierfacht soll sie sich in den letzten zehn Jahren haben, berichtet die „Computerwoche“ in einer ihrer aktuellen Ausgaben und verweist auf neue Studien.
Stromfresser Server
Diese Power kostet nicht nur Geld, sie frisst auch Unmengen Strom. Mit der Rechenleistung, die die Maschine ausspuckt, erzeugt sie nämlich zugleich Abwärme. Damit die Computer nicht überhitzen, drosseln riesige Kühlaggregate die Hitze, was ebenfalls wieder Energie kostet. Die Dinos unter den Rechenzentren schlucken 70 Prozent des Stroms allein für die Kühlung ihrer Systeme. Viele IT-Firmen kalkulieren inzwischen 4 bis 8, einige sogar 10 Prozent für Energiekosten. Vor dieser Kulisse entfesselte Gartners Analyse über die IT-Welt hinaus eine Debatte über den Energiebedarf von Computeranlagen. Mehr noch: Das Thema weitete sich zu einer Umweltkampagne aus.
Studien ergaben: Der Energiebedarf von Servern steigt deshalb ins Unermessliche, weil immer mehr Nutzer abseits der normalen Rechnernutzung à la Word und Excel auch Webdienste wie Video on Demand, Internettelefonie und Musikdownloads extrem stark nachfragen. Deshalb, schreibt die Computerwoche mit Verweis auf eine aktuelle Forschungsarbeit der Stanford University, habe sich der Stromverbrauch für Server zwischen 2000 und 2005 verdoppelt – in den USA wie auch weltweit. Bei 0,6 Prozent des gesamten Strombedarfs liegt der Energiebedarf der US-Server mittlerweile. Nimmt man die komplette Infrastruktur inklusive Kühlgeräte, entspricht dies dem Stromverbrauch aller amerikanischen Farbfernseher. Für US-Umweltaktivisten gehört die IT darum längst zu den Klimakillern.
Umweltschutz verkauft sich
Einige große Player haben das Problem bereits erkannt und reagiert. Anstatt wie bisher nur auf die Leistungsfähigkeit der Technik zu setzen, achten sie zunehmend auch auf den Energieverbrauch. Natürlich arbeiten bei Hewlett-Packard, IBM, Sun Microsystems und wie sie alle heißen keine Engel auf Erden. Die Hersteller reagieren in erster Linie deshalb, weil sie sich von dem Umweltbonus Marketingvorteile versprechen. Zum Beispiel Dell. Dell will nicht nur einige Produkte umweltgerechter machen, sondern insgesamt mehr Sparsamkeit und sinkende Schadstoffwerte hinterlegen. Dazu gehört auch ein Energierechner, der für bestimmte Produkte deren Verbrauch angibt.
Ebenso wegweisend sind Initiativen wie Green Grid, auf den Weg gebracht vom Prozessorhersteller AMD. Die Non-Profit-Organisation, in der Giganten wie Microsoft und Intel im Verwaltungsrat sitzen, tritt an, um die Nutzung von Energien effizienter zu machen und erhofft sich durch Analyse, Forschung und Entwicklung ähnlich durchschlagende Entwicklungen wie beim Auto die Erfindung des Hybridantriebs.
Doch geht es nicht allein um den Energieverbrauch an sich. Auch die Entsorgung der Altlasten ist von Belang. Laut Gartner werden Verbraucher und Unternehmen in den kommenden Jahren mehr als 800 PCs auswechseln und davon allein 512 Millionen entsorgen müssen. Deutlich mehr als zwei Drittel der Schrott-Computer werden allerdings nicht umweltschonend und ordnungsgemäß recycelt, sondern landen auf irgendwelchen Mülldeponien.
Anders als bei den Betreibern von Rechenzentren spielen Umweltaspekte für Privatkunden bei der Anschaffung von PCs bisher eine untergeordnete Rolle. Vielleicht ist dies ein Grund dafür, warum sich PC-Hersteller noch etwas schwer tun mit dem Umweltschutz.
Wer jetzt wartet, den treibt auf lange Sicht der Gesetzgeber vor sich her, warnt Gartner. Der nimmt dann nämlich Einfluss auf den IT-Markt , indem er die Umweltgebote einfach per Gesetz erlässt.